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Fiat Multipla: Geschichte, Varianten, Ausstattung [Modellübersicht]

Fiat Multipla: Geschichte, Varianten, Ausstattung [Modellübersicht]

Man liebt ihn, oder man hasst ihn – dazwischen ist nichts. Der Fiat Multipla wird in erster Linie auf sein polarisierendes Äußeres reduziert. Schade eigentlich, denn der kann noch viel mehr.

Veröffentlicht am 18.12.2023

„Elefantenrollschuh“, „Glaskasten mit Speckfalte“, „Fiat Ugly“: Der 1999 vorgestellte Fiat Multipla musste sich wahrlich wenig schmeichelhafte Spitznamen gefallen lassen. Das sogar als „Designunfall“ titulierte Äußere der Familienkutsche hat die Autowelt tief gespalten. Die Kür zu einem der „hässlichsten Autos der Welt“ (Der Spiegel, 2009) bzw. zum „peinlichsten Auto aller Zeiten“ (Autobild Online, 2011) sind nicht gerade Lorbeeren, auf denen man sich ausruhen könnte.

Dabei war die ursprüngliche Intention – ein Großraum-Van mit 3×3 Sitzen für Familien mit viel Platz – durchaus Vorreiter für heutige Großraum-Modelle. Anfangs galt der Fiat Multipla sogar als Antwort auf die wachsenden sozialen, ökonomischen und ökologischen Probleme der Automobilindustrie im 21. Jahrhundert. Trotzdem fand der Rollschuh seine Käufer – das Modell wurde zehn Jahre lang gebaut.

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Modellreihen

Fiat Multipla (1999 – 2004)

Über das Design lässt sich wahrlich streiten – mit der abgesetzten Leiste unter der Frontscheibe, in der sich die Scheinwerfer für das Fernlicht sowie das Fiat-Logo befinden, war der Multipla jedenfalls auf den ersten Blick zu erkennen. Aber auch im Innenraum gab es einige Auffälligkeiten: sechs Einzelsitze verteilten sich auf zwei Reihen, der vordere mittlere Platz konnte durch eine Multifunktionsbox mit Kühlfunktion ersetzt werden. Der Multipla war Fiats erstes Modell auf dem Space-Frame-Konzept, das eine hohe Fertigungsflexibilität ermöglicht und später für die Produktion des Fiat Stilo und des Fiat Bravo übernommen wurde.

Der Look des Fiat Multipla scheidet die Geister
© Bild: Werk

Auch die Motorisierung war innovativ: neben einem Benzin- und einem Dieselmotor stand auch eine erdgasbetriebene Variante mit vier Druckflaschen am Wagenunterboden im Programm. Die „BiPower“ genannte Hybrid-Motorisierung vereinte Erdgas und Benzin. Das Leistungsspektrum reicht vom 66 kW (90 PS) starken BiPower-Hybrid bzw. Gas-Motor bis zum 88 kW (120 PS) leistenden Vierzylinder-Dieselmotor. Alle Motorenvarianten treiben mittels 5-Gang-Schaltgetriebe die Vorderachse an. Mit Beschleunigungswerten zwischen 12,2 und 16 Sekunden von 0 auf 100 km/h ist der knapp 1,3 Tonnen schwere Designunfall nicht gerade ein Rennpferd. Dafür fiel der Multipla mit einem Startpreis von etwa 16.000 Euro bei Modellstart für das gebotene Platzangebot vergleichsweise günstig aus.

Wer sich dennoch für den Multipla als Familiengefährt entschieden hat, sitzt nicht unbedingt im sichersten Auto. Die drei von fünf vergebenen Sternen beim NCAP-Crashtest resultieren nicht nur aus einer mittelmäßigen Fußgängersicherheit, sondern vor allem auch aus einer nur durchschnittlichen Insassensicherheit.

Viele Verarbeitungsmängel an Motor, Auspuffanlagen und Elektrik trüben das Gesamtbild zusätzlich. Typische Schwachstellen finden sich an Zahnriemen, Lichtmaschinen, Kraftstoffsystem, Getriebe, Fahrwerk und Auspuffanlage. Die Erdgastanks der BiPower-Modelle müssen nach zehn Jahren erneuert werden.

Fiat Multipla Facelift (2004 – 2010)

Mit einem umfassenden Facelift wollte Fiat 2004 das Ruder herumreißen. Die abgesetzte Leiste der Frontpartie verschwand in einem gewöhnlichen Wasserfall-Design. Die Heckpartie wurde geringfügig überarbeitet, behielt aber die rundlichen Formen. 2006 wurden neue Stoffe und eine überarbeitete Instrumentengrafik eingeführt, der Dieselmotor erhielt etwas mehr Power. Die Preise wurden gegenüber der Erstserie nur moderat angehoben. Die Verarbeitungsqualität legte mit dem Facelift zu.

Der Fiat Multipla post-facelift
© Bild: Werk

Fiat Multipla 6×6 (ab 2024)

Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums könnte der Fiat Multipla 2024 ein Revival erleben. Die Fiat-Abteilung „Heritage“, die sich mit dem historischen Erbe von Alfa Romeo, Fiat, Lancia und Abarth  beschäftigt, entwickelt offenbar ein einzigartiges Einzel- und Sammlerstück mit der Bezeichnung „Multipla 6×6“. Das Modell mit quietschbunter Farbgebung ist eine Hommage an die sechs von Designer Giolito bei Modellentwicklung gezeichneten „Spezies“ (im heutigen Marketing-Sprachgebrauch würde man sie „Personas“ nennen), die sich auch im Innenraum des Fahrzeugs wiederfinden.

Der Fiat Multipla 6x6
© Bild: Werk

Häufig gestellte Fragen zum Fiat Multipla

Wie lange und wo wurde der Fiat Multipla gebaut?

Der Fiat Multipla wurde 1999 vorgestellt und bis inklusive 2010 gebaut. Die Verbrenner-Versionen wurden in der Turiner Fiat-Fabrik Mirafiori gefertigt, die BiPower-Modelle in der Alfa Romeo Fabrik Arese in Mailand.

Wer hat den Fiat Multipla designt?

Das ungewöhnliche Designkonzept stammt von Roberto Giolito, der Fiat Multipla war nach dem Fiat Downtown eines seiner ersten Entwürfe für Fiat. Als späterer Fiat-Designchef zeichnete der Italiener allerdings auch für den Verkaufsschlager Fiat 500 verantwortlich.

Wie groß ist der Kofferraum des Fiat Multipla?

Das Kofferraumvolumen der zweiten Generation des Fiat Multipla liegt bei 430 Litern bei aufgeklappter Rücksitzbank. Wird diese umgelegt, erhöht sich das Ladevolumen auf 1.300 Liter.

Welche Auszeichnungen hat der Fiat Multipla erhalten?

Die polarisierende Optik des Fiat Multipla spiegelt sich auch in den zahlreichen Auszeichnungen wider, die dem Multipla verliehen wurden. Während „hässlichstes Auto der Welt“ und „peinlichstes Auto aller Zeiten“ die eine Seite des Spektrums abbilden, wurde das Auto aber auch mit den Awards „Car of the Year“, „Best Family Car“, „Best MPV“ und „Used Car of the Year“ ausgezeichnet. Die erste Version des Multipla BiPower wurde 1999 im Rahmen der Ausstellung „Different Roads. Automobiles for the Next Century“ im Museum of Modern Art in New York als eines von neun innovativen Automobilen präsentiert, die die Antwort auf die wachsenden sozialen, ökonomischen und ökologischen Probleme im 21. Jahrhundert sein sollten.

Fazit

Wer einen Fiat Multipla fährt oder fahren will, muss sich auf bissige Kommentare gefasst machen. Auch wenn das Innenraumkonzept mit großem Platzangebot und drei vollwertigen Sitzen in der ersten Reihe durchaus überzeugt, die Optik ist nicht jedermanns Sache. Modelle ab dem Facelift 2004 sind deutlich unauffälliger und zuverlässiger als die erste Generation. Wer sich dennoch darüber traut – gebrauchte Modelle sind schon für sehr wenig Geld zu bekommen. Gebaut wird der Multipla schon seit 2010 nicht mehr.