
Die 1960er Jahre waren geprägt von Aufbruchsstimmung. Und die hat dem Automobilbau gut getan. Die Hersteller hatten Mut und gefüllte Kassen. Eine Kombination, die ganz erstaunliche Fahrzeuge hervorbrachte, die heute Kultstatus genießen und für die mitunter lächerlich hohe Preise verlangt werden.
Im Nachhinein betrachtet ist die Existenz dieser Charakterdarsteller wenig überraschend. Die Kundschaft war noch nicht bis ins kleinste Segment vermessen und durchkalkuliert. Die Autohersteller mussten sich per Versuch und Irrtum an den Geschmack der Kundschaft herantasten. Dazwischen gab es technische Revolutionen, dramatische Fehleinschätzungen und politische Umwälzung. Kurzum: Spannende Zeiten.
Wir haben die zehn Autos gesammelt, die unserer Meinung nach dieses Jahrzehnt in Summe am besten repräsentieren. Für jedes Auto gibt es dafür unterschiedliche Gründe. Fünf weitere Autos scheiterten knapp an der Qualifikation, wurden aber durchaus diskutiert. Wir haben die Fahrzeuge übrigens alphabetisch geordnet und keine Wertung vorgenommen. Vorweg: Da wir uns den Klassikern der 1960er Jahre widmen ist bei der Bauzeit jeweils nur die erste Generation angegeben. Schließlich geht es nur um das Geburtsjahr.
Die 10 kultigsten Autos der 1960er Jahre
Alfa Romeo Spider
Bauzeit: 1966 bis 1969 (nur erste Generation)Motoren: 1,3 Liter bis 1,8 LiterLeistung: 87 PS bis 113 PS
Die Ansprüche an das Auto waren enorm. Die Vorgängerin, die Giulietta Spider stand schon unter Denkmalschutz. Der Spitzname war deswegen eher abfällig: „Osso di Seppia“ – also die Tintenfischhaut. Im deutschsprachigen Raum wurde daraus ein Schlauchboot. Der Alfa Romeo Spider war ein sportlicher Zweisitzer mit höchst kompetentem Fahrwerk, mit niedriger, aber dennoch komfortabler Sitzposition. Fünf Gänge waren außerdem eine exotische Zahl zu einer Zeit, als die Erinnerungen an Dreiganggetriebe bei Mittelklasseautos noch frisch waren. In die Filmgeschichte bog der Alfa Romeo Spider auch gleich ein. Mit einer Rolle in „Die Reifeprüfung“. Dustin Hoffman bewegte den Wagen so, wie die Italiener sich das gewünscht haben dürften.
Aston Martin DB5
Bauzeit: 1963 bis 1965Motor: 4,0 Liter ReihensechszylinderLeistung: 286 PS und 318 PS
Der englische Automobilbau ist eine Geschichte des Irrwitzes und des Chaos. Doch manchmal atmete der Wahnsinn durch und für einen kurzen Moment herrschte Ruhe. So wie beim Aston Martin DB5. Im Gegensatz zum DB4 wurde ein größerer Motor verbaut, der ihn 240 Stundenkilometer schnell machte. Was bei 1,5 Tonnen Gewicht eine Leistung war seinerzeit. Dazu kamen elektrische Fensterheber, ein zweiter Tank-Füllstutzen und angeblich noch weitere 168 Änderungen. Sagt Aston Martin. Die ersten 50 Modelle des DB5 erhielten noch das Traktorgetriebe der Firma, danach wurde ein 5-Gang-Getriebe von ZF verbaut. Wie schon der Alfa erlangte auch der DB5 durch einen Film Weltruhm. Der Brite war das Sean Connerys Bondauto in „Goldfinger“ und damit der Begründer des Mythos.
BMW 2000 C/CS
Bauzeit: 1966 bis 1969Motor: 2,0 Liter ReihenvierzylinderLeistung: 100 PS bis 130 PS
1959 wurde BMW beinahe an Mercedes verkauft. Die Bayern waren in einer veritablen Krise und nur eine Finanzspritze von Herbert Quandt verhinderte den Untergang. Wer weiß, vielleicht wäre BMW heute sonst das, was jetzt AMG ist. Jedenfalls erfand sich BMW mit diesem Geld neu und riss mit einer Modellpalette das Ruder rum, die als „Neue Klasse“ in die Automobilgeschichte einging. Imageträger der Palette wurde der BMW 2000 CS. Er hatte die größte Strahlkraft. Den typischen Hofmeister-Knick übernahmen die Exterieur-Designer auch direkt ins Lastenheft für alle kommenden Modelle. Nicht einmal Chris Bangle konnte sich dem entziehen.
Ford Capri
Bauzeit: 1968 bis 1973 (erste Generation)Motor: 1,3 bis 3,0 Liter – Vier- und SechszylinderLeistung: 50 PS bis 150 PS
Die Wurzeln des Ford Capri liegen in den USA, in Großbritannien und in Deutschland, und als die Produktion Ende 1968 anlief, war sein Name schon ein Vorgängermodell alt: Von 1962 bis 1964 hatte Ford England den Capri im Programm, die Coupéversion des Consul Classic, die Verkaufszahlen blieben bescheiden. Obendrein war der für das neue Coupé angedachte Namen Colt bereits von Mitsubishi reserviert, weshalb der alte, kaum benutzte Name ins zweite, wesentlich längere Leben starten durfte. Der Ford Mustang war nach verwandtem Muster gestrickt, die Kombination aus alltagstauglicher Coupékarosserie, Großserientechnik und damit niedrigem Preis hatte alle Erwartungen überholt. Ähnliches sollte der Capri auch in Europa schaffen, und er schaffte.
Jaguar E-Type
Bauzeit: 1961 bis 1974Motor: 3,8 bis 5,3 LiterLeistung: 269 PS bis 276 PS
Vorgänger und damit Basis für den Jaguar E-Type war der D-Type. Also der Wagen, mit dem die Marke 1956 die 24 Stunden von Le Mans gewann. Am 15. März 1961 feierte der Jaguar E-Type auf dem Autosalon in Genf Premiere. Einziges Problem: für die Ausstellung stand nur der E-Type mit dem Kennzeichen 9600 HP zur Verfügung. Dabei handelte es sich um ein ziemlich runtergerittenes Testfahrzeug. Kurz vor der Messe wurde der Wagen neu lackiert, inspiziert und dann von Bob Berry, einem Angestellten der PR-Abteilung, auf eigener Achse nach Genf gefahren. Schnell noch waschen. Fertig.
Mercedes SL „Pagode“
Bauzeit: 1963 bis 1971Motor: 2,3 bis 2,8 LiterLeistung: 150 PS bis 170 PS
Das leicht konkave Hardtop war namensgebend für die gesamte Baureihe. Kein Wunder. Die meisten Modelle des Mercedes W113 SL “Pagode” wurde als Coupé/Roadster verkauft. Um Gewicht zu sparen, wurden Motor- und Kofferraumdeckel, Stauraumdeckel und die äußeren Türpaneele aus Aluminium gefertigt. Die Produktion begann 1963 mit dem 2,3-Liter-230 SL. Der 250 SL wurde nur 1967 gebaut, somit ist er der seltenste der Baureihe W 113. Zum 2,5-Liter-Motor kamen Scheibenbremsen zusätzlich an die Hinterräder. Wie der 230 SL leistete er 150 PS, hatte aber höheres Drehmoment. 1968 kam dann der auf 170 PS erstarkte 280 SL heraus.
NSU Ro80
Bauzeit: 1967 bis 1977Motor: 1,0 Liter WankelmotorLeistung: 115 PS
Der Motor war, sagen wir, nicht völlig ausgereift. Zum hohen Verbrauch kamen Kühlprobleme, labile Dichtleisten und verschmutzte Kerzen. Lizenznehmer zogen sich zurück, die große Zukunft des Wankelmotors war plötzlich wieder klein. Vorauseilend tauschte NSU lieber Motoren aus statt zu reparieren, viele Werkstätten wählten daher gerne den einfacheren Weg: Nicht alle Aggregate, die ins Werk zurückkamen, waren tatsächlich kaputt, aber das Feinjustieren von Vergaser und Zündung war diffizil. Damals kursierte der Witz, dass NSU Ro80-Fahrer einander zum Gruß mit der Anzahl erhobener Finger die Zahl der Tauschmotoren signalisieren, das Schenkelklopfen bei NSU blieb aus. Ständige Verbesserungen machten den Ro80 schließlich standhaft (heute sind die Probleme überhaupt gelöst), aber die Verkaufszahlen blieben saftlos. Daran konnte auch ein projektierter Dreischeiben-Motor mit 170 PS nichts ändern, nach der Übernahme durch VW und der Fusion mit Audi 1969 wurde der Ro80 noch bis 1977 für seine Fans weiterproduziert, dann war nach 37.406 Exemplaren Schluss.
Opel Kadett B Coupé Rallye
Bauzeit: 1965 bis 1973 (Opel Kadett B)Motor: 1,1 bis 1,9 Liter (Opel Kadett B)Leistung: 44 PS bis 106 PS (Opel Kadett B)
Der Opel Kadett B sollte ein Auto für alle Gelegenheiten und für jeden Typ Kunden sein. Ein Auto, mit dem man alles machen kann. Auch Pferde stehlen… oder eben Rallye fahren. Letzteres war ab Juli 1967 möglich. Damals wurde der Opel Kadett B als Rallye Kadett eingeführt – freilich ausschließlich als Coupé und mit einem 60 PS starken 1,1-Liter Motor. Optional war auch ein 1,9-Liter-Motor mit 90 PS erhältlich. Halogen-Fernscheinwerfern, mattschwarzen Lackierung der Motorhaube (Einschränkung von Lichtreflexionen), Seitenstreifen, mattschwarz lackierten Türschweller machten schon von außen deutlich, dass es jetzt etwas ernster zuging.
Porsche 911
Bauzeit: 1963 bis 1968 (nur klassischer 911er)Motor: 2,0 Liter Vierzylinder BoxerLeistung: 130 PS
Das Automobil kam als Sportwagen auf die Welt. Nicht als Limousine, nicht als Lastwagen. Die wahren Treiber des Automobilismus waren reiche junge Dandys, die sofort den sportlichen Wert der neuen Fortbewegung erkannten und Rennen ausrichteten. Kaum eine andere Marke atmet diesen Geist intensiver als Porsche. Und kein anderer Porsche steht so für Porsche wie der Porsche 911. Auch wenn die permanenten Verkaufsrekorde auf SUV zurückzuführen sind.
Renault R4
Bauzeit: 1961 bis 1992 (!)Motor: 0,6 bis 1,1 LiterLeistung: 23 PS bis 34 PS
Robust und anspruchslos sollte das Auto sein. Eines, das anpacken kann und das Wirtschaftswunder mit seiner eigenen Reifen Arbeit befeuert. Es gelang. Erst 1992 wurde die Produktion (in Kolumbien und Slowenien liefen die Bänder noch) des Renault 4 eingestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden 8.135.424 Fahrzeuge produziert. 1988 wurden die letzten Modelle in Deutschland verkauft, dann warfen neue Abgasvorschriften das Fahrzeug aus dem Regal. Der Renault Kangoo gilt als legitimer Nachfolger.
Unsere Kultautos nach Jahrzehnten
5 Autos, die knapp an der Qualifikation scheiterten
Wie erwähnt: Die 1960er Jahren waren voller Autos, die bis heute als Legende gelten. Das Jahrzehnt lässt sich nicht auf 10 Kultautos begrenzen. Wir haben deswegen noch einmal fünf Autos gesammelt, die sich knapp nicht für die Top-Ten-Liste qualifiziert haben.
Mercedes 300 SL Roadster
So toll dieses Auto ist, die wahre Legende ist doch der Flügeltürer. Und der stammt eben aus den 1950ern.
Porsche 356 B
Musste dem Porsche 911 weichen. Wir flüchten uns in die Ausrede, dass der 356 B bereits im Herbst 1959 gebaut wurde.
Opel GT
Der Wagen sah nach mehr aus, als er tatsächlich liefern konnte. Vielleicht hatte Opel Angst vor dem eigenen Mut. Trotzdem: tolles Auto.
Ford Mustang
Der Mustang definierte eine neue Dimension von Fahrfreude, durchlief Höhen und Tiefen, ist aber mittlerweile wieder ganz bei sich selbst.
Legende. Klar. Der Impact war in den Staaten aber deutlich größer. Hierzulande rockte der Capri die Jugend.
Honda S800
Das erste japanische Auto auf dem europäischen Markt und dann gleich so ein sportliches Drehzahlwunder. Er scheiterte am knappsten an der Top-Ten-Liste.
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