
Werner Hölbl, Gast in der allerersten autorevue, zeichnete für Opel, Fiat, OSI und anfangs auch in eigenem Namen, er schuf eine Kleinserie auf Puch-Basis und dann vor allem Ferngläser.
Hölbls Karriere und seine Bedeutung im Design
Bis zuletzt zeichnete Werner Hölbl (1941–2021) klassisch, also ohne Computer, und seine Auftraggeber gönnten ihm diese kleine Schrulle gerne. Obwohl seit 2005 in Pension, blieb Hölbl seinen Auftraggebern treu, und umgekehrt: Er zeichnete Ferngläser für Swarovski (was ihm und der Firma zweimal den Red Dot Award einbrachte), entwarf Pumpen, Traktoren, Laborgeräte, Eisenbahnen, die Kleinlastwagen der Wiener MA42. Mehrmals wurden die Minister Staribacher, Schüssel oder Bartenstein mit Staatspreisen vorstellig.
Die ersten beruflichen Schritte und Wendepunkte
Dass Werner Hölbl das in Österreich noch junge Fach des Industriedesigns bespielen würde, war allerdings in seinen ersten Berufsjahren nicht zu erkennen. Da pflegte er nämlich einen klaren Hang zu Autos, aber anders, als es die Familie für ihn vorgesehen hatte: Sein Vater betrieb eine Karosseriebaufirma in Wien, freilich sollte der Sohn den Betrieb einmal übernehmen. Der aber bemerkte, dass er Autos lieber entwerfen als bauen wollte, und erkannte flugs die Vorteile des väterlichen Berufes – die Frage, wer die Entwürfe des Sohnes auf die Räder stellen sollte, ließ sich familienintern klären.
Trotzdem absolvierte Werner Hölbl 1959, nach der Matura, die Karosseriebaulehre, früh zog es ihn auch nach Italien. Das Praktikum absolvierte er bei Monterosa in Turin, er ließ nach der Gesellenprüfung ab 1961 die künstlerische Ader an der Akademie für angewandte Kunst von der Leine und schrieb sich mit seiner Abschlussarbeit in die österreichische Autogeschichte ein: Mit der Coupé-Karosserie auf Puch-Basis, wahrlich keine leichte Aufgabe für einen jungen Mann Anfang 20. Aber die Prüfungskommission erlaubte, den elterlichen Betrieb für die Fertigung der Karosserie zu nutzen, der Vater bezahlte die Herstellung der fürs Dengeln des Bleches nötigen Holzformen in Italien – die 80.000 Schilling hätten auch zwei VW Käfer eingebracht.


Der internationale Erfolg und der Weg zu Opel
Es lag also nahe, gleich auf Serienfertigung zu zielen. Mit Ludwig Liedl aus Graßlfing fand sich ein deutscher Importeur, ein Foto zeigt den Adria TS an einem kleinwagenmäßig dimensionierten Messestand, aber es wurde nichts draus: Steyr Daimler Puch und Fiat Neckar in Deutschland spielten letztlich doch nicht mit, es blieb also bei der Kleinserie made in Vienna.
Werner Hölbl hingegen wollte als Autodesigner ins Ausland, am liebsten zu Chrysler in die USA. Ein väterlicher Freund der Familie allerdings, Generaldirektor von Fiat Österreich, pflegte gute Kontakte zu GMs Designchef Bill Mitchell, der österreichische Weg wirkte bis in die USA und retour nach Rüsselsheim: Opel engagierte den jungen Designer für das Advanced Design Studio, quasi das Epizentrum hoch fliegender Träume. Studioleiter Murat Nasr erwies sich als hervorragender Mentor, Hölbl zeichnete am Opel GT mit und gestaltete den C-Rekord zum Coupé um. Er durfte bei seinem Freund Jochen Rindt wohnen, als Gegenleistung erledigte er dessen Fanpost, täuschend ähnliche Autogramme inklusive.
Der Herzinfarkt seines Vaters holte Hölbl zurück nach Wien, rechtzeitig zur Genesung des Chefs betrat ein Headhunter den Familienbetrieb, um Werner Hölbl einen Job beim Metallpresswerk OSI in Italien anzubieten. Dort wollte man nicht nur banale Haushaltsgeräte in Blech formen, sondern auch extravagante Autos, der junge Mann aus Wien möge sich bitte maßgeblich einbringen. Das neue Designstudio war in einer Villa außerhalb Turins untergebracht, die Gehaltsverhandlungen („Verlangen Sie, was Sie wollen!“) sollen flink beendet gewesen sein. Bald danach rollte der OSI Ford in rund 17.000 Exemplaren auf die Straße.


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Hölbls Rückzug und seine Werke im Industriedesign
Als OSI von Fiat aufgekauft wurde, machte sich Hölbl mit OSIs Technikchef Sergio Cattaneo selbständig, sie zeichneten für Pininfarina oder BMW, und in Österreich fiel Werner Hölbl mit einem Coupé-Einzelstück auf: Auf Basis des Fiat 1500 entstand ein betont geradliniger 2+2-Sitzer, dem Peter Nidetzky in der allerersten autorevue einen Zweiseiter widmete.
1967 wurde Hölbl schließlich von Ernst Fiala zu Audi geholt, freiberuflich, wie vom Meister gewünscht. Als ihn VW 1971 fix anstellen wollte, schlug Werner Hölbl die leitende Position aus – Selbständigkeit war ihm wichtiger, und er wandte sich von den Autos ab, um fortan das Industriedesign zu bereichern: Er zeichnete Schischuhe für Fischer, Hockeyschuhe für Canstar in Toronto, Helme für Uvex, Schibrillen für Alpina, entwarf Mikroskope für C. F. Reichert in Wien, fand schließlich in Leica und Swarovski treue Auftraggeber.
Von den 18 Adria TS dürften nur zwei überlebt haben, keiner davon im Concours-Zustand, und das war jetzt milde ausgedrückt. Das Auto unserer Geschichte, Baujahr 1964, war im Rotlichtmilieu unterwegs und erlitt 1982 einen Frontalunfall mit einem Motorrad. Dann wurde das Wrack auch noch vom Typenschein getrennt, der neue Besitzer des Autos steuerte zur Suche etliche Bordelle an, aber es half nichts: Die Papiere wurden irgendwann an ein Kleinwagenmuseum in den USA verkauft. „Um ein Schweinegeld!“, sagt Peter Peserl, heute mit seinem Vater Walter Besitzer des Adria. Die Hoffnung auf die Originalpapiere schwelt also noch, die Verhandlungen mit den USA werden wohl demnächst fortgesetzt.
Die Karosserie des Adria TS ist mittlerweile geschweißt und grundiert, dass etliche Kleinteile von Großserien-Autos stammten, wusste Peter Peserl, aber nicht, von welchen. Da zeigte sich bald der Vorteil generationenübergreifender Sammlerleidenschaft: Walter Peserl hatte ein paar Hella-Scheinwerfer für seine Projekte eingelagert, es waren exakt die gleichen. Die Blinker, stellte sich heraus, waren jene des Opel Kadett B, die Rückleuchten trug auch Alfas Giulietta, die Türgriffe kamen von Maserati. Sie waren zum Glück noch vorhanden.
Auf der Suche nach dem Designer blätterte Peter Peserl, die Geschichte liegt ja schon etliche Jahre zurück, einfach im Wiener Telefonbuch. Erfreulich schnell hob Werner Hölbl ab, zwei Treffen in dessen japanischem Lieblingsrestaurant folgten, sie brachten wichtige Erkenntnisse, Hinweise, Tipps. Beispielsweise zum Hölbl-Schriftzug an den Flanken, der dem Wrack abhandengekommen war. Die Originalskizze des Meisters hängt heute neben etlichen anderen Adria-Designzeichnungen und Fotos in der Peserl-Sammlung. Deutlich öfter als Werner Hölbls Autos wurden natürlich seine Ferngläser verkauft, und wenn seine Tochter als Mikrobiologin ein Laborgerät benützt, dann steht die Chance groß, dass dessen Design von ihrem Vater stammt. Natürlich computerfrei mit Bleistift auf Papier skizziert.
Dieser Beitrag erschien in der autorevue 3/2025.