Kaufberatung Mercedes-Benz SL R230: Helm ab und gleiten
Der Mercedes SL gilt seit jeher als Inbegriff eines Luxus-Roadsters. Ab 2001 gab es den Edel-Schwaben erstmals mit Variodach und reichhaltiger Ausstattung – nicht nur im Sommer ein Traum. Jetzt ist die Modellbaureihe R230 auch für Gebrauchtwagenkäufer bezahlbar.
Mercedes-Benz SL. Diese Bezeichnung steht gleichermaßen für super leicht und für große automobile Tradition und die formschönen Exemplare der 50er und 60er Jahre. In Blech gepresste Eleganz, wie der Flügeltürer Mercedes-Benz 300 SL mit dem internen Code W198 von dem es auch einen spektakulären Roadster gab. Weiter ging es mit dem 190 SL oder die feminine Pagode die Fahne der Luxus-Cabrios hoch. Als 2002 die Mercedes-Benz-Baureihe mit dem internen Code R230 mit einem Alu-Klappdach auf den Markt kam, war der Aufschrei der orthodoxen Stoffdach-Traditionalisten groß. Manche spöttelten über den „designtechnischen Fehlgriff“ und andere malten mit der Abkehr vom Stoffdach-SL-Erbgut fast schon das Ende des Roadster-Abendlandes an die Wand.
Ein Traumwagen für unter 20.000 Euro
Inzwischen hat sich die Entrüstungswelle gelegt. Geblieben ist ein ebenso ganzjahrestauglicher wie eleganter Roadster. Sucht man nach einem SL der Baujahre 2002 bis 2004 wird man schon für unter 20.000 Euro fündig und bekommt viel Auto fürs Geld. Alles was darunterliegt, sollte man mit Vorsicht genießen. Schließlich betrug der Neupreis vor zwölf Jahren mehr als 100.000 Euro. Wie es sich für einen Oberklassen-Gleiter gehört, hat Mercedes-Benz das Ausstattungs-Füllhorn bei dieser Baureihe ausgeschüttet. Bequeme Ledersitze sind ebenso Serie, wie Lenkrad-Fernbedienung, Klimaautomatik und Tempomat. Die meisten Modelle sind mit einer Luxusausstattung unterwegs, die unter anderem Annehmlichkeiten wie klimatisierte Sitze, Massagefunktion oder Bildschirmnavigation bieten. Da der Roadster alles andere als übersichtlich ist, empfiehlt sich die Einparkhilfe vorne und hinten.
Motoren und ABC
Der Mercedes SL ist seit seiner Geburt ein Technologieträger des Autobauers. Also packten die Ingenieure einiges an Technik in den R230. Das ABC-Fahrwerk (Active Body Control) ist ein Stahlffedernahrwerk, das sich mit Hilfe von Hydraulikzylindern auf die jeweilige Fahrsituation anpasst. So wird die Wankneigung in Kurven ebenso reduziert wie das Nicken beim Bremsen. Dieses fahrdynamische Extra war beim SL 500 und später beim SL 600 serienmäßig, beim SL 350 optional. Die kleinere Variante hat 245 PS und einen V6-Motor, während der 500er acht Töpfe und 306 PS hat. Mit der Modellpflege des Jahres 2006 gab es mehr Hubraum und einen Leistungsnachschlag auf 272 bzw. 388 PS. Ist man einmal in den Genuss des ABC-Fahrwerks gekommen, will man es nicht mehr missen, verleiht es doch dem 2-Tonnen-Schiff eine ungeahnte Agilität. Trotz des Siegeszugs der Magnetic-Ride-Stoßdämpfer, ist dieses Fahrwerk auch beim aktuellen SL (interner Code) R231 verbaut. Gerade bei den Modellen der ersten Baureihen hört man häufiger von undichten Dämpfern und heißlaufenden Hydraulikpumpen. Doch das hydraulisch verfeinerte Fahrwerk ist besser als sein Ruf. Wer sich für einen SL der ersten Baujahre interessiert, sollte also zweimal hinschauen und Experten zu Rat ziehen.
Technikvorreiter mit Tücken
Mercedes-Benz schreibt nach wie vor keinen regelmäßigen Tausch des Hydraulik-Öls vor, nur eine Überprüfung im Rahmen der Inspektionen. Auch ein Filter, der die Metallabriebpartikel aus der Flüssigkeit entfernt, ist nur als vorbeugende Maßnahme vorgesehen. Doch das Pentonsin-Öl greift die Dichtungen der Hydraulik-Elemente an, wenn es zu stark verunreinigt oder alt ist. Ist das Öl noch grün ist alles gut; hat die Flüssigkeit schwarze Flecken und riecht verbrannt, sollte es so schnell wie möglich gewechselt werden. Auch wenn so ein Öltausch mehrere hundert Euro kostet, ist man bei einem Schaden am ABC-Fahrwerk schnell einige tausend Euro los. Muss das Fahrwerk komplett getauscht werden, steigt die Rechnung schnell in Richtung von 10.000 Euro. Ein weiteres Technikmodul ist ebenfalls nicht ohne Tücken. Die SBC-Bremse (Sensotronic Brake Control) sorgt mit gezielten Bremseingriffen ebenfalls für mehr Spaß beim Kurventanz. Doch auch diese Technik hat ihre Tücken. Ein interner Zähler meldet, wenn eine gewisse Anzahl von Bremseingriffen vollzogen ist. Dann muss das System erneuert werden – alles andere als günstig.
Optimum stellt der SL 500 dar
Die Idealbesetzung für den SL ist der 500er mit acht Zylindern, fünf Litern Hubraum und 306 PS. Mit dem 245-PS-Sechszylinder ist man alles andere als untermotorisiert. Bei einem massiven Drehmoment von 460 Newtonmeter macht das Gleiten nicht nur bei Sonnenwetter Laune. Erst in höheren Drehzahlen meldet sich der zurückhaltende V8-Motor auch lautstärker zu Wort. Seine Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h interessiert die meisten SL-Fans ebenso wenig sein Verbrauch. Denn der Normverbrauch von unter 13 Litern lässt sich nur bei zaghaftem Gasfuß realisieren. Doch wen interessiert das schon bei so einem Traumwagen – für zum Teil unter 20.000 Euro?