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Erzwingungshaft: Wen es treffen kann und wann sie verhängt wird

Erzwingungshaft: Wen es treffen kann und wann sie verhängt wird

Polizei-Bewerbungsgespräch auf bayerisch: Ab ins „Zuchthäusl“ wegen einer Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr. Was kurios klingt, ist wirklich passiert.

Veröffentlicht am 15.09.2017

Goa net pfundig: Ein Polizeibewerber schaffte es im bayerischen Schwabach bei Nürnberg beim Vorstellungsgespräch nur in die erste Bewerbungsrunde – nach Überprüfung der Personalien durfte der 24-jährige umgehend die Hafträume „besichtigen“. Allerdings nicht ganz freiwillig. Was war passiert? Der junge Mann hat weder eine Bank überfallen, noch hat er sich eine andere schwere Straftat zu Schulden kommen lassen. Die Festnahme war aber dennoch gesetzlich gedeckt, und zwar aufgrund einer „Erzwingungshaft wegen einer Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr“.

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„Erzwingungshaft“ – was bedeutet das?

Das „Gesetz über Ordnungswidrigkeiten“ (OWiG/§§ 96 ff.) regelt in Deutschland die Anordnung von Erzwingungshaft; die Vollstreckung regelt die Strafprozessordnung, kurz „StPO“. Die Haft stellt dabei keine Strafe für die begangene Ordnungswidrigkeit dar, sondern ist ein Beugemittel zur Begleichung der ursprünglich verhängten Geldbuße.

Was muss passieren, damit eine Erzwingungshaft verhängt wird?

Es ist aber ein weiter Weg, dass es wirklich so weit kommt. Wird ein festgesetztes Bußgeld, etwa aufgrund des Überfahrens einer roten Ampel, nicht an die zuständige Behörde entrichtet, kann die Durchsetzung des Bußgeldes durch ein Verwaltungszwangsverfahren bzw. durch Vollziehungsbeamte erzwungen werden. Wird aber rechtzeitig Einspruch eingelegt, wird der Bescheid einer richterlichen Überprüfung unterzogen. Wird die Geldbuße auch nach richterlichem Entscheid nicht bezahlt bzw. kein Grund für eine Zahlungsunfähigkeit übermittelt, kann das Gericht auf Antrag der Behörde eine Erzwingungshaft verhängen.

Ende der Haft

Die Zeit im „Häfn“ kann übrigens jederzeit beendet werden, indem der geforderte Geldbetrag bezahlt wird oder der Aussagepflicht nachgekommen wird – die Unterbringung in der Zelle selbst ist jedoch nicht schuldbefreiend. Grund: Die Erzwingungshaft gilt eben nur als Zwangmittel, das den Willen des Betroffenen brechen soll (und er somit seine Geldschuld bezahlt).

Bewerbungsgespräch mit glimpflichem Ende

Übrigens: Auch der 24-jährige Polizeibewerber in Bayern entschied sich dann letztlich doch dafür, die ausstehende Geldbuße zu begleichen und konnte wieder nach Hause gehen. Ob er zur nächsten Bewerbungsrunde eingeladen wird, ist uns bisher nicht bekannt.