Der Untergang der britischen Autoindustrie: Die Volkswirtschaft

Wir beschäftigen uns mit den Gründen für den Untergang der britischen Autoindustrie. Hier soll es um die volkswirtschaftlichen Aspekte gehen.

Veröffentlicht am 27.04.2015

Wir wollen in einer Mini-Serie den Untergang der britischen Automobilwirtschaft beleuchten und erklären. Neben dieser Geschichte führen noch zwei weitere in den Abgrund:

Der Untergang der britischen Autoindustrie

Stell dir vor, du gewinnst einen Weltkrieg, und der besiegte Aggressor ist plötzlich reicher als du. England erlebte genau das. Der zweite Weltkrieg hatte das Land finanziell an den Abgrund geführt und es abhängig von amerikanischen Krediten gemacht.

Die britische Regierung führte deswegen Importbeschränkungen und Schutzzölle ein, um die Außenhandelsbilanz ausgeglichen zu halten. Die USA reagierten verstimmt, schließlich war England ein wichtiger Absatzmarkt, und werteten 1947 das Britische Pfund massiv ab. Ein Schritt, der vergleichbar ist mit der Abwertung des Euro gegenüber dem Franken. Allerdings mit vertauschten Rollen und auf deutlich höherem Niveau.

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Den Briten blieb nichts anderes übrig als innenpolitisch zu reagieren. Sie richteten ihre Finanzpolitik ganz nach John Maynard Keynes aus: In Wachstumsperioden die Steuern und Zinsen erhöhen, damit in einer Rezension Geld zum Investieren da ist. So sollten die Kaufkraft und damit die Importe begrenzt werden. Letztere Ziele wurden erreicht.

Das einzige Problem war, dass alle anderen europäischen Länder dieses Problem nicht hatten. Während die Briten ihren Aufschwung gewaltsam kleinhalten mussten, präsentierten Deutschland und Frankreich doppelt so hohe Wachstumsraten.

Neue Maschinen hätte das Land gebraucht

Kein Wunder. Die Fabriken in Deutschland und Frankreich lagen nach dem zweiten Weltkrieg in Schutt und Asche. Wer produzieren wollte, musste sich neue Anlagen kaufen. Während Kontinentaleuropa also die modernsten Maschinen bekam, um seine Wirtschaft aufzubauen, wurde in England an Fließbändern gewerkelt, die schon vor dem Krieg nicht mehr die neuesten waren.

Der volkswirtschaftliche Rattenschwanz dahinter zog sich durch alle Industrien und Gesellschaftsschichten. Weil die Maschinen alt waren, konnten weniger Produkte in schlechterer Qualität produziert werden. Je weniger produziert wird, desto höher sind die Kosten pro Stück. Dadurch steigt der Verkaufspreis und plötzlich waren die Briten in der Inflationsspirale.

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Statt ihre finanziellen Mittel in die eigene Wirtschaft zu leiten, investierten die Briten, die sich nach dem Krieg ihren desaströsen Finanzen zum Trotz als Weltmacht sahen, absurde Summen ins Militär. Als der Wohlstand in anderen Ländern Europas wuchs, befeuert durch eine boomende Wirtschaft, begann England die wachsenden Probleme (fehlende Mittelschicht, Ungleichverteilung) mit einer staatlichen Umverteilung nach unten zu lösen. Allerdings mit Geld, das nicht vorhanden war.

Das Ende per Ölkrise

Als Brandbeschleuniger entpuppte sich die Ölkrise 1973, in deren Sog die Inflation nicht mehr zu steuern war. Im Winter 1978/1979 stiegen die Preise um 26 Prozent. Dem Ziel, die Währung zu stabilisieren und den Finanzhaushalt unter Kontrolle zu bekommen, opferte Margaret Thatcher nach ihrer Wahl im Mai 1979 unter anderem die britische Autoindustrie.