Racing Rookie 2022 Finale: Spannung bis in die letzte Kurve…
Der große Showdown in Melk. In einem nervenzerreißenden Finallauf setzt sich Simon Seiberl durch und krönt sich zum Racing Rookie 2022.
Die gesamte Story zum Racing Rookie 2022 Finale, mit allen Fotos und dem Gewinner-Interview, erscheint in der autorevue 9/2022 (ab 26. August am Kiosk). Aktuelle Abo-Angebote findet ihr hier.
Melk an der Donau, das Tor zur Wachau. Ein wahrlich idyllisches Städtchen am nördlichen Rand des niederösterreichischen Mostviertels. Ein kleines Stück außerhalb, auf der anderen Seite der Autobahn: Der Wachauring. Heimat des gleichnamigen Fahrtechnikzentrums des ÖAMTC und bewährter Austragungsort des Racing Rookie-Finales.
Samstag, 13. August, Tag des großen Showdowns
Auch hier herrscht am Vormittag eine wunderbare Idylle, sofern man motorsportaffin ist: Der Blick von der Terrasse des Zentrums offenbart einem eine riesengroße Spielwiese des fortgeschrittenen Autofahrens. In der äußeren Westkurve zischen die Rallye-Fiestas über den Schotter, verfolgt von einer Staubfahne, die für richtiges Sonderprüfungs-Feeling sorgt. Im Infield: Der große Feind der Rookies – die Schleuderplatte. Hier besonders garstig, weil der dahinter liegende Gleitbelag leicht abschüssig ist, was wenig hilfreich ist, wenn man die Geschwindigkeit des Autos verringern möchte. Rechts, in der Gegend der Ostkurve, ein Handlingparcours, wo die Reifen der flinken Fords um Gnade winselten. Nicht im Blickfeld, aber zur Abrundung der automobilen Ausbildung selbstverständlich vorhanden: Die Kartbahn, die sich leicht unterhalb, versteckt hinter der Lärmschutzwand der Rennstrecke, verbirgt und selbstverständlich auch bespielt wurde.
Der Vormittag dient dem Training, der Fortbildung, dem Feinschliff. Die Atmosphäre ist noch recht locker, dort und da hört man den einen oder anderen vorlauten Schmäh – generell muss man allen Rookies ein großes Lob für ihre Disziplin aussprechen. Muss ja auch, denn es geht schließlich um ein Gesamtpaket im Wert von etwa 40.000 Euro. Clever die, welche an den Lippen der Experten der ÖAMTC Fahrtechnik hängen. Mastermind Ernest Loidl hat selber einige Wertungsprüfungskilometer auf dem Tacho stehen – auch der erste Racing Rookie, Patrick Winter, ist nach seiner Rallye-Karriere zum Instruktor geworden. Da gab es noch allerhand Tipps und Tricks abzuholen.
Als es dann nach dem Mittagessen darum ging, die anwesenden 19 Aufsteiger auf acht zu reduzieren, konnte man ein gewisses Knistern in der Luft fühlen. Man könnte den ausgesteckten Parcours als hundsgemein bezeichnen, oder aber als simuliertes Abbild einer Rallye-Sonderprüfung mit Wetterwechseln verstehen: Rauher Asphalt wechselte mitten in einem Knick mit Gleitbelag, dann eine Kurve im Griffigen, weiter zu einer Haarnadel mit engem Tor, runter auf die Kreisbahn, wieder mit Rutschbelag, zurück in den trockenen Teil, wo man nervenstark stehen lassen muss, um keine Zeit liegen zu lassen. Wie gesagt: Die Auskenner der ÖAMTC Fahrtechnik wissen genau, wie man eine anspruchsvolle Strecke zusammenstellt. Als der Rookie mit dem Los Nummer eins, Tobias Weberhofer, an den Start geht, schauen alle gespannt zu. Welche Linie nimmt er? Kann man doch bei der einen oder anderen Kurve noch mehr herausholen? Vorweg: Er fährt souverän und die gesamt zweitschnellste Zeit ein. Als sich der Dritte an der Reihe, David Tanzler, mit einem prächtigen Dreher in der ersten Schikane verabschiedet, kehrt schlagartig Ruhe und Ergriffenheit ein. Spätestens jetzt weiß jeder, dass nicht nur eine gehörige Portion Talent zu einem Profi gehören, sondern auch die entsprechende Menge Hirn und Nerven. Und natürlich auch ein bissl Glück dazu, das beispielsweise Nick Haberl leider nicht hatte. Auf dem Weg zur schnellsten Runde berührte er hauchzart mit dem linken Hinterrad ein Haberkornhütchen, was ihm fünf Strafsekunden einbrachte. Milder Trost: Er darf nächstes Jahr nochmal antreten. Um die Güte der jungen Männer zu unterstreichen: Die ersten fünf lagen beim Slalom innerhalb einer Sekunde.
Den acht Schnellsten des Slaloms war es dann vorbehalten, in den Rallye-Fiesta einzusteigen und den ganzen Wachauring zu bezwingen. Drei gezeitete Runden, die schnellste davon fließt in die Wertung. An der Frequenz der Toilettgänge war die Nervosität der Rookies eindeutig zu erkennen. Klar: Wer jetzt noch dabei ist, will den Titel. Am besten stellten sich Simon Seiberl, Thomas Traußnig, Luca Warter und Xaver Krißmer auf die neuen Bedingungen ein. Ist der normale Ford Fiesta ST schon ein quirliger, flotter Zeitgenosse, so legt der umgebaute Rallyewagen noch eine gewaltige Schippe drauf. Das Gripniveau ist mit den Semislicks eine andere Welt.
Nächste Runde: Vier auf zwei
Die Schikane wird umgebaut, wieder gilt es drei Runden zu fahren. Diesmal stehender Start, es wird die Gesamtzeit gewertet. Erneut setzen sich Simon Seiberl und Thomas Traußnig durch. Sie gratulieren sie sich gegenseitig fröhlich zum Aufstieg – kennen sich schon aus den Fahrerlagern der drei Rallyes, die sie gefahren sind.
Vor dem Finallauf durchbricht nur das knattern der Schlagschrauber die Stille in der Boxengasse. Die beiden Fiestas bekommen extra noch einmal frische Semislicks aufgelegt. Simon und Thomas konzentrieren sich, versuchen den Puls niedrig zu halten. Das ist für Claudia Leopold, rührige Abgesandte von Ford, nicht mehr möglich, sie sorgt sich schon vor dem Rennen um die Autos. Einzig die Jungs von der Fahrtechnik sind cool. Jeder ist auf seinem vorgesehenen Posten, die Handgriffe sitzen mit der Routine zahlreicher Jahre. Wieder Ampelstart, wieder drei Runden – allerdings jetzt im direkten Duell, das ganze zwei mal, mit Autotausch zwischendurch, damit sich auch niemand auf’s Material ausreden kann.
Der erste Finallauf
Im ersten Lauf legt Simon einen Traumstart hin – und jeder, der den Wachauring kennt, weiß, dass dir bei identem Material nur noch ein Fehler des Gegners helfen kann, um vorbeizukommen. Obwohl Thomas brav dranbleibt, muss er die immer größer werdende Lücke zur Kenntnis nehmen, karierte Fahne, das erste Rennen ist vorbei. Boxengasse, Autotausch.
Spannung bis zum Schluß
Als die roten Lichter der Startampel ausgehen, hat Simon wieder die Nase vorne. Die Zuschauer an der Boxenmauer sind sich sicher, dass der Racing Rookie 2022 fest steht und warten auf den Zieleinlauf. Eigentlich muss Simon nur noch verwalten. Thomas jedoch kämpft mit dem Herzen eines Löwen, setzt in der letzten Runde am Ende der Startgeraden gar zum überholen an. Geht sich aber nicht aus, die Westkurve verzeiht keine Fehler. Nimmt es Simon jetzt doch zu lässig? Die beiden Autos verschwinden unten in der Senke des Wachaurings, kommen in der Ostkurve wieder zum Vorschein, Simon lässt eine Riesenlücke offen. Thomas wittert seine Chance, lässt etwas optimistisch stehen, doch Simon haut die Türe zu, klopft mit der Felge an die Stoßstange und markiert klar: Der Titel gehört mir.