Autorevue Magazin-Archiv: Ausgabe 02/1988

Ausgabe der Autorevue vom Februar 1988 mit Cover, Editorial & Impressum

Zuletzt aktualisiert am 08.09.2020

Liebe Leserin, lieber Leser,

Zwischen Zynismus und Bestürzung bleib nur ein schmaler Bereich, und man kann sich dort gar nicht leise und vorsichtig genug bewegen. Die meisten Medien tun das nicht, sondern nützen Paris – Dakar bloß für scheinheilige Entrüstung, mit der sie ihre Sensationsberichterstattung motivieren. Typisch für diese Haltung ist, daß Paris – Dakar überhaupt nur an jenen Tagen in die Zeitung kommt, an denen „was passiert“ ist; die sportliche Chronologie wird hingegen nicht verfolgt.

Tatsache ist, daß sich Paris – Dakar als sportliches und gesellschaftliches Phänomen im Grenzbereich des Machbaren und Tragbaren abspielt. Derartige Unternehmen waren aber zu allen Zeiten von der Begleitmusik der Spießbürger zu trennen, die sich um vergossenes Blut sorgen, das ihnen höchst egal ist.

Es ist zu akzeptieren, daß in einem Zeitalter der Reizüberflutung auch im Sport Dinge passieren, die nicht mehr so recht „normal“ sind, und deren Kritiker sollten jene Toleranz anlegen, die alle verlangen, die nicht im Gleichschritt der Herde trotten.

Man möge doch bitte den großen Vorteil von Paris – Dakar gegenüber anderen Irrwitzigkeiten unserer Gesellschaft nicht aus den Augen verlieren: Jeder ist völlig freiwillig dabei. Genauso freiwillig wie unser Freund Eckhard Eybl kürzlich die Zeitung holen ging; soviel brechen sich andere Leute nicht bei zehn Paris – Dakar. Er ist ein kräftiger junger Mann mit gutem Verständnis für die Zusammenhänge und Nicht-Zusammenhänge im Leben; diese Erwähnung wird seine Heilung beschleunigen.

Ich kann auch recht genau sagen, warum ich selbst nach viermal Paris – Dakar nicht mehr dabei bin: Der Rummel und die Unpersönlichkeit der Rallye wurden im Lauf der Zeit zuviel; es wurde immer schwieriger, das Geld aufzutreiben; und drittens: ich bekam immer mehr Angst.

Kein Grund indes, Dakar insgesamt zu verteufeln. Sie finden eine hoffentlich ausgewogene Geschichte (und so grausig, wie eben Paris – Dakar im schlechtesten Fall sein kann) ab Seite 68, zusammengestellt aus dem Material der französischen Agentur SIPA.

 

Herzlichst, Ihr

Herbert Völker