Währenddessen in der Schweiz…
Für alle, denen russische Autos nicht pragmatisch genug sind.
Man muss schon einen kleinen Sprung in der Schüssel haben, wenn man sich so liebevoll um die Marke Lada kümmert wie die Jungs des derzeitigen Schweizer Lada-Importeurs in Alterswil im Kanton Fribourg. Denn mit den Wagen aus der ehemaligen UdSSR lässt sich nun wirklich kaum Geld verdienen. Umso höher ist es den beiden Brüdern anzurechnen, dass sie die Fahne der Autos aus Togliatti hoch halten. Die Wirren um die Marke gehen auch Jahrzehnte nach dem Niedergang der Sowjetunion immer weiter. Niemand weiß wirklich genau, wie die Besitzverhältnisse im einst so mächtigen Autowerk geregelt sind.
Und sogar den kultigsten Modellnamen ihrer Geschichte haben die Russen verloren. Der Lada Niva, einst Inbegriff des geländegängigen Kompakt-Offroaders, darf nicht mehr Niva heißen. Er heißt nur noch Lada 4×4, denn die Bezeichnung Niva prangt jetzt an einem kleinen Geländefahrzeug von Chevrolet. Der Chevy ist deutlich moderner als der Lada, doch er ist in Europa nicht erhältlich.
Doch widmen wir uns unserem Testfahrzeug, einem doch in die Jahre gekommenen Auto, dass, aufgrund seines Alters, noch Niva heißen darf. Doch weder die etwas angeschlagene Karosserie noch der 1700er-Vierzylinder-Benziner sind die Highlights des kantigen Offroaders.
Nein, es sind die Raupenpakete, welche anstelle der schmalbrüstigen Reifen montiert sind. Mit diesem Raupenantrieb wird der Lada zum ultimativen Schneemobil. Entwickelt wurde die Idee in der oft verschneiten Gegend des Importeurssitzes, fabriziert werden die Dinger in den USA. Die Montage ist denkbar einfach: Auto anheben, Räder abschrauben und die vier Raupenpakete an die Radnaben schrauben – fertig. Das Ganze dauert nur wenig länger als ein normaler Radwechsel.
Also ab in den Schnee, schließlich wollen wir uns nicht mit technischen Kleinigkeiten aufhalten. Der kleine Vierzylinder nimmt lautstark seinen Dienst auf – es scheint, dass er sich seiner Vibrationen nicht schämt. Warum auch? Lustvoll lässt der Achtventiler den Armaturenträger erzittern – der lapidare Kommentar des Importeurs: „Das muss so sein…“
Noch kurz über die asphaltierte Straße (das mag der Niva gar nicht!) und dann geht es ab aufs freie Feld. Genauso lustvoll wie er vibriert, wühlt sich der Lada nun durch den Schnee. Bergauf, bergab, mit Schmackes über die Ebene – ganz egal, was man dem Russen abverlangt, er macht es einfach. Je weicher der Schnee, desto komfortabler wird die Fahrt. Ein Pistenbulli für Arme, aber mit einem enormen Spaßfaktor.
Gefahren wird grundsätzlich in der Geländeuntersetzung, denn die Raupen fressen ordentlich Leistung. Und die ist ja beim Lada nicht gerade im Überfluss vorhanden.
Erstaunlich ist, dass der Wendekreis trotz der breiten Raupen einigermaßen okay ist, ein sportlicher Alfa 147 GTA ist da auch nicht besser. Schon kommt die nächste Steigung. Mitten im heftigen Anstieg anhalten, ersten Gang einlegen und wieder losfahren – kein Problem, dabei liegen unter dem Auto mindestens dreißig Zentimeter weicher Neuschnee. Auf hartem Untergrund ist die Fahrt dann nicht ganz so angenehm. Wir raten, falls sich jemand so ein Ding zulegen will, den Dachhimmel im Kopfbereich mit Schaumstoff zu polstern oder sich Sechspunktgurte montieren zu lassen.
Das beste am Ganzen: man kann das Teil wirklich kaufen. Denn die Brüder Jerjen importieren nicht nur den Lada 4×4, sondern lassen auf Wunsch auch das Raupenpaket (natürlich ohne Strassenzulassung) herstellen. Und die Kombination ist gar nicht mal so teuer.
Einen neuen Lada gibt es in der Schweiz für 17.900 Franken (14.800 Euro). Die Raupen kosten dann noch mal genauso viel. Dennoch, schaut man sich an was ein modernes Schneemobil kostet (um die 25.000 Franken), ist die Sache wiederum sehr preiswert. Denn den Lada kann man mit den konventionellen Rädern auch im Sommer fahren… Und er hat vier statt nur zwei Sitzplätze.
Doch all diese Zahlenspiele sind nicht die Sache der Jerjen-Brüder. Ihre Liebe zur russischen Marke ist es, die sie antreibt. Nicht zuletzt deshalb wurde auch ein Ersatzteillager aufgebaut, welches über 4000 Positionen umfasst. Mittlerweile gehören auch Besitzer von Ferrari-Oldtimern zu den Kunden der Lada-Spezialisten. Denn einige, bei Ferrari nicht erhältliche Teile, liegen in Alterswil am Lager. Dazu muss man wissen, dass eigentlich alle Lada’s auf Fiat-Technik aufbauen. Und weil auch Ferrari auf Teile des italienischen Massenherstellers zurückgriff, kann man sich ein neues Zündschloss zum Beispiel bei Lada besorgen… Doch die Lada 4×4, egal ob mit oder ohne Raupen, werden Exoten bleiben.
Dabei sind die neusten Offroader aus Russland gar nicht so schlechte Autos. Wir sind die neuste Version gefahren, nachdem das Auto die Spezialbearbeitung des Importeurs durchlaufen hatte. Nach wie vor wird er von einem Vierzylinder mit einem Hubraum von 1690 ccm angetrieben. Er erfüllt die Euro-5-Abgasnorm, verfügt über eine Multipoint-Benzineinspritzung von Bosch, ABS, Servolenkung und leistet 83 PS. Und er ist leicht, der kleine Russe. Mit 1200 kg Leergewicht und den schmalen Reifen ist er ein echter Geländefloh und muss in der neusten Version beim Fahrkomfort seinen einzigen Konkurrenten – den Suzuki Jimny – nicht wirklich fürchten.
Den Artikel haben wir von den Kollegne von www.radical-mag.com