Der Streit um das „schwarze Taferl“

Der Streit um das „schwarze Taferl“

Bevor das weiße Kennzeichen in Österreich eingeführt wurde, kam es zu einem langwierigen Streit zwischen dem Verkehrsminister und dem Künstler Hundertwasser.

Christian Gaisböck
Zuletzt aktualisiert am 07.12.2023

Österreich, 1. Jänner 1990: Der Umstieg von den alten, schwarzen Nummerntafeln auf die weißen Tafeln war fixiert. Dem ging aber eine lange und emotionale Diskussion voran, an der sich Politiker, Künstler, Sicherheitsexperten und Zeitungen über ein Jahr lang beteiligten. Schließlich war das „schwarze Taferl“ einst die „Visitenkarte der Nation“, die es laut Künstler Friedrich Hundertwasser zu erhalten galt.

Schwarzes vs. weißes Taferl oder Friedrich Hundertwasser vs. Verkehrsminister

Die Frage, ob die schwarzen Nummerntafeln mit weißer Schrift von weißen mit schwarzer Schrift ersetzt werden sollten, beschäftige nicht nur die österreichische Bevölkerung und die gesamte Medienlandschaft. Als Hauptkontrahenten taten sich der damalige Verkehrsminister Rudolf Streicher (SPÖ) und Friedrich Hundertwasser hervor. Der Künstler wurde damals von großen Teilen der Bevölkerung, ebenso wie von der „Kronen Zeitung“ und Politikern verschiedener Fraktionen unterstützt.

Auch Teile der ÖVP stellten sich im Laufe der monatelangen Diskussionen hinter Hundertwasser, was zur Folge hatte, dass sogar die Landeshauptleute-Konferenz in Salzburg eine Empfehlung abgab, die Gestaltung der neuen, weißen Nummerntafeln erneut zu überdenken. Es folgte ein Initiativantrag der ÖVP im Parlament bezüglich der neuerlichen Prüfung der geplanten neuen Nummernschilder. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem die neuen Taferln im Nationalrat, zusammen mit der SPÖ, eigentlich schon beschlossen waren.

Die Argumente gegen die neuen, weißen Kennzeichen

Autokennzeichen seien „Kulturträger“, die der Nation ein Stück weit „Identität“ gäben, so eines der Argumente von Hundertwasser im Zuge der Auseinandersetzung. Die von der Regierung und Verkehrsminister Streicher geplanten weißen Kennzeichen seien eine „Kulturschande für Österreich“, und: Die „Visitenkarte der Nation“ werde mit dem Austausch der Kennzeichen zerstört, sie ständen im „Widerspruch zur österreichischen Seele“. Um seine Argumente zu untermauern, entwarf Hundertwasser auch einen Gegenentwurf zu den geplanten weißen Nummerntafeln.

Der Streit um das „schwarze Taferl“
Der Entwurf von Hundertwasser sah in etwa so aus.

Die Argumente für die neuen, weißen Kennzeichen

Die SPÖ, allen voran Verkehrsminister Rudolf Streicher, argumentierte u.a. mit dem Thema Sicherheit für die neuen, weißen Kennzeichentafeln. Erhöhte Rückstrahlkraft und bessere Lesbarkeit mit neuen Maßen sollten insgesamt für mehr Sicherheit auf den Straßen sorgen, zudem war das alte Nummernsystem in der damaligen Form mehr oder weniger ausgeschöpft.

November 1989: Die Entscheidung

Um den „Taferl-Streit“ zu beenden, folgte schließlich ein Expertenhearing im Parlament, ein darauf erstelltes Gutachten gab schließlich den Ausschlag zugunsten der neuen, weißen Nummerntafeln: Bei den von Hundertwasser eingebrachten Taferl-Vorschlägen gehe mindestens die Hälfte des Reflexionswertes verloren, so das Fazit des Gutachtens.

Darauf folgte im November 1989 die endgültige Entscheidung, die neuen, weißen Nummernschilder ab 1.Jänner 1990 einzuführen, die Ausgabe erfolgte offiziell ab 2. Jänner 1990.

Da bei einzelnen Bezirkshauptmannschaften die alten, schwarzen Taferln aber bereits vorher ausgingen, wurde mit der Ausgabe teilweise schon mit Mitte November 1989 gestartet.

Eine Verpflichtung zum Austausch der alten Nummerntaferln gab/gibt es allerdings nicht. Jedoch wurden und werden bei jeder Neuanmeldung eines Fahrzeuges automatisch die neuen Kennzeichen ausgegeben.

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