Verpflichtende Fahrerassistenzsysteme: ÖAMTC-Test und Umfrage
Ab dem 7. Juli 2024 müssen neu zugelassene Kfz in der EU mit einer Reihe von Fahrerassistenzsystemen ausgestattet sein – die wichtigsten Infos im Überblick.
Ab dem 7. Juli 2024 müssen neu zugelassene Kfz in der EU mit einer Reihe von Fahrerassistenzsystemen ausgestattet sein, für neu typisierte Fahrzeuge gilt das bereits seit 6. Juli 2022. Grundlage für diese Neuerung bildet die EU-Typengenehmigungs-Verordnung. Sie zielt darauf ab, die Verkehrssicherheit zu erhöhen und Unfälle zu reduzieren. Doch wie stehen Autofahrer:innen zu diesen Systemen – und wie effektiv sind sie wirklich? Eine aktuelle Umfrage und ein Test des ÖAMTC liefern interessante Einblicke.
Fahrerassistenzsysteme: Was ändert sich ab dem 7. Juli 2024?
Ab dem 7. Juli 2024 werden folgende Fahrerassistenzsysteme für neu zugelassene Fahrzeuge (ab 6. Juli 2022 für neu typisierte Kfz) verpflichtend:
- Intelligenter Geschwindigkeitsassistent (ISA)
- Rückfahrassistent
- Notbremsassistent
- Spurhalteassistent
- Müdigkeitswarner
- Notfall-Spurhalteassistent
- Ereignisdatenspeicher (Black Box)
- Vorrichtung zum Einbau einer alkoholempfindlichen Wegfahrsperre
Es ist wichtig zu betonen, dass diese Regelung nur für Neuzulassungen gilt. Bereits zugelassene Fahrzeuge müssen nicht nachgerüstet werden.
Weitere Informationen zu den verpflichtenden Assistenzsystemen ab 2022/2024 findet ihr hier.
Fahrerassistenzsysteme im ÖAMTC-Test
Der ÖAMTC hat die laut EU-Verordnung ab 2022/2024 verpflichtenden Assistenzsysteme einem umfassenden Test unterzogen. Dabei zeigten sich sowohl Potenziale als auch Schwächen.
„Es gibt unpassende Lenkeingriffe durch Spurhalteassistenten, Verkehrszeichen werden falsch oder gar nicht erkannt. Dazu kommen Systeme, die den:die Fahrer:in ständig ermahnen, den Blick auf die Straße zu richten und dadurch stressen“, so ÖAMTC-Techniker David Nosé. Die Systeme lassen sich zwar deaktivieren, aber: „Abschalten ist keine Lösung, sondern ein verschenktes Sicherheitspotenzial“, so Nosé.
In drei Fahrszenarien hat der ÖAMTC Fahrerassistenzsysteme auf die Probe gestellt:
- Der Notfall-Spurhalteassistent wurde in ein Baustellen-Szenario geschickt: Pylonen markierten eine Fahrspur, mittig lief eine Fahrbahnmarkierung. Der Notfall-Spurhalteassistent versuchte, das Fahrzeug durch Lenkeingriffe und Warnungen innerhalb der ursprünglichen Fahrspur zu halten, wie der ÖAMTC berichtet. „Das System kann aber übersteuert werden. Nur wer das weiß, rechnet damit und reagiert richtig“, so Nosé.
- Der Rangiernotbremsassistent wurde mit einem hinter dem Fahrzeug aufgestellten Kartonwürfel getestet. Dieser wurde meistens vom System auch erkannt, eine Bremsung wurde eingeleitet. Nicht funktioniert hat dieses Assistenzsystem, wenn sich der Würfel genau im 45-Grad-Winkel befand: In diesem Fall fuhr das Fahrzeug weiter und kollidierte mit dem Würfel. „Hier gibt es technischen Verbesserungsbedarf“, so der ÖAMTC-Techniker.
- Der Notbremsassistent bremste bei verschiedenen Versuchsaufbauten und trotz zusätzlichen Umwelteinflüssen rechtzeitig. Allerdings führte eine kurze Lenkbewegung während der Notbremsung zu einem Lösen der Bremsen. Der Moment, bis das System wieder reagierte, genügte, um ein rechtzeitiges Anhalten zu verhindern.
ÖAMTC-Umfrage: Bekanntheit, Nutzung und Erfahrungen
Eine vom ÖAMTC bei Spectra beauftragte Umfrage unter 1.096 Personen liefert interessante Einblicke in die Wahrnehmung und Nutzung von Fahrerassistenzsystemen. „Ein Drittel der Befragten gab an, dass sie der Eingriff eines Assistenzsystems in einer Gefahrensituation schon einmal gerettet hat – 58 Prozent durch einen Signalton, 50 Prozent durch eine Bremsung“, so ÖAMTC-Verkehrsexperte David Nosé.
Andererseits zeigt die Umfrage auch, dass vielen Nutzer:innen falsche Warnungen auffallen (wie es auch in unseren Auto-Tests häufiger der Fall ist) – Signalton (43 Prozent) und Bremsung (41 Prozent) sind dabei etwa gleich häufig vertreten.
57 Prozent der Befragten vertrauen den Systemen. Was die Warnsignale bedeuten, wissen aber nur 44 Prozent der Fahrer:innen – das bedeutet, dass bei 56 Prozent der Nutzer:innen noch Aufklärungsbedarf besteht. Ein Grund dafür könnte die steigende Komplexität der Assistenzsysteme bei neueren Autos sein.
28 Prozent der Befragten würden die abschaltbaren Systeme bei jedem Neustart manuell deaktivieren – besonders Männer und jüngere Lenker:innen stechen hier hervor, primär, um die Kontrolle über das Fahrzeug zurückzugewinnen, wie der ÖAMTC berichtet. Aller Skeptik zum Trotz finden aber 71 Prozent der Befragten die Ausrüstung von Fahrzeugen mit Fahrassistenzsystemen modern und zeitgemäß, 65 Prozent sehen darin auch einen Gewinn für die Verkehrssicherheit. 41 Prozent befürchten hingegen höhere Reparatur- und Wartungskosten.