Kommentar zu Tesla Lkw und Roadster: Den Investoren davon eilen
Elon Musk hält die Geschwindigkeit hoch. Das muss er, er kann nicht anders, so ist seine Persönlichkeit. Aber es ist auch wirtschaftliche Notwendigkeit. Ein Kommentar.
Elon Musk also wieder. Neben der Perma-Bühne Twitter bekam er diesmal wieder eine echte. Er präsentierte einen Sattelschlepper und einen Roadster. Das hat seine Gründe. Tesla muss wachsen, wenn die Marke überleben will. Dafür muss Musk entweder Autos bauen und verkaufen, oder immer wieder neue Projekte ankündigen, Anzahlungen und Investoren-Gelder einsammeln und zum nächsten Prestigeprojekt springen. Vielleicht gelingt ja irgendwann sogar beides parallel.
Die Jagd nach dem Geld
Das alles lässt sich kritisieren. Tesla hinkt den eigenen Ansprüchen und Plänen weit hinterher und baut auch diesmal wieder kaum mehr als Luftschlösser. Es wird neben dieser völlig berechtigten Kritik aber schnell vergessen, was die Marke bisher geleistet hat. Sie treiben, auch und gerade wegen der Realitätsferne, die Entwicklung der alternativen Mobilität voran. Das zeigt auch die jüngste Präsentation.
Mit dem Roadster geht die Marke zurück zu ihren Wurzeln – vor einer gefühlten Ewigkeit in einer anderen Welt waren die einmal bei Lotus. Ohne Superlativ geht es nicht. Der neue Tesla Roadster wird angeblich die besten Beschleunigungswerte aller Serienautos haben. Soll heißen: 1,9 Sekunden bis Tempo 100 (Video weiter unten) und eine Höchstgeschwindigkeit von 402 Stundenkilometer.
Der eigentliche Grund für die Präsentation war aber der Sattelschlepper. Auch der soll elektrisch angetrieben werden und pro gefahrenem Kilometer rund 20 Prozent günstiger sein als ein Diesel-Lkw. Was vor allem daran liegt, dass er weitestgehend pannenfrei 1,6 Millionen Kilometer überstehen soll. Sagt Musk. Irgendwas muss er ja sagen.
Die Batterie, die keiner kennt
Denn Fakten gibt es nur wenige. Vier Motoren treiben den Lkw an, die Reichweite soll 800 Kilometer betragen, ein spezielles Ladesystem schießt innerhalb von 30 Minuten genug Strom für 640 Kilometer in die Batterie. Dieses Ladesystem soll idealerweise dort stehen, wo der Lkw be- und entladen wird.
Für den praxisorientierten Kunden hat keines dieser Fahrzeuge auch nur den geringsten Wert. Denn zu den Akkus gibt es keine Angaben. Auch für Tesla gilt, dass Sattelschlepper nur 40 Tonnen Maximalgewicht haben dürfen. Die Akkus dürften ein entsprechendes Handycap sein. Beim Wagen ist nicht mal klar, ob es klassischer Roadster oder ein Targa oder sonst was wird.
Der Nutzwert für Tesla liegt darin, dass beide Produkte ab sofort bestellt werden können. Gegen eine Anzahlung. 5.000 Dollar für den Sattelschlepper, der dann 2019 kommt und 50.000 Dollar für den Roadster, der 2020 auf die Straße rollen soll. Musk muss das machen um an Geld zu kommen. Schon die Vorbestellungen für das Model 3 waren ein überraschend warmer Geldregen.
Beschleunigung des neuen Tesla Roadster
Pläne sind nichts Schlechtes
Wer auch immer genug Geld übrig hat um für ein Produkt, dessen technische Spezifikation und Endpreis nicht absehbar ist, tausende von Dollar hinzulegen, dem werden alle Bedenken egal sein. Zumal Musk liefern wird. Soweit lehnen wir uns an dieser Stelle aus dem Fenster. Vielleicht spät, vielleicht teurer, vielleicht weniger Stückzahlen… aber Musk wird liefern.
Weil er ein Träumer und Visionär ist. Und hier kommt der vielleicht größte Nutzen der Marke ins Spiel. Früher träumte man von fliegenden und atombetriebenen Autos, heute hagelt es auf Social Media schon Kritik, wenn mal die Produktion eines State-of-the-Art Elektroautos etwas hakt. Das mag kindisch klingen, aber Musk traut sich öffentlich von einer besseren Zukunft zu träumen und überhört all die moralinsauren Bedenkenträger. Das allein ist schon eine Leistung.
Musk verschwendet keine Zeit mit dem Status Quo. Er weiß wahrscheinlich nicht einmal, wie die Speditionswelt funktioniert. Er hat nur eine Idee, wie sie funktionieren sollte. Und legt vor. Schnell und ungestüm. Irgendwelche Firmen werden sich die Trucks schon kaufen. Als Prestigeprojekt vielleicht.
Wandel der Speditionen
Und die Branche muss sich – auch wegen Tesla – Gedanken machen. Die Margen im Speditionswesen sind im Keller. Lkw-Fahrer werden ausgebeutet, der technische Stand vieler Lkw ist museumsreif. Das würde der Fahrer bestätigen, wäre er nicht völlig übermüdet. Musk wird das alles freuen. Je schlimmer die Situation, desto blühender die Landschaften die er zeichnet. Und: an der IST-Situation ist Musk völlig schuldlos. Das waren die anderen. Die Diesel-Lkw.
In der Branche gibt es ein Umdenken. Finanzleistungen und Flottenmanagement sind Wachstumsbranchen für die Autohersteller. Sündhaft teure Pläne für Oberleitungen existieren, damit Lkw elektrisch fahren können. Die Politik dürfte sich – kleine Prognose unsererseits – alsbald Lkw und Frachtschiffe vornehmen und den Transport massiv zu verteuern.
Musk dürfte das wissen. Es dürfte ihm aber auch egal sein. Er redet während der Präsentation von den Beschleunigungswerten seines Sattelschleppers und von der robusten Windschutzscheibe. „Sie übersteht eine Atomexplosion – oder Sie bekommen Ihr Geld zurück“. Weiß da jemand mehr? Schnell den Twitter-Account von Trump checken.