
Autofahren im Alter: Verpflichtende Fahrtauglichkeits-Checks?
Wäre die Überprüfung der Fahrtauglichkeit ab einem gewissen Alter sinnvoll? Die Debatte flammt immer wieder auf.
Immer wieder rückt das Thema „Autofahren im Alter“ in den Fokus der Öffentlichkeit. Wann immer ein schwerer Verkehrsunfall von älteren Fahrer:innen verursacht wird, flammt die Diskussion erneut auf: Sollte die Überprüfung der Fahrtauglichkeit ab einem gewissen Alter verpflichtend durchgeführt werden?
Zuletzt wurde das Thema 2023 verstärkt diskutiert, da die EU-Kommission eine Führerschein-Reform in Betracht zieht, die auch eine Limitierung der Gültigkeitsdauer des Führerscheins auf maximal fünf Jahre für Senior:innen vorsähe. An diesem möglichen Ansatz zur Verringerung des Unfallrisikos scheiden sich aber trotzdem nach wie vor die Geister.
Was soll eine verpflichtende Überprüfung der Fahrtauglichkeit bringen?
„Ältere Pkw-Lenkende verursachen überproportional oft Pkw-Unfälle. Die meisten der tödlichen Unfälle (92 Prozent, 2015 – 2019), an denen über 84-jährige Pkw-Lenkende beteiligt waren, wurden auch von ihnen verursacht“, heißt es in der Verkehrssicherheitsstrategie 2021-2030 des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. Nach einem Unfall in Oberösterreich 2021, bei dem ein 86-Jähriger mit seinem Auto in einen Marktstand gefahren ist und dabei 13 Personen verletzt hat, war das Thema wieder einmal in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.
Klar ist: Mit fortschreitendem Alter gehen oft auch gesundheitliche Probleme einher. Häufig lassen die Sehkraft und/oder das Hörvermögen nach, aber auch eine verminderte Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit sowie Einschränkungen der Beweglichkeit können die Fahrtauglichkeit negativ beeinflussen. Dazu kommt das erhöhte Risiko für verschiedene Erkrankungen, die die Sicherheit am Steuer beeinträchtigen können.
Eigenverantwortung laut StVO
In der Straßenverkehrsordnung – StVO (§ 58, Abs. 1) ist festgehalten, dass ein Fahrzeug nur lenken darf, „wer sich in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung befindet, in der er ein Fahrzeug zu beherrschen und die beim Lenken eines Fahrzeuges zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen vermag“. Die Verantwortung dafür tragen die Lenker:innen selbst.
In der Praxis setzen sich trotzdem auch Menschen ans Steuer, die diese Voraussetzungen nicht (mehr) erfüllen. Dahinter steht nicht unbedingt ein Vorsatz: Es ist anzunehmen, dass vielen ihre Fahruntauglichkeit gar nicht bewusst ist oder sie sich diese zumindest nicht eingestehen möchten.
Abweichende Regelungen in europäischen Ländern
Ein ärztliches Gutachten, das die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nachweist, brauchen in Österreich alle Führerscheinwerber:innen. Danach wird die Fahrtauglichkeit in den Klassen AM, A1, A2, A, B und BE im Normalfall nicht mehr überprüft. Nur in Verdachtsfällen – beispielsweise nach einem Unfall – wird eventuell eine Überprüfung angeordnet.
Anders ist das bei den Klassen C, CE, C1, C1E, D, DE, D1, D1E oder anderen befristeten Lenkberechtigungen: Hier ist bei jeder Verlängerung ein ärztliches Gutachten vorzulegen. Diese Regelungen entsprechen der EU-Führerschein-Richtlinie RL 2006/126/EG.
In einigen europäischen Ländern sind darüber hinaus auch für Pkw- und Motorrad-Lenker verpflichtende ärztliche Untersuchungen ab einem gewissen Alter und in bestimmten Intervallen vorgeschrieben.
Auch in Österreich wurde die Einführung von Fahrtauglichkeits-Überprüfungen oder „Altersgrenzen“ beim Führerschein immer wieder diskutiert. Die Debatte kommt zwar immer wieder auf – dass die regelmäßige Überprüfung der Fahreignung für Führerscheinbesitzer ab einem gewissen Alter in naher Zukunft eingeführt wird, ist aber unwahrscheinlich.
Geplante Maßnahmen in Österreich
In der oben erwähnten „Verkehrssicherheitsstrategie 2021-2030“ des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie werden die in vielen EU-Ländern verpflichtenden Fahrtauglichkeits-Überprüfungen als „ineffizient und fehleranfällig“ bezeichnet.
Stattdessen finden sich in dem Papier mehrere andere Maßnahmen, die das Unfallrisiko für ältere Verkehrsteilnehmer verringern sollen. Dazu zählen etwa die „Entwicklung und Testung noch treffsicherer Maßnahmen für die Erkennung von Demenz und anderen kognitiven Einschränkungen am Steuer“, Online-Angebote zum Selbstcheck, Unterstützungsmöglichkeiten für Angehörige, die an der Fahrtüchtigkeit eines Familienmitglieds zweifeln oder auf freiwilliger Basis durchgeführte Test zur Überprüfung der eigenen „Fitness to drive”. Auch müsse insbesondere am Land sichergestellt werden, dass die Mobilität älterer Menschen durch alternative Angebote auch nach der Führerscheinabgabe sichergestellt ist.
Vorschlag der EU-Kommission
Möglicherweise werden verpflichtende Fahrtauglichkeits-Checks trotzdem bald auch in Österreich Realität. Eine von der EU-Kommission vorgeschlagene Führerschein-Reform sieht unter anderem vor, dass die Gültigkeitsdauer der Fahrerlaubnis für Personen ab 70 Jahren auf maximal 5 Jahre begrenzt werden soll. Konkret beinhaltet der Richtlinien-Entwurf folgende Passage:
„Die Mitgliedstaaten müssen die […] Gültigkeitsdauer von Führerscheinen, deren Inhaber ihren Wohnsitz in ihrem Hoheitsgebiet und das Alter von 70 Jahren erreicht haben, auf bis zu fünf Jahre begrenzen, um häufigere ärztliche Kontrollen oder sonstige besondere Maßnahmen wie Auffrischungskurse vorschreiben zu können.“
Das heißt, dass die Richtlinie keine verpflichtenden Fahrtauglichkeits-Checks vorsähe – zumindest nicht explizit. Vielmehr schüfe sie die entsprechenden Rahmenbedingungen, um derartige Maßnahmen leichter einführen zu können. Alternativ wären aber auch freiwillige Selbsteinschätzungen oder Auffrischungskurse in Einklang mit dem Richtlinien-Entwurf. Dieser kann unter diesem Link in voller Länge eingesehen werden.
Für ältere Verkehrsteilnehmer:innen gibt es die Möglichkeit, an speziellen Fahrsicherheitstrainings oder Kursen zur Stärkung der Verkehrskompetenz teilzunehmen. Auch beim Arzt kann man überprüfen lassen, ob die Fahrtauglichkeit noch gegeben ist.