Von diesem Auto und seiner Wertsteigerung träumen wir

Das Auktionshaus RM Sotheby’s versteigert einen 1973er Alfa Romeo Montreal. Das Auto zur Weltausstellung 1967, entworfen bei Bertone, der erwartete Preis ist hoch.

radical mag
Zuletzt aktualisiert am 29.03.2021

Damals, nehmen wir als Beispiel: 1967, war so eine Weltausstellung noch nicht die farblose Farce, die in erster Linie Funktionäre ernährt. Kleine Testfrage dazu: wo findet sie denn heuer statt, diese Weltausstellung? Damals galt es noch als eine Ehre, wenn man als Hersteller eingeladen wurde, so etwas wie «man’s highest aspiration for automobiles» zu erschaffen, nicht einfach irgendeinen Pavillon mit angeschlossener Kantine. Dass Montreal, wo die Weltausstellung 1967 stattfand, ausgerechnet an Alfa Romeo herantrat und nicht an einen der Nachbarn aus Detroit, knapp über der Grenze beheimatet, mag an der nicht besonders ausgeprägten Liebe zwischen Kanadiern und Amerikanern gelegen haben, vielleicht aber auch am (damals noch) guten Namen der Italiener.

Gandini erarbeitet den Alfa Romeo Montreal

Wie ernst Alfa Romeo diese Anfrage nahm, wissen wir heute nicht mehr (also, zumindest: wir nicht). Die Mailänder gaben den Auftrag auf jeden Fall auswärts, zu Bertone, sicher im Wissen, dass dort ein außerordentlich begabter Mann arbeitete, einer, der die Ansprüche einer Weltausstellung auch erfüllen konnte. Marcello Gandini war 1967 zwar noch keine 30 Jahre alt, aber schon ziemlich berühmt: er hatte sich mit dem Lamborghini Miura bereits ein Denkmal geschaffen. Gandini zeichnete dann also, man setzte seine Entwürfe gleich doppelt um, in Form von zwei weißen Prototypen, die auf einer Giulia-Plattform standen. Auf der Weltausstellung erregten die Fahrzeuge großes Aufsehen, jetzt weniger für ihre technische Fortschrittlichkeit (da war nämlich: keine) als viel mehr für ihr Design, die Augenlider über den Scheinwerfern, die kombinierte B/C-Säule mit den Lufteinlässen, die kompakten Masse.

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© Bild: RM Auctions

Und nach Montreal?

Montreal ging vorüber, das Publikum war begeistert – aber Alfa hatte irgendwie nichts in der Hand. Ja, selbstverständlich, Serien-Produktion, doch auf welcher Basis? Und vor allem: mit welchem Motor? Der bekannte 1,6-Liter wollte nicht so recht zum Auftritt passen, auch der 1750er war irgendwie zu klein. Doch da war ja noch diese 2-Liter-Rennmaschine aus dem Tipo 33/2. Und so geschah es: in (zu) kurzer Zeit wurde der V8 auf 2,6 Liter Hubraum aufgebohrt (Bohrung x Hub 80 x 64,5 mm, beim Tipo 33/2 waren es 78 x 52,2 mm), er erhielt eine mechanische Spica-Benzineinspritzung (anstatt TwinSpark – und Spica steht für «Società Pompe Iniezione Cassani & Affini)), vier obenliegende Nockenwellen und Trockensumpfschmierung hatte er ja schon. 200 PS bei 6.500/min waren für die damalige Zeit reichlich, diese Kraft wurde über ein 5-Gang-Getriebe von ZF an die Hinterachse geleitet.

Nein, er ist nicht auseinandergefallen

Es war wahrscheinlich zu viel. Denn es musste alles etwas schnell gehen. Der Montreal, der Montreal hieß, weil er sein «Leben» in Montreal beginnen durfte, basierte weiter auf dem Tipo 105 (also Giulia, GTJ, GTV…), die Anpassungen beim Fahrwerk waren nur minimal (obwohl der Montreal mit 1.270 Kilo trocken schon ein deutlich schwerer Brocken war). Auch beim Design blieb quasi alles wie gehabt – was die Mittelmotor-Lüftungsschlitze beim Frontmotor-Auto erklärt. Und irgendwie war er winzig, der V8-Alfa: 4,22 Meter lang, nur 1,67 Meter breit. Im März 1970 stand ein erstes Exemplar – Chassisnummer 105.64 – auf dem Genfer Salon; mit der Produktion wurde dann erst im April 1971 begonnen. Immerhin: er war fein verarbeitet, der Montreal, und all die Geschichten, dass der Rost an ihm nagt und auch sonst alles auseinanderfällt, die stimmen nicht. Auch der V8 macht keine Probleme: zwar dreht er locker – und mit unvergleichlichem Klangbild – bis 7.000/min, doch er erwies sich als sehr zuverlässig.

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© Bild: RM Auctions

Kein Montreal nach Montreal

Die Presse war damals begeistert, die ersten Kunden auch. Ich auch, später, dieser Sound, wunderbarer Durchzug und das edle Innenleben. Nein, kein Sportwagen, ein echter GranTurismo, der auf längeren Strecken erst die wahre Freude machte. Außer vielleicht an der Tankstelle: der Montreal erwies sich als ausgesprochen durstig, 20 Liter durften es schon sein. Und das wurde dann auch zu seinem größten Problem, Stichwort: Ölkrise. Und so wurden bis im Februar 1977 nur gerade 3.917 Stück gebaut. Oder vielleicht auch 3.925, man weiß es nicht genau. Hübsch, übrigens: kein einziger Montreal wurde nach Montreal verkauft.

Preise gehen in die Höhe

Lange standen die Montreal wie Blei. Zwar wurden sie selten unter 20.000 Euro verhandelt, doch, eben: Alfa, V8, Gandini, sowas schenkt man ja nicht weg. Doch in den vergangenen Monaten (ja, Monaten…) stiegen die Preise heftig, für das hier gezeigte Exemplar, ein 73er, erwartet RM Sotheby’s Mitte August in Monterey schon ziemlich exorbitante 140.000 bis 180.000 Dollar. Schaumermal…

Vielen Dank für diesen Beitrag an die Kollegen von radical-classic.com