Tamara Schögl
E-Scooter-Reichweite: Die entscheidenden Faktoren

E-Scooter-Reichweite: Die entscheidenden Faktoren

Wovon die tatsächliche Reichweite eines E-Scooters abhängt und warum die Herstellerangaben oftmals unrealistisch erscheinen: Hier der Überblick,

Christian Gaisböck
Zuletzt aktualisiert am 01.05.2024

Die Reichweitenangaben der Hersteller muten oftmals „fantastisch“ an – im doppelten Sinne des Wortes. Nicht selten weicht die E-Scooter-Reichweite im Echtbetrieb erfahrungsgemäß um 50% oder mehr von den Herstellerangaben ab.

Das liegt in einigen Fällen schlicht an falschen Werbeversprechen, bei anderen Herstellern daran, dass die Reichweite unter Laborbedingungen gemessen wird, die mit der Realität oft wenig zu tun haben: Eine Person mit 70 kg, die im „Ecomodus“ durchgehend mit 15 km/h bei 20 Grad Außentemperatur eine Strecke ohne Steigung fährt, ist nun mal keine realistische Annahme.

Die wichtigsten Faktoren für die E-Scooter-Reichweite

Hier die wichtigsten Faktoren, die Einfluss auf die tatsächliche Reichweite eines E-Scooters haben.

Akkukapazität

Zu den offensichtlichsten Faktoren, die die E-Scooter-Reichweite beeinflussen, zählt die Kapazität des Akkus. Ob ein E-Scooter mit einem 15 Ah-Akku (wie der Max G30 II von Segway-Ninebot) oder nur 6-7 Ah (bei vielen Billig-Modellen) ausgestattet ist, macht naturgemäß einen Unterschied. Naturgesetze lassen sich eben nicht außer Kraft setzen: Je mehr Energie gespeichert ist, desto mehr kann auch abgerufen und in Reichweite umgesetzt werden.

Aber: ganz so einfach ist der Vergleich leider nicht. Dіе mАh bzw. Ah-Аngаbе іѕt zwar wісhtіg, ein Rückschluss auf die tatsächliche Reichweite lässt dieser Wert für sich alleine genommen aber nicht zu. Auch die Spannung (Volt) muss dafür einbezogen werden. So ist es möglich, dass ein Akku mit höherer Spannung aber vergleichsweise niedrigerem (m)Ah-Wert länger durchhält und somit eine höhere Reichweite ermöglicht. Ein zuverlässigerer Vergleichswert ergibt sich somit aus dem Wh-Wert, der sich mit der Formel Volt x Ah berechnen lässt.

Motorleistung

Die Dauerleistung und auch die Peak-Leistung des Motors entscheiden darüber, wie viel von der vorhandenen Energie des Akkus in welcher Zeit verbraucht wird. Kurz: Wer auf einen kräftigen Motor mit rasanter Beschleunigung nicht verzichten möchte, muss eine entsprechend kürzere Reichweite in Kauf nehmen.

Streckenprofil

Wie erwähnt, haben Reichweitentests auf durchgehend ebener Strecke wenig mit der Realität zu tun. Je größer die Steigung, desto mehr Energie wird benötigt, um diese zu bewältigen. Wer regelmäßig Strecken mit großen Höhenmeter-Unterschieden zurücklegt, muss somit bei der Reichweite mit deutlichen Einbußen rechnen.

Beladungsgewicht / Fahrergewicht

Auch hier gilt ein einfaches Grundprinzip: Jedes Kilogramm mehr auf der Waage sorgt dafür, dass mehr Energie benötigt wird, um voranzukommen. Unserer Erfahrung nach trifft es diese Faustregel recht gut: Jedes Kilogramm über dem angegebenen Herstellerwert, der für die Reichweiten-Ermittlung unter Laborbedingungen herangezogen wurde, sorgt für 1% weniger Reichweite.

Beispiel: Der Hersteller ermittelt mit einer 70 kg schweren Testperson eine maximale Reichweite von 20 km an. Ein Fahrer mit 90 kg Körpergewicht sollte (ohne andere Reichweitenfaktoren einzubeziehen) mit etwa 20% geringerer Reichweite, also in diesem Beispiel mit maximal 16 km, rechnen.

Fahrweise

Häufiges Beschleunigen und Abbremsen durch ein wenig vorausschauende Fahrweise, ständiges Ausreizen der Maximalgeschwindigkeit: Auch die eigene Fahrweise spielt eine Rolle, für wie viele Kilometer eine Akkuladung reicht.

BMS (Batteriemanagement-System)

Ein intelligentes Batteriemanagement-System sucht man bei einigen Billig-Modellen leider vergeblich, besonders China-Importe sind davon betroffen. Das BMS schützt die Akku-Zellen vor Unter- und Überspannung. Es vermeidet damit eine Überhitzung des Systems, sorgt aber auch dafür, dass eine Tiefentladung (bei längerer Standzeit) die Zellen beschädigt. Das trägt dazu bei, dass der Akku seine ursprüngliche Kapazität möglichst lange erhält und weniger schnell verliert. Umgekehrt büßen E-Scooter ohne BMS im Laufe der Zeit rascher Reichweite ein.

Rekuperation

Das Laden des Akkus durch Rückgewinnung von Bremsenergie: Rekuperation ist bei E-Autos bereits Standard und funktioniert. Theoretisch tut es das auch bei einem E-Scooter. In der Praxis zeigt sich aber: Die Reichweite lässt sich damit bei einem E-Scooter lediglich um etwa 5% erhöhen, somit ein kaum nennenswerter Beitrag für eine spürbar höhere Reichweite.

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