Jürgen Skarwan
Racing Rookie 2021: Schleudergang ohne Weichspüler

Racing Rookie 2021: Schleudergang ohne Weichspüler

Wenn selbst ausgebildete Fahrlehrer an ihre Grenzen geraten, dann ist Racing Rookie. Die Kombination Rallye-Fiesta und Schleuderplatte ließ im ÖAMTC Fahrtechnik Zentrum Teesdorf selbst die verlässlichsten Talente auf die schiefe Bahn geraten.

Zuletzt aktualisiert am 20.07.2021

Jedes Jahr zeichnet sich in Teesdorf ein ähnliches Bild: Ist es die karge Umgebung südlich von Wien, die die Rallye-Karriere als One-Way-Ticket so attraktiv macht oder findet man hier einfach einen besonders motivierten Schlag Menschen, der seinen Zielen alles unterordnet?

Weil das Glück ein Vogerl ist, das mitunter mit Nachdruck zum Fliegen bewogen werden will, nehmen manche schon zum dritten Mal teil – in dieser Saison! Ein anderer versucht gar nicht zu verstecken, dass er ausgebildeter Fahrlehrer ist und schwingt sich mit einem lauten „Der Fahrlehrer sitzt vorn rechts!“ vor seinen Mitfahrenden hinters Volant. Mehrmals schon hat er Freunden, deren Fahrstil er in brenzligen Situationen als ungenügend empfand, ins Steuer gegriffen – bei so viel Lenkradkontakt empfiehlt sich eindeutig eher die Rolle als Fahrer.

Ein Rookie hat in seinem eigenen Auto so viel Erfahrung gesammelt, dass er im Fiesta zögerlicher zu Werke geht als in seinem antiken Toyota Yaris. Das sieht eine Teilnehmerin ganz anders: Auf moderne Technik kann man sich schließlich verlassen, und im Zweifelsfall ist der Selbstbehalt weniger bitter als ein Totaler mit dem eigenen Vehikel. Ein kurzer Verweis auf die im Falle des Falles zu leistende Zwangsarbeit in der Küche der ÖAMTC Fahrtechnik über den Sommer gemahnt sie jedoch zur Vorsicht. Letztlich könnte die Cuisine der Genussregion Industrieviertel von solchen Strafmaßnahmen jedoch nur profitieren.

Der Ansporn einiger Rookies wirkt sich nicht unbedingt positiv auf ihr Abschneiden aus. Ein Rookie fährt den Slalom schon im Training so beherzt, dass seine Mitfahrenden nach Speibsackerln fragen. Im RS bringt ihm seine Fahrweise vom Publikum zunächst einige Ohs und Ahs. Was im Trockenen noch gut geht, resultiert am Rutschbelag jedoch in einem verhängnisvollen Dreher, der die hereingespielten Zehntel von vorher durch einen fünfzehnsekündigen Reversiermalus konterkariert. So wird das nichts mit Finale.

Dann doch lieber auf den Trick einer jungen Dame zurückgreifen: Sie nimmt sich langsame Freunde zur Vorausscheidung mit, um von den erhöhten Finalchancen durch die geschwächte Konkurrenz zu profitieren. Andere operieren mit zweifelhaften Hinweisen, zum Beispiel zur Zielbremsung innerhalb eines von vier Pylonen abgegrenzten Raums: „Weißt eh: Erst bremsen, wenn du an den Huterln vorbei bist!“ Wer solchen Ratschlägen folgt, erfüllt jedoch nur den evolutionären Auftrag.

Wie immer schnapsen sich die jeweils acht Besten vom Vormittag und Nachmittag auf der Schleuderplatte aus, wer ins Finale am Wachauring in Melk kommt und dort um den Rallye-Fiesta mitspielt. In eben jenem Vehikel wird die Bewährungsprobe vollzogen: Wurde vorher noch in den gewöhnlichen Fiestas mit sämtlichen Fahrhilfen geübt, geht es nun ohne ABS, ohne ESP und zu allem Überfluss mit abgeklebtem Tacho über den Rutschbelag. Reißt die Schleuderplatte dir das Heck weg, muss alles ganz schnell gehen: Gegenlenken! Nicht zu viel, nicht zu wenig. Und gleich rechtzeitig den Gegenpendler abfangen! Bremsen nur ohne Lenkeinschlag. Gas geben kann beim Geradeziehen helfen, kuppeln beim Neutralisieren der Achslastverteilung. Patentrezept gibt es keines, binnen Sekundenbruchteilen müssen die Rookies ihre Variante wählen. Kein Wunder, dass sogar zwei der vier glücklichen Finalisten von der Spur abkamen. Und der Fahrlehrer? Der probiert es nächstes Jahr sicher noch einmal. Das Glück ist schließlich ein Vogerl …

Vier weitere Finalisten stehen fest!

Vormittag

Racing Rookie 2021: Schleudergang ohne Weichspüler
© Bild: Julian Sparrer

Markus Gansberger, 18 (r.):

Er steht jetzt offiziell im Finale, hat es aber noch nicht wirklich realisiert. Der Papa schon, weswegen die Freude beim Senior noch größer ist. Markus war heuer schon einmal in Teesdorf dabei. Die Streckenkenntnis half ihm, wie ein Skifahrer im Starthaus alles im Kopf durchgehen zu können. Auf der Schleuderplatte reichte das trotz einmal Piste verlassen fürs Finale. Nach drei Jahren Arbeit weiß der Baumaschinenmechaniker, wie mühsam das tägliche Frühaufstehen ist. Deswegen probiert er es jetzt als Rallye-Profi. Dafür wird er den Sommer voll trainieren. Was genau? Na, Autofahren!

Florian Gruber, 17 (l.):

Bei seinem ersten Antritt holt er sich gleich den Vormittags-Sieg. Den Führerschein hat er schon ein halbes Jahr, da ist der Schritt in die Rallye längst überfällig. Bis aufs Kartfahren auf der rutschig nassen Bahn hat es ihm auch Spaß gemacht. Momentan macht der HTL-Schüler bei der Voest Alpine ein Ferialpraktikum – offensichtlich gut bezahlt, denn der Steirer gönnte sich fürs Wochenende ein Hotelzimmer in Wien für die entspannte Anreise. Die Buchung erledigten die Eltern, er musste sich nur noch um die Arbeit am Lenkrad kümmern. Bis zum Finale wird er noch an der Konsole trainieren, ein hartes Leben.

Nachmittag

Racing Rookie 2021: Schleudergang ohne Weichspüler
© Bild: Julian Sparrer

Florian Pretterhofer, 19 (r.):

Am Vortag feierte er noch bis vier in der Früh mit seinem Freund Leo. Der nahm ihn als Verstärkung zum Racing Rookie mit, mit Erfolg: Trotz nur drei Stunden Schlaf reichte es für Florian und Leo locker zu ihrer ersten Finalteilnahme am Wachauring. Mit sensationellen 105 Punkten errang er den zweiten Platz, eine Stunde mehr Schlaf und es hätte für den Sieg gereicht. Von den Autos gefiel ihm der Focus RS am besten, aber noch lieber hätte er den Rallye-Fiesta. Was für ein Zufall, dass es den zu gewinnen gibt! Dementsprechend diszipliniert will er sich der Vorbereitung widmen, die da heißt: ausschlafen.

Leo Pichler, 19 (l.):

Er fährt heuer seine erste Saison in der GT4-Serie und mag sonst alles, wo es auf Geschwindigkeit und Gespür ankommt – egal ob Mountainbiken oder Trial fahren. Dass ihm ein gewisses Feingefühl diesbezüglich nicht abzusprechen ist, beweisen die 110 Punkte auf der Schleuderplatte. Großartig vorbereiten muss er sich daher nicht, aber vielleicht lässt er die Clubnacht mit seinem Kindergartenfreund Florian vorm Finale ein oder zwei Stunden früher enden. Man weiß ja nie, wofür es gut ist.


Alle Termine des Racing Rookie 2021

Qualifikation

  • ÖAMTC Fahrtechnik Zentrum Teesdorf (NÖ) – verschoben auf 17. Juli
  • 13. Mai – ÖAMTC Fahrtechnik Zentrum Melk / Wachauring (NÖ)
  • 3. Juni – ÖAMTC Fahrtechnik Zentrum Teesdorf (NÖ)
  • 10. Juli – ÖAMTC Fahrtechnik Zentrum St.Veit (K)
  • 31. Juli – Experience Center Saalfelden/Brandlhof (S)

    Sollte es aufgrund der Corona-Maßnahmen zu Terminverschiebungen kommen, werden alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer rechtzeitig informiert.

Finale

  • 13. + 14. August – ÖAMTC Fahrtechnik Zentrum Melk / Wachauring (NÖ)

Anmeldung

  • Anmeldung für die Geburtsjahrgänge 2000-2004 unter: www.racingrookie.at
  • Anmeldegebühr 30 €
  • Die TeilnehmerInnen müssen über keinen Führerschein verfügen.
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