Die Geschichte des ABS
Dem ABS (Antiblockiersystem oder auch: ABV/Automatischer Blockierverhinderer) verdanken unzählige Menschen ihr Leben. Aber seit wann wird es eigentlich verbaut und wer war der erste?
Das Anti-Blockiersystem (ABS) – eine geniale Erfindung. Aber wozu dient es? Und wie funktioniert es? Die Aufgabe des ABS: Die maximale Bremsverzögerung bei einem starken Bremsvorgang zu erreichen, ohne dass die Ränder zu blockieren beginnen. So kann die Kontrolle über ein Fahrzeug auch während einer Vollbremsung behalten werden. Das klappt, indem der optimale „Bremsschlupf-Wert“ erreicht wird.
Wie funktioniert das ABS?
- 100% Bremsschlupf bedeutet: Räder blockieren.
- 20% Bremsschlupf bedeutet: Das Fahrzeug legt einen Meter Weg zurück, während die Räder nur 0,8 Meter abrollen.
- Zwischen 8-25 % Schlupf (je nach Zustand von Reifen und Fahrbahn) wird die maximale Bremsverzögerung erreicht, ohne dass die Räder blockieren. Und genau für diesen optimalen Bremsschlupf-Wert sorgt das ABS durch wiederholtes Anheben und Absenken des Bremsdruckes während eines starken Bremsvorgangs.
- Eine genauere Erklärung der Funktionsweise des ABS findet ihr hier
Seit wann gibt es ABS und wer hat es erfunden?
Die Geschichte des ABS beginnt bereits im Jahre 1903, da wurde das erste Patent auf einen Bremskraftregler beantragt, und zwar vom Franzosen Paul Hallot. Dieses war allerdings für Eisenbahnfahrzeuge gedacht und ausgestellt. Der Deutsche Karl Wessel erhielt schließlich 1928 ein Patent (Nr. 492799) auf einen Bremskraftregler für Kraftfahrzeuge, eine Umsetzung in die Praxis gelang damit allerdings noch nicht. Das schaffte dann Bosch einige Jahre später, im Jahr 1936, mit dem Patent auf eine „Vorrichtung zum Verhüten des Festbremsens der Räder eines Kraftfahrzeuges“. Allerdings war auch diese Version noch nicht wirklich überzeugend, bestand es doch aus über 1000 Teilen und war somit sehr unhandlich, darüber hinaus funktionierte es noch nicht wirklich verlässlich (Anm. und außerdem wäre die Abkürzung VzVdFdReK, dann doch eher holprig dahergekommen).
In welchem Fahrzeug wurde erstmals ein (mechanisches) ABS verbaut?
Es dauerte dann noch bis 1966, bis das erste Auto mit einem mechanischen ABS (Maxaret-System von Dunlop) vorgestellt wurde – und zwar im Jensen FF, einem Luxuscoupé des englischen Kleinserienherstellers Jensen. (Übrigens auch das erste Serienauto mit permanentem Allradantrieb). In dieser Zeit gelang es auch, die Anzahl der Systemkomponenten auf etwa 140 Teile zu reduzieren und die Elektronik mit ins Spiel zu bringen – und somit die entscheidende Trendwende in Richtung Serienreife zu erreichen.
Premiere auf der IAA
1969 wurde das erste elektronisch gesteuerte Anti-Blockiersystem auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt vom Autozulieferer ITT Automotive vorgestellt. Im selben Jahr war es dann soweit: Der erste Autokonzern rüstete ein Fahrzeugmodell mit einem elektronischen ABS-System namens „Sure-Track Brake System“ aus, und zwar Ford.
Serienfähiges elektronisches ABS
Als erster Hersteller bot Ford 1969/70 optional ein ABS für die angetriebenen Hinterräder des „Lincoln Continental Mark III“ an, ebenso der Ford Thunderbird konnte damit ausgestattet werden. Während Citroën 1970 an der Markteinführung des Teldix-ABS (Teldix für Telefunken – Bendix) wegen finanzieller Probleme scheiterte, zog GM mit der nun bereits von Ford bekannten technischen Lösung nach – der Cadillac und der „Oldsmobil Tornado“ wurden ebenso damit ausgestattet.
Der nächste Meilenstein: ABS für alle 4 Räder
1971 dann die nächsten technischen Pionierleistungen, das erste elektronisch geregelte ABS, welches auf alle vier Räder wirkte. Zu finden war dieses beim US-Autobauer Chrysler (optional im Luxus-Modell „Imperial“) und beim japanischen Autohersteller Nissan, der dies in seinem Topmodel „President“ anbot.
„ABS“ wird zur Marke
Bosch wiederum brachte sein serienfähiges ABS 1978 auf den Markt und ließen den Begriff „ABS“ in diesem Zusammenhang auch rechtlich als Marke schützen. Der erste Einbau von Bosch-AB-Systemen erfolgte in der S-Klasse W 116 optional gegen Aufpreis, was auch in der ersten Generation des 7er BMWs möglich war. Erst 1987 war auch Volkswagen mit im ABS-Spiel und bot gegen (teils hohe) Aufpreise den Golf II, Passat III und den Transporter T3 mit ABS an.
Damalige Aufpreise für ABS
Während heute für ABS niemand mehr bereit wäre, einen Aufpreis zu bezahlen, war das Ende der 80er, Anfang der 90er noch gänzlich anders: So musste man etwa bei VW für den Golf 1.800 DM auslegen, um ABS mit an Bord zu haben, für den Passat 2.200 DM und für den Transporter gar 3.720 DM.
ABS serienmäßig und ohne Aufpreis
Während andere Autohersteller noch Jahre später ABS nur gegen Aufpreis anboten, war 1984 wieder Ford der erste Autohersteller, der ABS im Großserien-Pkw Ford Scorpio serienmäßig verbaute.
ABS heute
Zwar wurde und wird bis heute an weiteren technischen Verbesserungen an den AB-Systemen getüftelt, das Grundprinzip der oben beschriebenen Funktionsweise ist aber nach wie vor gültig. Und während das ABS vor wenigen Jahrzehnten nur gegen Aufpreis als Extra erhältlich war, ist spätestens mit 1. Juli 2004 dieses System nicht mehr aus unseren Autos wegzudenken. Seit diesem Tag gilt die Selbstverpflichtung der europäischen Automobilindustrie (ACEA), (sinngemäß) alle Autos serienmäßig mit ABS auszustatten, auch die japanischen Automobilverbände haben sich dieser Verpflichtung unterstellt.