Racing Rookie 2023 – Finale: Wenn der Hammer fällt …
Racing Rookie 2023 – das große Finale. Der hoffnungsfrohe Ausblick auf ein Rallye-Startpaket mit einem Ford Fiesta ST war heuer mit besonders hohem Druck gepaart: Es war die letzte Möglichkeit. Fabio Becvar bewahrte die Nerven und schlug eiskalt zu.
Natürlich kann man behaupten, dass sich nach 20 Jahren Erfolgsgeschichte eine Art Routine eingeschlichen hat. Die Ausscheidung ist hinlänglich bekannt, was den Rookies für die Vorbereitung gewiss geholfen hat. Die Maschinerie der Instruktoren der ÖAMTC-Fahrtechnik läuft wie geschmiert, da sind Vollprofis am Werk. Aber dennoch ist der Finaltag immer wieder etwas ganz besonderes: Wer am Finaltag die Anspannung und dieses Knistern in der Luft nicht spürt, ist entweder aus Holz oder nicht dabei.
Eines kommt erschwerend hinzu: Wer heuer nicht besteht, kann sich nicht mehr für ein weiteres Jahr bewerben und qualifizieren, denn es wird der vorerst letzte Racing Rookie gewesen sein. Da Ford den Fiesta einstellt und sich auf die Elektrotransformation vorbereitet, fehlt die Grundlage. Was aber bleibt, ist der Rückblick auf eine Erfolgsgeschichte: „Die ÖAMTC-Fahrtechnik, die Autorevue und Ford haben in den letzten 20 Jahren die längste, größte und vor allem beste Motorsportsichtung Europas durchgeführt. Vielleicht sogar weltweit, das wissen wir nicht so genau – wir kennen jedenfalls nichts vergleichbares.“, so Claudia Leopold, rührige Ford-Dame und diejenige, die gemeinsam mit ihrem Team im Hintergrund dafür sorgte, dass der Racing Rookie überhaupt so lange statt finden konnte. Und sie hat verdammt recht. Die Liste der Racing Rookie-Gewinner liest sich wie eine Nennliste für einen Rallye-Meisterschaftslauf, ja sogar von der FIA sind wir für die beste Talentsichtung ausgezeichnet worden. In Summe waren es über die Jahre 8200 Teilnehmer, die die Chance bekommen haben, Racing Rookie zu werden. Da darf man schon ein bisserl stolz sein.
Stolz sein dürfen auch die 20 Finalisten, eine Einladung nach Melk – im wahrsten Wortsinn – erfahren zu haben. Nach spannenden Vorausscheidungen in den Fahrtechnikzentren Teesdorf, Saalfelden und eben Melk hatten sie sich qualifiziert, hier im großen Finale anzutreten.
Ein besonderer Zauber wohnt immer dem Vormittag inne: Es geht noch nicht um die Wurst, lediglich ums lockere Einschwingen am Gerät. Jede Spezerei des Fahrtechnikzentrums wird bespielt: Von der Kartbahn im östlichsten Teil bis zur geschotterten Westkurve ist was los. Die Westkurve ist es auch, die den Rookies erstmalig die Gelegenheit bietet, dem Fiesta auf unbefestigtem Untergrund die Sporen zu geben. Die Gebrüder Raphael und Lukas Dirnberger – beide selbst Racing Rookie-Gewinner – haben ihre Autos zur Verfügung gestellt. Wie stellt man das Auto richtig an? Wir korrigiert man auf Schotter richtig? Der kernige Auspuffsound und die Staubfahnen machen den Wachauring zu einer echten Motorsportarena, dem zahlreich erschienenen Publikum wird eine einmalige Show geboten.
Nach dem Mittagessen, quasi der Henkersmahlzeit für die Rookies, steigt die Spannung. Beim Zeitslalom wird auf acht Teilnehmer eingedampft. Die Devise: Bestehen, oder gehen. Der Focus RS schießt mehrfach mit Reifenquietschen vom Start weg, ab und an fliegt auch ein Hütchen, was nicht gut ist, weil Zeitabzug. Fabio Becvar, Nick Haberl, Philipp Jatzko, Leon Mandl, Fabian Perwein, Elias Reichel, Thomas Traußnig und Tobias Weberhofer bleiben über, treffen erleichtert in der Boxengasse ein. Während die Strecke umgebaut wird, spricht der Boss der ÖAMTC Fahrtechnik, Martin Studener, in der Boxengasse allen Dank aus, die dieses Event möglich gemacht haben: „…und dass alle, die noch Spaß am Autofahren haben, so zusammengehalten haben.“ Nach ihm kommt Max Lampelmaier, selber ein alter Motorsporthaudegen sowie Betreuer aller Fiestas zu Wort. Er lobt die Professionalität der Rookies: „Wenn ich daran denke, dass unser erster Racing Rookie, der Patrick Winter, mit Plastikklapperln zur Vorausscheidung gekommen ist und wenn ich mich jetzt so umschaue, wie gut vorbereitet die Burschen hier her kommen, dann sieht man, wie sehr das Niveau über die Jahre gestiegen ist.“
Die Spannung steigt auch bei den Rookies, jetzt geht es auf die Rennstrecke. Jeder bekommt drei volle Runden, gewertet wird jeweils die Schnellste davon. Und das Ganze jetzt nicht mehr im Focus, wo dich gegebenenfalls noch das ESP rettet – jetzt im Rallye-Fiesta. Die einzigen Assistenzsysteme sind das Popometer und der feinkalibrierte Gasfuß. Fabian steigt mit 48,603 Sekunden als Vierter auf, Tobias ist mit 47,784 Sekunden Schnellster, dazwischen liegen Fabio und Leon. Der nächste Durchgang: Vier auf Zwei. Erneut gibt es drei Runden auf der Rennstrecke – diesmal zählt aber die Gesamtzeit: Fabio Becvar und Leon Mandl setzen sich durch. Ihnen gehört der große Showdown: Mann gegen Mann auf der Strecke. Und das Ganze gleich zwei Mal mit Autowechsel, damit Beschwerden ausgeschlossen werden können.
Für absolut faire Verhältnisse sorgen die Mechaniker Jan und David, die den beiden Dirnberger-Fiestas jeweils einen neuen Reifensatz verpassen. Oberinstruktor Ernest Loidl gibt ein letztes Mal Tipps, dann werden die Finalisten in die Autos geschnallt, draußen an der Startlinie wartet bereits Patrick Winter, er weist die beiden ein. Beim Erlöschen der Startampel setzt sich Fabio durch, Leon reißt eine Lücke auf. Mit einigem Abstand verschwinden sie hinten in der Westkurve, tauchen rein in die Schikane, nur das Röhren der Motoren ist zu vernehmen. Mit jeder Runde wird der Abstand kleiner, doch jeder, der den Wachauring kennt, weiß, dass dort Überholen kaum möglich ist. Beim Zieldurchlauf sind die beiden quasi Stoßstange an Stoßstange, Fabio vorne. Zurück in die Box. Autotausch. Jan checkt nochmal den Reifendruck, die hohe Asphalttemperatur und der griffige Asphalt nimmt die Räder ganz ordentlich mit. Nicht nur die Fahrer sind vor Anspannung ruhig, auch das Publikum schweigt in Ergriffenheit, als beide vor der Ampel stehen. Werden wir noch ein Stechen brauchen, oder entscheidet es sich gleich? Startsignal: Fabio erwischt einen Traumstart, Leon reagiert besser als beim ersten Mal, zu viel Wheelspin lässt aber die Gewinnchancen in Rauch aufgehen. Wieder fliegen sie dicht hintereinander an der Zielline vorbei, doch Fabio Becvar lässt nichts anbrennen und krönt sich zum Racing Rookie 2023. Es war uns eine Ehre.
Interview mit dem Racing Rookie 2023
Lieber Fabio, auch von der autorevue herzlichen Glückwunsch zum Racing Rookie 2023! Wie fühlt sich das an?
Danke zuerst einmal. Surreal auf jeden Fall, weil ich war ja schon einmal im Finale. Und da bin ich sehr knapp nicht in die aufsteigenden Acht gekommen. Ich kann mich noch genau erinnern: Nullkommanullsieben Sekunden waren das beim Zeitslalom. Und da hab’ ich mir gedacht: Das kann’s jetzt net sein, das kann ich net auf mir sitzen lassen – das muss ich noch einmal probieren. Und jetzt: Letztes Mal Racing Rookie. Mit einem echt starken Fahrerfeld. Für mich wär’s ohnehin der letzte Versuch gewesen, weil ich schon zu alt dafür bin. Ein Fiebertraum, muss man sagen.
Großartig. Welche motorsportliche Vorbildung hast du eigentlich mitgenommen?
Ja, ich bin drei Jahre Swift-Cup gefahren, und jetzt das zweite Jahr Rallyecross, deswegen hab’ ich schon gut trainieren können, das muss ich schon ehrlich sagen.
Wie hast du dich auf das heutige Finale vorbereitet?
Einfach so wie immer: Fahren, was geht. Du kommst ja nicht oft zum Auto. (Rennauto, Anm.) Die Leut’ verstehen das mit dem Trainieren immer so falsch – man sieht das Auto sieben Mal im Jahr maximal. Und da nutze ich’s halt so gut wie möglich. Und auch im Winter, da gibt’s Drei-Stunden-Rennen, da hab’ ich auch auf dem Wachauring schon ein Paar Kilometer zurückgelegt. Vielleicht hat mir das heute auch einen kleinen Vorteil gebracht.
Bei den Starts hast du dir heute etwas leichter getan als Leon …
Ja, das ist sicher dem Rallyecross geschuldet – da stehst auch bei jedem Lauf da und wartest, bis die Ampel ausgeht. Und da mach’ ich mit den anderen Fahrern einfach die Bewegung mit, deswegen bin ich – was die Reaktion angeht – vermutlich nicht so schlecht.
Jetzt hast du ein wunderbares Paket gewonnen. Was nimmst du dir damit vor?
Fix die Rallyes fahren, die ohnehin anstehen – da stehen welche fix im Programm. Und dann: Fahren, was geht. Es ist ja so, dadurch, dass ich schon gefahren bin, ist ein kleines Budget schon da. Ich kann die Gelegenheit nicht liegen lassen, weil Motorsport ist teuer. Verdammt teuer. Gottseidank unterstützt mich mein Vater sehr. Das wär halt das Beste, wenn ich meinen Motorsport betreiben könnte, ohne dass wir zu viel Geld verpulvern müssen.
Racing Rookie: Die Erfolgsstory in Zahlen
Als der frühere Pressesprecher von Ford, Stefan Skrabal, und Ex-Chefredakteur Christian Kornherr in einer Weinlaune beschlossen, dass mehr für den Motorsportnachwuchs getan werden muss, ahnten sie noch nicht, dass sich der Racing Rookie zwanzigmal jähren sollte.