Racing Rookie-Finale 2021: Fußstapfen am Gaspedal

Racing Rookie-Finale bedeutet große Hoffnung und noch größeren Druck. Besonders, wenn die Finalentscheidung so knapp ist wie heuer und dann noch der eigene Bruder mit seinem Sieg im Vorjahr die Erwartungen hochschraubt. Lukas Dirnbergers kühler Kopf hielt alldem stand.

Zuletzt aktualisiert am 16.08.2022

Schwarze Anzüge, das hat gerade noch gefehlt. Während eine riesige Staubwolke von der Schotterkurve aufsteigt und gefühlt ganz Melk in ein diesiges Zwielicht hüllt, knallt die Sonne bei über 30 °C auf den Wachauring und lässt sich bereitwillig vom Asphalt aufsaugen – und eben von den schwarzen Anzügen. Letztes Jahr waren sie rot, doch heuer gibt es ein neues Design, richtig schneidig sehen die Rookies darin aus – schneidig und verschwitzt. Über den gesamten Tag flüchten sie sich also so gut es geht in den Schatten. Jeder höhere Grashalm wird als Deckung genutzt, schließlich gilt es noch ein ordentliches Programm zu absolvieren.

Racing Rookie-Finale 2021: Fußstapfen am Gaspedal
© Bild: Jürgen Skarwan

Am Vormittag geht es noch nicht um die Wurst, doch beim Nasshandling, im Kart, auf der Schleuderplatte und natürlich auf der Schotterkurve können die Rookies die kontrollierte Gratwanderung entlang des Haftungsabrisses in allen Lebenslagen üben. Im Rallye-Fiesta preschen  sie mit 200 PS über den lockeren Untergrund, während in der Kabine das Walkie Talkie gegen den in den Radkästen scheppernden Schotter anbrüllt und bedeutet, dass noch mehr geht. Das hebt den Adrenalinspiegel genug, um die Strapazen der vergangenen Nacht vergessen zu machen.

Racing Rookie-Finale 2021: Fußstapfen am Gaspedal
© Bild: Jürgen Skarwan

Einer hat seine Nachtschicht bei der Voest nicht anbekommen, er ist zum Zeitpunkt des Bewerbs seit 28 Stunden wach. Sinkt das Adrenalin ab, muss eben Red Bull aushelfen. Ein anderer hat seinen Schlafmangel weniger noblen Motiven zu verdanken: „Jetzt kann man endlich wieder fortgehen, also war ich auf einem Festl. Eigentlich wollte ich früher ins Bett, aber dann kam es doch anders.“

Das Mittagessen stellt die Henkersmahlzeit dar, bevor es am Nachmittag ans Eingemachte geht und Bewerb für Bewerb die Rookies ausgesiebt werden – schließlich geht es um einen Rallye-Fiesta mit Ausrüstung und Trainings im Wert von 40.000 Euro. Im Zeitslalom werden die 24 Teilnehmenden auf deren acht dezimiert. Ohne Vorbereitung werden die Fiestas zwischen den Pylonen über teils griffigen, teils rutschigen Belag manövriert, man muss die richtige Mischung aus Wagemut und Sicherheit erwischen.

Racing Rookie-Finale 2021: Fußstapfen am Gaspedal
© Bild: Jürgen Skarwan

Am Ende werden die hehren Motive belohnt: Der Rookie aus der Nachtschicht ist weiter, während der Feiernde verfrüht seinen Tag beenden und auf der Couch daheim Schlaf nachholen darf, bevor die nächste Party ansteht. Bleiben acht übrig, fallen folgerichtig 16 raus – so wie Ole, der unter den Augen seiner Eltern, seiner Freundin und seines Hundes zum dritten Mal in Folge am Zeitslalom im Finale scheitert. Für ihn war es trotzdem eine tolle Erfahrung, alleine schon wegen dem feschen, schwarzen Anzug! Andere stehen mit baffem Grinser da und können es kaum glauben, dass sie weiter sind.

Racing Rookie-Finale 2021: Fußstapfen am Gaspedal
© Bild: Jürgen Skarwan

Wie ernst es für die letzten Acht wird, zeigt schon die Streckenbesichtigung. Fahrtechnik-Instruktor und erster Racing Rookie der Geschichte Patrick Winter schießt mit einem Ford Transit über den Wachauring, sodass die junge Menschenfracht ihr üppiges Mittagessen verflucht. So einen Höllenritt gilt es zu imitieren, denn nun wird nach und nach selektiert, von acht auf vier auf zwei auf einen.

Simon Seiberl, Benjamin Jande, Lukas Dirnberger und Leo Pichler schaffen es unter die ersten Vier. Die Zeiten der entscheidenden schnellsten Runden sind denkbar knapp beieinander: Zwischen Erstem und Viertem liegen gut zwei Zehntel, den Fünften trennen keine zwei Zehntel vom Weiterkommen.

Der nächste Bewerb wertet nicht die beste aus drei Runden, sondern die gesamte Zeit über drei Runden – und die Spannung reißt nicht ab. Wegen 28 Tausendstelsekunden muss sich Leo Pichler mit Platz drei begnügen, während Simon Seiberl und Lukas Dirnberger sich den Sieg im berüchtigten Head-to-Head ausmachen. In zwei Läufen startet jeder der beiden einmal außen und einmal innen. Jedes Mal setzt sich der Fahrer auf der Innenspur durch und hat über drei Runden den Kontrahenten dicht im Nacken.

Racing Rookie-Finale 2021: Fußstapfen am Gaspedal
© Bild: Jürgen Skarwan

Bei der Auswertung sind beide gezeichnet, keiner kann genau sagen, wer gewonnen hat. Simon tippt auf Lukas, Lukas ist unschlüssig. Endlich eilen die Fahrtechnik-Instruktoren mit der Zeitmessung herbei, letztlich entscheiden 19 Hundertstel über Sieg und Niederlage. Bei beiden fällt die Anspannung ab. Doch nur bei einem weicht sie einem fassunglosen Grinser: Ein Jahr nach seinem älteren Bruder krönt sich Lukas Dirnberger zum Racing Rookie 2021.

Racing Rookie-Finale 2021: Fußstapfen am Gaspedal
© Bild: Jürgen Skarwan

Lukas Dirnberger, Racing Rookie 2021

Racing Rookie-Finale 2021: Fußstapfen am Gaspedal
© Bild: Jürgen Skarwan

Als heuriger Racing Rookie tritt er in die Fußstapfen seines älteren Bruders Raphael, der den Racing Rookie letztes Jahr gewann. Momentan ist Lukas Beifahrer auf den Rallyes seines Bruders, sonst eint die beiden die Erfahrung im Rallycross und der coole Kopf, der vielleicht Lukas‘ größte Stärke ist. Schon bei der Anreise steckte sich Lukas das Ziel, als Sieger aus dem Finale hervorzugehen. Dabei sah es anfangs überhaupt nicht nach einer einfachen Sache aus. Am Vormittag kam er mit den Serienreifen schwer zurecht, im Zeitslalom schaffte er es gerade noch als Sechster unter die besten Acht. Hätte er für seine drei Runden am Wachauring nur gut zwei Zehntel mehr gebraucht, hätte er es nicht unter die besten Zwei geschafft. Doch egal wie knapp es wurde, Lukas blieb ruhig und selbstbewusst: „Ich wusste, ich kann es gewinnen – auch, wenn es zuerst nicht so gut gelaufen ist.“ Im Head-to-Head reichten dann zwölf Hundertstel Vorsprung für den Sieg. Die logische Konsequenz für nächstes Jahr: „Mein Bruder muss sich einen neuen Beifahrer suchen.“ Die beiden duellieren sich dann in der selben Klasse. Das war aber schon beim Rallycross kein Problem – „wer schneller ist, ist einfach schneller.“ Wir gratulieren dem einfach schnellsten Racing Rookie 2021.

Alle Ergebnisse des Finaltags 2021

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