Cadillac 62 Convertible: Der Wind ist ein langer, ruhiger Fluss

Dafür bedient er sich eines Cadillac Series 62 Cabrio von 1949 mit 5,4 Metern Länge und einem stilbildenden 5,4-l-V8 unter der Haube. Und am hinteren Horizont beginnt zu sprießen, was später die höchsten Heckflossen der Automobilgeschichte sein werden.

Autorevue Magazin
Veröffentlicht am 23.05.2017

Ein Artikel aus der Autorevue 5/2017.

Wenn die Vorderachse das Überfahren eines Kanaldeckels per sanftem Rumpler vermeldet, dann hat man als Passagier noch ein wenig Zeit, sich auf die folgenden Ereignisse einzustellen. Denn der Weg von den Vorderrädern bis zur Hinterachse ist ungefähr drei Kabinenroller lang, man kann sich also noch zurechtlümmeln und ein bisserl quer verspreizen, aber eigentlich ist derlei gar nicht nötig. Denn die Innenraum-Sofas des Cadillac Series 62 Cabriolet, Baujahr 1949, sind von flauschigem Komfort, man kann sich das ruhig als zweites Federungssystem vorstellen, und genauso wirkt es dann auch: Unebenheiten perlen irgendwo ab an diesem Auto, bevor sie die Hintern der Passagiere erreichen, es stellt sich das Fahrgefühl einer betulichen Yacht ein, die man zart um Richtungsänderung ersucht oder um Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit. Alles geschieht mit dem ruhigen Pulsschlag eines sich unterfordert räkelnden 5,4-l-V8, der für seine 160 PS die Leerlaufdrehzahl nicht nennenswert verlassen muss und auch keinen Krawall schlagen mag wegen der 423 Newtonmeter, die er stemmt. Beziehungsweise in die Automatik schickt, die einen erklecklichen Teil in ihren Eingeweiden versprudelt, aber einen so dicken Rest an die Hinterräder schickt, dass jeder Fahreindruck vom Überfluss erzählt. Einem Überfluss, wie er im Europa der späten 40er-Jahre unbekannt war: Hier saß man am Motorrad im Freien, weil man musste; in den USA im Cabrio, weil man wollte. Dort durften die Formen schon zart ausufern, und das Fahr- und Lebensgefühl auch.

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