Leihwagen nach unverschuldetem Unfall: Anspruch auf Kostenersatz?
Fremdverschuldeter Unfall, das Auto in der Werkstatt: Ein Leihauto ist die naheliegende Lösung. Aber wer bezahlt dafür?
Die Kommunikation mit der Versicherung, der Werkstatt und im Streitfall mit der Rechtsberatung: Der Ärger und Aufwand nach einem Unfall sind meist groß, selbst ohne Personenschaden. Da die tägliche Routine samt regelmäßiger Autofahrten dennoch weiterlaufen muss, ist ein Leihwagen die naheliegende Lösung.
Bei einem fremdverschuldeten Unfall würde es nur gerecht erscheinen, dass zum fremdverschuldeten Ärger zumindest die Kosten für das Leihauto nicht selbst zu berappen sind. In Österreich ist das aber, bis auf wenige Ausnahmen, nicht der Fall: Auch bei klarem Fremdverschulden müssen ein Leihwagen aus eigener Tasche bezahlt werden. Wir haben recherchiert, warum das so ist.
Keine Kostenübernahme für Leihauto nach fremdverschuldetem Unfall in Österreich
Diese Regelung hängt mit der Variante der eigenen (und nicht der gegnerischen) Haftpflichtversicherung zusammen. Fast alle Österreicher haben, oft ohne sich dessen bewusst zu sein, die „Variante A“ (auch „Leihwagenverzichtsvariante“ genannt) abgeschlossen. Die Prämie für diese Variante ist 20% günstiger, man verzichtet damit aber auf die Geltendmachung von Leihwagenkosten (und z.B. auch Verdienstentgang) – auch gegenüber der gegnerischen Versicherung. Und auch eine direkte Geltendmachung der Kosten gegenüber dem Unfallverursacher ist nicht möglich: Die Verzichtserklärung wirkt auch gegenüber Lenker und Fahrzeughalter.
Dieser „Spalttarif“ beruht auf einem laut ÖAMTC gesetzlich gedeckten Abkommen zwischen allen österreichischen Versicherungen.
Ausnahmen: In welchen Fällen die Leihwagenkosten übernommen werden
In den meisten Fällen wenig tröstlich, aber immerhin: Der Verzicht auf die Übernahme von Leihwagenkosten gilt nur für Fahrzeuge, die in Österreich pflichtversichert sind. Die Übernahme der Kosten steht hingegen zu, wenn der Unfall bzw. Schaden durch einen Fußgänger, eine Straßenbahn, ein Baufahrzeug oder auch ein Fahrrad verursacht wurde. Und wichtig: Wurde der Schaden durch ein Fahrzeug verursacht, das im Ausland zugelassen und versichert ist, werden die Leihwagenkosten ebenso ersetzt. Ausnahmen gibt es laut ÖAMTC auch für Fahrzeuge von Körperbehinderten.
Leihwagen-Kostenübernahme in Deutschland
Gänzlich anders wird diese Situation in Deutschland gehandhabt. Bei unseren Nachbarn werden Leihwagenkosten in solchen Fällen üblicherweise von der Versicherung übernommen. Ein paar Einschränkungen gibt es aber zu beachten: So muss sich z.B. der Zeitraum von der Beauftragung des Gutachters bis zum Abschluss der Reparatur in einem angemessenen Rahmen halten. Und wird das Auto sehr selten genutzt, stellt sich (und der Versicherung) die Sinnhaftigkeit eines Leihautos. Benötigt man das Auto nicht unbedingt täglich, kann anstelle eines Leihautos auch eine Nutzungsausfallentschädigung in Anspruch genommen werden.
Fazit: Recht vs. gerecht
Die Kostenübernahme für ein Leihauto nach einem fremdverschuldeten Unfall mag gerecht erscheinen, deckt sich aber nicht immer mit dem Recht bzw. nicht mit der Leihwagenverzichtsvariante. Stefanie Oswald von der Rechtsanwaltskanzlei Pflaum Karlberger Wiener Opetnik: „Der OGH hat sich mit der Rechtmäßigkeit dieser Regelung bereits beschäftigt und ist zum Schluss gekommen, dass der „Spalttarif“ nicht gegen die guten Sitten gemäß § 879 ABGB verstößt.“ Unser Tipp: Einige Werkstätten bieten – besonders Stammkunden – ein Leihauto für die Dauer der Reparatur zu günstigen Konditionen oder gar kostenlos an. Durch Nachfragen bzw. mit ein wenig Verhandlungsgeschick können damit einige hundert Euro gespart werden.