Tamara Schögl
Tunnelphobie – die Angst vor dem Tunnel

Tunnelphobie – die Angst vor dem Tunnel

Woher kommt die Angst davor durch einen Tunnel zu fahren, wann wird sie zur Phobie und damit zur Gefahr und was hilft dagegen?

Christian Gaisböck
Veröffentlicht am 26.02.2024

Beinahe jede:r zweite Autofahrer:in hat Angst im Tunnel – so das Ergebnis einer Umfrage der deutschen Prüforganisation DEKRA, die 2012 unter 1.200 Autofahrer:innen durchgeführt wurde. Mehr als ein Drittel der befragten Männer gaben an im Tunnel Angstgefühle zu haben (36 Prozent), unter Frauen war dieser Wert knapp doppelt so hoch (67 Prozent).

Aber vorweg, um diese Angst richtig einzuschätzen: „Ein latentes Gefühl von Unwohlsein in einem Fußgänger- oder Autotunnel zu empfinden, ist vollkommen normal“. Steigert sich diese Angst bzw. entwickelt sie sich zu einer Störung, wird im Allgemeinen von einer Tunnelphobie gesprochen. „Krankheitswert haben nur Ängste, die auf irrationalen Befürchtungen beruhen.“

Was ist eine Tunnelphobie?

Tunnelangst ist eine Sonderform der Klaustrophobie, also der Angst vor/in engen Räumen bzw. wird auch mit der Agoraphobie verbunden, also der Angst vor Orten und Situationen, in denen eine „Flucht“ nicht möglich erscheint.

Die (notwendige) Angst, uns vor realen Gefahren zu schützen wird bei der Tunnelphobie zu einer irrationalen Angst – also zu einer Angststörung, bei der die verspürte Angst nicht mehr den realen Gefahren entspricht und deutlich überhöht ist. Eine Phobie im Allgemeinen, und somit auch die Tunnelphobie, kann sehr vielfältige Ursachen haben.

Wie entsteht eine Tunnelphobie?

Die Tunnelphobie ist eine „erlernte“ Angst, etwa durch tatsächlich erlebte, negative Situationen in einem Tunnel, aber auch durch Situationen, die nicht auf den ersten Blick als Ursache erkennbar sind. Auch andere phobische Störungen können dabei ineinandergreifen und eine irrationale Angst vor Tunnelfahrten auslösen.

Wie äußert sich eine Tunnelphobie und welche Auswirkungen hat sie?

Autofahrer, die an Tunnelangst leiden, fühlen sich in einem Tunnel (scheinbaren) Gefahren hilflos ausgesetzt – und sind gestresst davon, nicht „entkommen“ zu können. Das äußert sich z.B. durch Beklemmungsgefühle, starkes Schwitzen oder einer verkürzten Atmung, wie auch der ADAC zusammenfasst.

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Ein Asfinag Mitarbeiter beobachten in der Asfinag Zentrale das österreichische Strassennetz während einer Übung im Rahmen der Asfinag „Einsatzübung im Tunnel Vösendorf auf der S1“: © Bild: APA/ HERBERT P. OCZERET

Was passiert im schlimmsten Fall?

Das Bemerken dieser äußeren Stresssymptome kann die Angst (und auch das Adrenalin im Körper) weiter erhöhen – also zu einem Kreislauf führen, der im schlimmsten Fall in eine Panikattacke mündet, die einen fahrunfähig macht. Wenn es soweit kommt, wird aus der scheinbaren Gefahr tatsächliche, reale Gefahr – für den Betroffenen selbst als auch für alle anderen nachkommenden Autofahrer im Tunnel.

Wie kann man eine Tunnelphobie überwinden?

Die gute Nachricht: Die Angst vor Tunnel kann unter Anleitung eines darauf spezialisierten Psychotherapeuten überwunden oder zumindest eingedämmt werden. In der Psychologie gilt aber der Grundsatz: Eine Phobie kann nur überwunden werden, wenn man sich ihr stellt. Was aber nicht bedeutet, dass man sich todesmutig in den nächsten Tunnel „stürzen“ soll.

Welche Therapien helfen?

Durch eine kognitive Verhaltenstherapie bzw. der Konfrontationstherapie kann die Angst Schritt für Schritt auf ein angemessenes Maß reduziert werden. Dabei werden unter Anleitung und Begleitung längere Bahnunterführungen und kleinere Tunnels durchquert um dann Schritt für Schritt mit immer längeren Tunnels konfrontiert zu werden – und man so lernt mit der Situation umzugehen. Bei einer leichten Ausprägung der Phobie bzw. wenn diese nicht zu Panikattacken führt, ist nicht zwangsläufig eine Therapie notwendig.

Steht die Angst vorm Tunnel im Verhältnis zur tatsächlichen Gefahr?

Die Tunnelsicherheit in Österreich ist hoch. „Dennoch beobachten wir immer wieder, dass Lenkende ein unangenehmes Gefühl beschleicht, wenn sie sich einem Tunnel nähern“, sagt ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger. Das sei unter anderem auf die veränderten Sicht-, Licht- und Geräuschbedingungen zurückzuführen.

Die häufigste Unfallursache im Tunnel ist ein zu geringer Sicherheitsabstand (43 Prozent). Darauf folgen – wenn auch in deutlich geringerer Zahl – Unfälle aufgrund von sowie Unachtsamkeit bzw. Ablenkung (18 Prozent) sowie nicht angepasster Geschwindigkeit (12 Prozent).

Ein Blick auf die Statistik zeigt: 2022 ereigneten sich in den Tunnels und Durchführungen in Österreich 293 Unfälle mit Personenschaden, dabei kamen neun Person ums Leben.

Quelle: Statistik Austria; Bearbeitung ÖAMTC Unfallforschung

Tunneltests der Autofahrerclubs

ÖAMTC Tunneltest aus dem Jahr 2020

ADAC Tunneltest aus dem Jahr 2015

7 Tipps gegen Tunnelphobie

Wie man sich im Tunnel richtig verhält und somit die Sicherheit erhöht, haben wir in einem eigenen Artikel für euch zusammengefasst. Ein paar kleine Tricks können außerdem dabei helfen, mit der Situation besser umgehen zu können:

  • Vor der Einfahrt in den Tunnel sollte man die Sonnenbrille abnehmen und das Abblendlicht einschalten, um die Sicht zu verbessern.
  • Ein großer Sicherheitsabstand ist insbesondere im Tunnel wichtig – fast die Hälfte der Tunnelunfälle in Österreich sind auf zu geringen Sicherheitsabstand zurückzuführen.
  • „Tunnelblick“ vermeiden: Wichtig ist, sich nicht auf den Tunnelausgang, also auf das Licht am Ende des Tunnels zu konzentrieren, sondern mit der Aufmerksamkeit im Sichtbereich rund um das Auto zu bleiben.
  • Im Tunnel die Geschwindigkeit leicht reduzieren, um den allgemeinen Stresspegel zu senken.
  • Ruhig und tief durchatmen um dem Körper ausreichend Sauerstoff zuzuführen.
  • Sich bewusst machen, dass es gerade in einem Tunnel Videoüberwachung, Hilfe und auch Notausgänge gibt
  • Auch beruhigende Musik oder etwas „small talk“ mit dem Beifahrer kann dabei helfen, dass sich der Stresspegel im Rahmen hält