Modernsein als Business und Lebensprinzip: Im Q6 e-tron findet sich dieses widerspruchsfrei verwirklicht. Und das Beste: ganz ohne Nervenzerrüttung.
Man muss sich nur daran gewöhnen, vor dem Losfahren nicht den Startknopf zu drücken, denn damit schaltet man das beim Einsteigen immer schon eingeschaltete Auto wieder aus.
Apropos Knopf: Es gibt am Lenkrad die Favoritentaste – diese einmal gedrückt, und weg ist der Tempolimitwarner. Keine weiteren Formalitäten. Wir kennen sehr wenige andere Marken, wo einmal was drücken reicht (das können übrigens alle Audis, im Gegensatz zu unserer sozusagen rechtsgrundlosen und also verwerfbaren Mäkelei am Q7 im letzten Heft). Sonst nämlich: Mindestens zweimal ist schon super. Dreimal gut, viermal Standard. Natürlich lauter unterschiedliche Tasten und Icons.
Diese beiden Beispiele zeigen zwei wesentliche Eigenschaften des Q6 e-tron: Er ist ultramodern und gleichzeitig erfreulich menschenfreundlich. An sich schließen diese beiden Eigenschaften einander aus. Hier nicht. Wir verbuchen das als Verdienst.
Und wir haben einige Zeit gewartet auf dieses Auto. Probleme mit dem Software-hersteller und der von ihm hergestellten Software haben sowohl den Q6 als auch den technischen Bruder Porsche Macan drei Jahre lang am Fortkommen behindert. Da geht der Generalverdacht gleich in Richtung: Sind das jetzt – vom technischen Entwicklungsstand her – drei Jahre alte Autos, die uns als neu verkauft werden? Das können wir nicht bis in unsichtbare Details hinein beurteilen, aber der Eindruck weist sehr ins Gegenteil.


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© Andreas RiedmannDer Q6 e-tron bringt das Kunststück zuwege, nicht wirklich groß zu sein, aber auf der Autobahn zu fahren, als wäre er es. Satt und gelassen. Wir hatten im Testwagen das Tech-pro-Paket an Bord, mit adaptivem Luft-fahrwerk, also das Maximum an Fahrwürde mit akkurater Lenkpräzision und feinem Wegdämpfen von Unebenheiten. Keine SUV-Härten, ebenso kein SUV-Schwanken. Es gibt optional auch ein Sportfahrwerk, für das wir eher keine Notwendigkeit sehen.
Die Laut- und Vibrationslosigkeit des Elektroantriebs trägt natürlich das ihre zu allem bei. Wir haben hier den Allradler mit maximal 387 PS. Die Ersparnis von 5.000 Euro führt zum Heckgetriebenen mit 60 PS weniger, also genau genommen zu keinem Verzicht (bis April ist kein Schnee vorausgesagt, für danach ist die Prognose noch unsicher).
Einen großen Wurf finden wir an der Stromfront. Da wäre einmal die 800-Volt-Architektur mit theoretisch sehr schnellen Ladeleistungen bis 270 kW, also deutlich mehr als die meisten Mitbewerber. Wie schnell es dann wirklich geht, ist eine Einzelfallentscheidung.


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© Andreas RiedmannSeltsam ist, dass beim Einschalten von AC die Reichweite um 100 km sinkt, beim Ausschalten ist sie wieder 100 km höher. Im Winter wird der Effekt mit der Heizung ähnlich sein. Immerhin bleibt trotzdem genug über.
Wir haben über die Distanz das untere Ende der Verbrauchsspanne erreicht, 17 kWh, was freilich auch nur am unteren Ende der Sportlichkeitsspanne möglich ist. Autobahntempo 120 bis 130 macht den Schnitt nicht kaputt. Bewegt man sich unaggressiv und vorausschauend, wird man wenig Strom verbrauchen.
Sehr besonders wirkt das oben und unten abgeflachte Lenkrad. Was den Effekt betrifft, ist zu sagen, es stört nicht. Noch besonderer ist, dass die Lichtschalter (Scheinwerfer--Steuerungselemente) im Bedienungsfeld in der Tür sind. Da man eh immer auf automatisch hat, ist in Wahrheit egal, wo die sind (ist aber eine nette Abwechslung). Am Lenkrad haben wir Touchslider, wie sie VW nach Kundenbeschwerden jetzt nicht mehr so mag, der sehr gut gemeinte Lautstärke--Drehregler ist gerade so weit vom Fahrer entfernt, dass man sich vorbeugen muss.
Die zwei Kleinigkeiten können das Wohlfühlen an Bord nicht stören. Sehr gute Platzverhältnisse und Ergonomie tragen dazu bei – so wie die eher überdurchschnittliche Selbsterklärungskompetenz des ganzen Infotainments: Wir fühlten uns von diesem Auto behandelt – wie Erwachsene. Das ist heute schon was Besonderes, danke!
Shortcut
Was wir mögen
Wie der Q6 von großen und von kleinen Autos jeweils das Beste extrahiert.
Was uns fehlt
Etwas mehr richtige Haptik bei den Lenkradfernbedienungen.
Was uns überrascht
Wie man sich jetzt schon ein ganzes Wochenende in Niederösterreich herumtreiben kann, ohne sich Gedanken über den Strom zu machen.
Perfekt, wenn …
... man lebensnahe E-Mobilität will (und allerdings dafür auch was ausgeben kann).
Die Konkurrenz
BMW iX3, Mercedes EQE SUV, Kia EV6, Hyundai Ioniq 5, Porsche Macan, Škoda Enyaq, Tesla Model Y, VW ID.5 GTX.
Daten Audi Q6 e-tron quattro Business
Preis € 64.920,–, NoVA 0 %
Basispreis € 59.990,– (Performance)
Motor, Antrieb Zwei E-Motoren (Asynchronm. v., permanent-erregter Synchronm. h.), zweistufig übersetztes 1-Gang-Getriebe, Allradantrieb.
Leistung, Drehmoment Dauerleistung 120 kW (163 PS), Spitzenleistung 285 kW (387 PS), 855 Nm.
Batterien 100 kWh (94,9 kWh netto).
Fahrleistungen 0–100 km/h 5,9 sec, Spitze 210 km/h, Normverbrauch 17,0–19,4 kWh/100 km. Testverbrauch 17 kWh/100 km, elektrische Reichweite 540–625 km.
Dimensionen 5 Sitze, L/B/H 4771/1965/1665 mm, Kofferraum 514–1517 l (plus Frunk 64 l). Reifen 235/65 R18.
Gewichte Leergewicht 2425 kg, Zuladung 540 kg, Anhängelast 750–2400 kg.
Sicherheit Euro NCAP *****/91/92/81/80 % (2024).
Ausstattung LEDs, Ambientelicht, Navigation, Einparkhilfe h., Virtual Cockpit Plus, elektr. Gepäckraumklappe, Tempomat, 3-Zonen-Klima, Sitzheizung v., Ausstiegswarnung, Wärmepumpe, zweiter Ladezugang, Kreuzungsassistent etc.
Extras Phone-Box € 346,–, rote Bremssättel € 403,–, 20"-Räder € 3.036,–, Tech-pro-Paket (OLED-Heckleuchten, adaptives Luftfahrwerk, Assistenzpaket Fahren und Parken plus, adaptiver Tempomat etc.) € 10.783,– etc.


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Preis ab € 59.988,–
Motor: Ein E-Motor, 286 PS Spitzenleistung, Heckantrieb.
Vier Zentimeter kürzer als der Q6 und auch kein SUV-Coupé, aber was ist das schon? Mehr ins Gewicht fällt schon die relativ kleine Batterie mit 73,8 kWh Kapazität, macht rund 470 km maximale Reichweite.
Mercedes EQE 350 SUV 4Matic


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Mercedes EQE 350 SUV 4Matic
Preis ab € 85.990,–
Motor: Zwei-E-Motoren, 292 PS Spitzenleistung, Allradantrieb.
Elf Zentimeter länger als der Q6 und mit seiner E-Klasse-Polstrigkeit eine Nuance darüber angesiedelt. Dafür weniger Leistung und weniger Reichweite. EQE gibt’s aber auch mit 625 PS und um 136.000 Euro.