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Ab wann ist man zu alt zum Autofahren?

Ab wann ist man zu alt zum Autofahren?

Wir alle wünschen uns, im hohen Alter mobil zu sein. Aber sollte es dennoch eine Altersgrenze beim Autofahren geben? Was spricht dafür? Was dagegen?

Christian Gaisböck
Veröffentlicht am 04.01.2024

Während Fahranfänger in punkto Verkehrssicherheit medial immer wieder im Fokus stehen und auch von Maßnahmen auf politischer Ebene betroffen sind, gibt es am anderen Ende der Alters-Skala, bis auf einige wenige (eher theoretische) gesetzliche Einschränkungen, praktisch kein Limit. Die Diskussionen darüber sind allerdings in den letzten Jahren verstärkt aufgeflammt. Die EU-Kommission wälzt immer wieder Änderungen in dieser Hinsicht – wie beispielsweise Fahreignungstests für ältere Menschen oder auch pauschale Fahrverbote.

Wäre eine Altersgrenze sinnvoll?

Gleicht die Erfahrung altersbedingte Schwächen im Straßenverkehr aus, oder gibt es tatsächlich eine Altersgrenze, ab der auf das Autofahren verzichten oder es verboten werden sollte? Wir haben die Argumente beider Seiten für euch zusammengefasst.

Argumente gegen eine Altersgrenze

  • Das Alter sagt nur bedingt etwas über die Zurechnungsfähigkeit oder die körperliche Fitness aus, die notwendig ist, um ein Fahrzeug sicher lenken zu können. So ist es nicht mehr ungewöhnlich, dass auch ein/e beispielsweise 80-jährige/r Autofahrer/in sowohl geistig als auch körperlich fit und vital ist, wie es so mancher Jungspund mit 30 Jahren nicht mehr ist.
  • Auch älteren Menschen sollte das Recht auf Mobilität eingeräumt werden. Gerade im ländlichen Raum stellt das Auto oft das einzige Fortbewegungsmittel dar, um größere Strecken zu überwinden – und somit auch, um Dinge des täglichen Lebens wie z.B. Einkäufe zu erledigen, oder soziale Kontakte aufrecht zu erhalten.
  • Es gibt ohnehin bereits den gesetzlichen Grundsatz, dass man ein Fahrzeug nur dann lenken darf, wenn man (sinngemäß) Herr seiner Sinne und seines Körpers ist. Damit ist die Situation gesetzlich eindeutig geregelt und bedarf keiner weiteren Verschärfung.
  • Erfahrung spielt gerade im Straßenverkehr eine wichtige Rolle, um sicher von A nach B zu kommen. Und diese Erfahrung ist eben bei älteren Verkehrsteilnehmern im Normalfall einfach höher als bei Fahranfängern / jüngeren Fahrern.

Argumente für eine Altersgrenze

  • Auch wenn es eine Gesetzgebung diesbezüglich gibt: Faktisch wird die Verkehrstüchtigkeit (speziell im Hinblick auf das Alter) wohl kaum kontrolliert. Ein Entzug der Fahrerlaubnis bzw. eine Kontrolle der Fahrtauglichkeit wenn es bereits zu spät und z.B. ein Unfall passiert ist, ist eben zu spät.
  • Es gibt gewisse Alterserscheinungen beim Menschen, die sich oftmals nicht beeinflussen lassen und auch nicht ignoriert werden sollten. So ist es einfach Fakt, dass die Reaktionsschnelligkeit mit dem Alter abnimmt.
  • Das „Recht auf Mobilität“ lässt sich auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln umsetzen. Gerade wenn man im höheren Alter nicht mehr berufstätig ist, kann es einem zugemutet werden, die notwendigen Erledigungen nach den öffentlichen Verkehrsplänen zu richten.

Wer verursacht mehr Unfälle?

Fahranfänger oder ältere Verkehrsteilnehmer?

Daten der „Statistik Austria“ weisen für Personen über 70 Jahre bessere Ergebnisse in punkto Unfallhäufigkeit und Verkehrstote aus als z.B. für Lenker zwischen 20 – 29 Jahre.

Unfallhäufigkeit in Relation zu gefahrenen Kilometern

Um zu einem halbwegs objektiven Ergebnis zu kommen, sollte aber auch die Unfallhäufigkeit in Relation zu den gefahrenen Kilometern der Altersgruppen berücksichtigt werden.

Und hier zeigen diverse Studien aus den USA, dass statistisch betrachtet ein 80-jähriger Verkehrsteilnehmer pro einer Milliarde gefahrener Kilometer 20 Todesopfer verursacht, eine Frau Mitte 30 hingegen „nur“ drei Tote.

Unfallursachen

Die Unfallursachen unterscheiden sich bei den ganz Jungen und den ganz Alten klar: Während jüngere Verkehrsteilnehmer häufiger Unfälle durch überhöhte Geschwindigkeit verursachen, sind bei den älteren Verkehrsteilnehmer andere Gründe ausschlaggebend, wie z.B. Vorfahrtsfehler.

Fazit

Eine schärfere Gesetzgebung gegenüber älteren Verkehrsteilnehmern, die dann eventuell aus Ressourcenmangel ohnehin nicht oder nur wenig in der Praxis umgesetzt wird, führt auch nicht zum Ziel. Viel mehr ist auch hier der Appell an alle Autofahrer, ob jung oder alt, angebracht: Bitte sich selbst eingestehen, wenn man sich körperlich oder geistig nicht (mehr) 100% in der Lage fühlt, ein Fahrzeug sicher zu lenken. Im Zweifelsfall kann und soll dazu z.B. auch ein Arzt zu Rate gezogen werden – denn die Selbsteinschätzung ist diesbezüglich leider oftmals eine Selbstüberschätzung.