Andreas Riedmann
Daphne Frankl Templ

Dr. Daphne Frankl-Templ: „In Wohnanlagen eher schwierig“

Was bremst, was beschleunigt: Buchautorin Daphne Frankl-Templ über die rechtlichen und gesellschaftlichen Aspekte der Elektromobilität im Gespräch mit Rudolf Skarics.

Zuletzt aktualisiert am 17.08.2023

Ein Artikel aus der Autorevue Extra 2018Aktuelle Abo-Angeboten findet ihr hier

Dr. Daphne Frankl-Templ war von 2012 bis 2017 Koordinatorin für Elektromobilität im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie. Sie leitet seit 2017 die Lehr- veranstaltung „Rechtsgrundlagen der Elektromobilität“ am FH Campus Wien und ist Expertin für Elektromobilität in der Rechtsanwaltskanzlei Templ in Wien. Soeben erschien ihr Fachbuch Elektromobilität und Recht im Manz-Verlag, 208 Seiten, € 42,-.

Hinter dem Nicht-EU-Land Norwegen gehören etwa Niederlande und Frankreich zu den Vorreitern.

In die Elektromobilität sind ja unterschiedlichste Interessensgruppen involviert. Wer bringt die Sache voran, wer bremst?
Grundsätzlich sind Städte und Gemeinden Verfechter der Elektromobilität. Sie haben in der Regel Interesse daran, dass die Luft besser wird, dass sich die Parkplatzsituation entschärft, dass der Verkehr leise abläuft. Und natürlich die Energieversorger: Für sie bedeutet das ein zusätzliches Geschäft, mit Ladeinfrastruktur und Stromverkauf. Eher gebremst haben die Fahrzeughersteller, die noch nicht ganz die Reife der Technologie gesehen haben. Bei Preis und Reichweite spießte es sich natürlich auch für die potenzielle Kundschaft.

Spießt es sich da nicht noch immer?
Das ist sicher ein Grund, warum die Zulassungszahlen einfach noch nicht so weit sind.

In den letzten fünf Jahren wurde an den Rahmenbedingungen für Elektroautos einiges verbessert, was konkret?
Es wurde europaweit eine Richtlinie erlassen zum Aufbau von Ladeinfrastruktur für alternative Kraftstoffe und damit ist einhergegangen, dass den Mitgliedsstaaten aufgetragen wurde, das Thema Elektromobilität zu fördern, rechtliche Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. So sind die ersten Elektromobilitätsgesetze vorgestellt worden, mit eigener Kennzeichnung von Fahrzeugen, mit eigenen Verkehrszeichen, etwa, um Parkplätze zu reservieren. Früher gab es bereits das Thema internationale Normung für die Fahrzeuge und die Ladeinfrastruktur.

Wo soll jemand zuerst hingehen, der ein Elektroauto kaufen will, zum Autohändler oder zu Stromversorger?
Mein erster Gang wäre der zu mir selbst, eine Analyse meines Fahrverhaltens, meines Mobilitätsverhaltens. Was sind 90 Prozent meiner Fahrten, welche Reichweitenhaben 90 Prozent meiner Fahrten, wie viel Platz brauche ich für Personen und Gepäck? 90 Prozent aller Ladevorgänge werden daheim erledigt. Wenn ich in einem Einfamilienhaus lebe, ist das sehr einfach, in Wohnhausanlagen meistens eher schwierig, aber in einigen Bundesländern sind bei Neubauten Leerverrohrungen bereits vorgeschrieben.

Das Elektroauto hat ja in Europa einen recht unterschiedlichen Stellenwert, wo sind die Vorreiter?
Wenn man einmal vom Nicht-EU- Land Norwegen als Spitzenreiter absieht, sicherlich die Niederlande und Frankreich. Der Free-Floating-Betreiber Car2Go fährt in Amsterdam elektrisch, ganz einfach, weil die Ladeinfrastruktur gut genug ausgebaut ist, in Paris ist Autolib sehr erfolgreich, ein Carsharing-Unternehmen mit weit über 1.000 Elektrofahrzeugen, zum Schluss stehen die östlichen Nachbarn, in Ungarn gibt es immerhin Initiativen und in Tschechien ist vor allem die Automobil-Zulieferindustrie daran interessiert. In Deutschland gibt es seit 2015 ein Elektromobilitätsgesetz, das wird dort aber von den Gemeinden eher zögerlich umgesetzt.

Daphne Frankl Templ
© Bild: Andreas Riedmann

Muss man annehmen, dass das Thema Elektromobilität in China am weitesten fortgeschritten ist?
Das stimmt, das ist natürlich ein von oben reguliertes System, wo 2015 mit dem Maßnahmenplan „Made in China 2025“ ganz konkrete Maßnahmen festgelegt wurden. Es gibt eine Technologie-Roadmap und dazu fährt man eine sehr protektionistische Industriepolitik. Ausländische Elektrofahrzeughersteller können nur in einem Joint Venture mit chinesischen Herstellern dort auch Autos verkaufen, ohne horrende Importzölle zahlen müssen. Ein weiterer Punkt sind Genehmigungserleichterungen für Elektroautos in Ballungsräumen, um auch die Luftprobleme in den Griff zu kriegen.

Zurück nach Österreich: Es wer- den einerseits gar nicht so geringe Ankaufsförderungen und Vergünstigungen für Elektroautos gewährt, gleichzeitig existieren aber immer noch erhebliche Hürden für den Betrieb eines E-Autos …
Ich kann Ihnen drei Punkte nennen, wo etwas getan werden muss. Nummer eins, Erleichterungen bei der Errichtung von Ladeinfrastruktur, etwa, dass man nicht unbedingt das Einverständnis aller Miteigentümer in einem Wohnhaus benötigt, um eine Ladestation zu errichten. Nummer zwei, Stärkere Förderung von Elektrofahr- zeugen im Güterverkehr und Nummer drei, Anpassung der Straßenverkehrsordnung an moderne Mobilitätskonzepte, Carsharing oder etwa Umweltzonen, in die nur Elektrofahrzeuge einfahren dürfen.

Ist das nicht schon möglich, immerhin haben Elektroautos Kennzeichen mit grüner Schrift, um sie als solche zu identifizieren?
Sie können nach § 14 IG-L eine Umweltzone nur errichten, wenn die Luft- schadstoffgrenzwerte überschritten werden, um damit Elektroautos zu privilegieren. Sie wollen aber vielleicht als Stadt eine dauerhafte Umweltzone nach der Straßenverkehrsordnung einrichten, nicht nur wenn Grenzwerte überschritten werden.

Elektromobilität und autonomes Autofahren werden gerne in einem Atemzug genannt. Das autonome Autofahren erfordert aber besonders viele Gesetzesänderungen, sind da nicht noch viele Fragen offen?
Ich glaube, das wird trotzdem sehr schnell kommen. Weil starke ökonomische Interessen dahinter stehen. Es werden enorme Unfallfolgekosten gespart, es gibt Vorteile bei der Energieeffizienz des Verkehrs, und wir werden einen flüssigeren Verkehr haben. Es wird auch sicher zu einer Steigerung des Individualverkehrs kommen, weil es so komfortabel ist. Dafür müssen natürlich noch rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. In Zukunft wird auch viel stärker die Produkthaftung bei den Fahrzeugen zum Tragen kommen.