Racing Rookie 2020 in Melk: Hütchen ab!
Beim dritten Racing-Rookie-Qualifikationstermin 2020 wurde es nicht nur für die Pylonen knapp: Immerhin standen die letzten Finaltickets der Saison auf dem Spiel.
„Die brauchen da echt viele Hütchen“, stellte eine Teilnehmerin mit besorgtem Blick fest, als der Rallye-Fiesta ST zum wiederholten Mal direkt in die Pylonen-Barriere schlitterte. Eigentlich wäre es die Aufgabe der Rookie-Anwärter gewesen, die Schleuderplatte im ÖAMTC Fahrtechnikzentrum Wachauring Melk mit einer Geschwindigkeit zwischen 40 und 55 km/h anzufahren, das Auto nach dem gezielt eingeleiteten Heckausbruch auf bewässertem Asphalt wieder unter Kontrolle zu bringen, die Verkehrshütchen berührungslos zu umschiffen und sich auf gar keinen Fall einzudrehen. Doch wie so oft im Leben gilt auch beim Racing Rookie: Leichter gesagt als getan.
Es gibt aber noch eine zweite Lebensweisheit, die sich beim dritten und letzten Qualifikationstermin der Racing-Rookie-Saison 2020 zumindest für einige der zahlreichen Teilnehmer bewahrheiten sollte: Alles halb so wild. Denn obwohl die orange-weiß-gestreiften Requisiten reihenweise einen Abflug machten, standen sie immer wieder auf. Und ebenso unverwüstlich wie die Verkehrshütchen war auch der Wille der jungen Motorsport-Enthusiasten, sich allen Widrigkeiten zum Trotz einen der begehrten Finalplätze und damit die reelle Chance auf den den Hauptgewinn, einen rallyefertig umgebauten Ford Fiesta ST samt Ausrüstung und Trainings im Gesamtwert von ca. 40.000 Euro, zu sichern. Und wenn’s einmal nicht so klappte wie’s sollte, kam die modifizierte Version eines beliebten Motivationsspruchs zum Tragen: Stehen bleiben, Hütchen richten, weiterfahren.
Wer bei einem Qualifikationstermin im Halbtagesfinale und damit im Rallye-Fiesta ST vor der Schleuderplatte steht, war zumindest schon beim Kartfahren und beim Zeitslalom mit dem 350 PS starken Ford Focus RS besser als die meisten anderen – und das alleine ist eine bemerkenswerte Leistung. Verständlich, dass bei der letzten und größten Herausforderungen die Nerven blank liegen und der Teamgeist mitunter auf der Strecke bleibt. „Hoffentlich dreht er sich ein, dann haben wir noch eine Chance“, war da hinter vorgehaltener Hand zu hören – denn am Ende kann es nur einen Racing Rookie 2020 geben. Wer das heuer sein wird, zeigt sich schon am 22. August, ebenfalls im ÖAMTC Fahrtechnikzentrum Wachauring Melk. Die Finalisten-Riege ist seit Samstag jedenfalls komplett.
Die letzten Finalisten
Lorenz Globits, 21
Lorenz schaffte den Finaleinzug bereits 2018 und 2019, heuer steht (vielleicht) endlich der Sieg auf dem Programm. Der erste Platz im Halbtagesfinale legt eine entsprechende Entwicklung jedenfalls nahe, und der alte Opel Astra des 21-jährigen hätte bestimmt auch nichts dagegen, den fordernden Fahrer zwischendurch auf einen Rallye-Fiesta ST abwälzen zu können. Zum Trainieren bleibt aufgrund eines Praktikums bei Red Bull in Salzburg in der Woche bis zum Finale aber keine Zeit, mit Rennradfahren und Schlafen will der Gablitzer sich aber zumindest mental vorbereiten und wählt damit einen grundlegend anderen Zugang als die Konkurrenz aus Klagenfurt (siehe unten).
Martin Stattmann, 21
Der Klagenfurter startete seine Anreise nach Melk um 3 Uhr morgens, sieht am frühen Nachmittag aber immer noch erstaunlich fit aus – und konnte auch die entsprechende Leistung scheinbar mühelos erbringen. Unmittelbar nach dem Finaleinzug steigt der 21-jährige vom Rallye-Fiesta ST in seinen 1er BMW um und macht sich wieder auf den Heimweg – 12 Stunden Autofahren sind für einen angehenden Racing Rookie offenbar kein Problem, sondern eine gute Übung. Trainiert wird in der kommenden Woche außerdem mit einem „kleinen Spielzeug“ alias M235i sowie beim Sim Racing. Im Finale 2020 läuft es hoffentlich besser als 2017, wo ein Dreher auf der schnellen Runde Martins Hoffnungen auf den Sieg zunichte machte – ausschlafen könnte helfen (siehe oben).
Raphael Dirnberger, 19
Bei seinem insgesamt vierten Versuch hat Raphael erstmals den Sprung ins Finale geschafft, was er ganz unbescheiden zumindest auch dem Glück zuschreibt. Dabei ist der Oberösterreicher mit seinen 19 Jahren fast schon ein alter Hase im Motorsport, ist er doch bereits seit 2014 im Rallycross aktiv und erfolgreich. Für das Racing-Rookie-Finale ist das aber nicht nur ein Segen, sondern auch ein Fluch, denn am selben Tag sollte er eigentlich in der Steiermark um die Meisterschaft mitfahren. Für welchen Bewerb er sich letztendlich entscheidet, weiß der vielbeschäftigte Nachwuchs-Rennfahrer selbst noch nicht – Fiesta ST hat er zwar schon einen, aber ein zweiter im Rallye-Trimm wäre ja auch nicht schlecht.
Niklas Klopf, 18
Niki hat Motorsport im Blut, was sich schon in (noch) jüngeren Jahren unmissverständlich bemerkbar gemacht hat. Seine Passion führte ihn vom Quad übers Kart zum Motocross, die nächste Station ist konsequenterweise das Rallyefahren. Ein Sieg beim Racing Rookie käme dem Oberösterreicher da gerade recht, er hat es 2019 bereits versucht, musste sich aber im Finale geschlagen geben. An Zuversicht für heuer mangelt es Niki trotzdem nicht: „Ich fahr jetzt einmal auf Urlaub, tu ein bissl Motorradfahren, und nächste Woche komm ich her und gewinn das Ganze einfach.“
Florian Titzer, 19
Der Perchtoldsdorfer kann bereits seine dritte Racing-Rookie-Teilnahme verbuchen, doch heuer hat ihn seine Performance auf der Schleuderplatte erstmals direkt ins Finale katapultiert. Schon von Kindesbeinen an begleitet Florian ein Faible für die motorisierte Fortbewegung, das ihn direkt an die HTL für Maschinenbau mit Schwerpunkt Fahrzeugtechnik geführt hat. Als Hobby-Kartfahrer war der 19-jährige gegenüber der Konkurrenz klar im Vorteil, fürs Finale wird allerdings mit weniger wendigem Gerät trainiert: Beim Bundesheer macht Florian gerade den Lkw-Schein, ist also auf dem besten Wege, ein Meister aller Klassen zu werden.
Josef Waschnig, 20
Auch für Josef ist der Wachauring kein Neuland mehr, hat er es doch bereits im Vorjahr ins Racing-Rookie-Finale, dort aber nicht über die Vorentscheidung hinaus geschafft. Was er heuer besser machen will? Mehr risikieren, mehr Gas geben. Trainieren wird der 20-jährige nicht mit seinem privaten „Oma-Auto“ (Ford Fusion), sondern am Simulator. Der Rallye-Fiesta ST ist also eigentlich genau der Wagen, der dem 20-jährigen an der Schnittstelle zwischen Gemütlichkeit und Vollgas noch fehlt. Die mentale Stärke für einen Sieg hat sich der Kärntner bereits beim Supermoto erfahren.
Wild Card für Simon Dengler
Obwohl es Simon Dengler im zweiten Halbtagesfinale nicht unter die besten drei geschafft hat, bekommt er aufgrund seiner guten Leistungen eine Wild Card und wird bei der großen Entscheidung am 22. August ebenfalls an den Start gehen.