Neue Mercedes A-Klasse: König von Digitalistan

Die neue Mercedes A-Klasse soll zum unumstrittenen König der Kompakten werden. Ein Technikaufmarsch soll den Putsch ermöglichen.

Veröffentlicht am 02.02.2018

Mercedes stellt sich das wahrscheinlich folgendermaßen vor: In vielen Jahren wird mal jemand fragen, wie das eigentlich alles angefangen hat, mit der Übernahme der Kompaktklasse durch die Mercedes A-Klasse, und dann werden alle antworten: Alles begann mit einem „Hey, Mercedes!“

Vierte Generation der Mercedes A-Klasse

Damit aktiviert der Fahrer in der mittlerweile vierten Generation der Mercedes A-Klasse die Sprachsteuerung. Ganz apple-esk, möchte man denken. Der Pilot erweckt mit diesem kumpelhaften Gruß eine mitlernende Software zum Leben, deren Spracherkennung neue Maßstäbe setzen soll. Sagt Mercedes. So muss nicht mehr gesagt werden, dass die Klimaanlage auf 22 Grad eingestellt werden soll – es reicht zu erwähnen, dass einem kalt sei, und das Auto reagiert entsprechend.

Neue Mercedes A-Klasse vierte Generation W177 2018
© Bild: Mercedes-Benz
Mercedes meint es also ernst, wenn sie sagen, dass der VW Golf vom Thron gestoßen werden soll.

Freilich lässt sich das Bordsystem auch noch klassisch bedienen. Wobei „klassisch“ im Fall der neuen Mercedes A-Klasse bedeutet, dass zwei Monitore zu je 10,25 Zoll betoucht und gewischt werden können und Informationen unter anderem auch über ein Head-up-Display in die Welt gebeamt werden. Das Command-System, das in vier Dimensionen gedreht, gedrückt und geschoben werden konnte/musste, flog raus. Das neue Steuerungssystem nennt sich MBUX.

Kernelement ist das Widescreen-Display, das als Instrumententafel beginnt und sich dann freistehend über die mittleren Lüftungsdüsen schwingt. Dieses Gadget ist zwar serienmäßig, lässt sich aber freilich in verschiedenen Ausführungen ordern. Entweder mit zwei 7-Zoll-Displays (17,78 Zentimeter), oder mit einem 7- und einem 10,25-Zoll-Display (26 Zentimeter). Oder eben, wie erwähnt, mit zwei 10,25-Zoll-Displays.

Kommandozentrale

Um in der Kompaktklasse die Führungsrolle übernehmen zu können, hat Mercedes mal eben den gesamten Innenraum umgebaut. Es ist der Marke also ernst damit, den VW Golf anzugreifen. Dafür wird ausden Technikregalen der E- und S-Klasse gewählt. So ist für die neue Mercedes A-Klasse alles an Fahrassistenzsystemen verfügbar, was es auch in der Oberklasse gibt (64 Ambientebeleuchtungsfarben zum Beispiel).

Damit hält der adaptive Tempomat nicht nur die Geschwindigkeit und den Abstand, sondern hilft auch gleich noch beim Lenken. Vorausschauend, wohlgemerkt. Das bedeutet, dass die Geschwindigkeit vor Kreisverkehren, Ampeln und Kreuzungen angepasst wird. Notbrems-, Ausweich- und Totwinkelassistent wirken dagegen beinahe wie eine lästige Pflicht. Die erkennen mittlerweile allerdings auch Fahrradfahrer, die sich nähern.

Vorbei am VW Golf

Doch Marktführer wird man nicht mit Technikaufmarsch und Konnektivität, sondern mit dem Gefühl daheim zu sein. Der Pilot will die Tür öffnen und sich wohl und geborgen fühlen. Keine Rätsel, keine Aufgaben, unaufgeregter Alltag muss verarbeitet werden. Um das zu erreichen, ließ Mercedes die neue A-Klasse wachsen. Um zwölf Zentimeter.

Neue Mercedes A-Klasse vierte Generation W177 2018
© Bild: Mercedes-Benz
4,42 Meter Länge bedeutet, dass selbst manch Vollwert-SUV überragt wird.

So misst der Kompakte jetzt 4,42 Meter in der Länge. Das ist beispielsweise mehr als ein Skoda Karoq (4,38 Meter Länge) und seine Konzern-Brüder, die ja unter anderem eben jene Kunden auffangen sollen, die mehr Auto haben wollen als es üblicherweise in der Kompaktklasse gibt. Ein Golf packt zwar nur 4,26 Meter Auto zwischen die beiden Nummernschilder.

Mehr Kofferraum

Erwähnenswert ist dieser Längenvergleich, weil der kürzere Golf zehn Liter mehr Kofferraumvolumen hat. Die neue Mercedes A-Klasse offeriert 370 Liter Ladevolumen. Das kann auf zwei Arten gedeutet werden. Entweder die Mercedes A-Klasse verwendet die zusätzlichen Zentimeter, um es den Passagieren möglichst bequem zu machen (das ist die Version der Mercedes-Ingenieure, die auf den Zuwachs bei Kopf- und Ellbogenfreiheit hinweisen). Oder aber der Kofferraum leidet unter der vergleichsweise sportlichen Linie des Autos. Immerhin begründet Mercedes seine Version mit Daten: So lässt sich das Plus an Schulterraum (vorn +9 mm, hinten +22 mm), Ellenbogenbreite (vorn +35 mm, hinten +36 mm) und Kopffreiheit (vorn +7 mm, hinten +8 mm) tatsächlich nachmessen. Ob dieses Wachstum auch spürbar ist, wird sich zeigen.

Apropos Ausfahrt: Zum Marktstart stehen drei Motoren zur Verfügung. Zwei Benziner (120 und 224 PS) und ein Diesel (118 PS). Weitergeleitet wird die Kraft von einer manuellen Sechsgangschaltung oder einem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. Freilich dürfte die Motorenpalette sehr schnell ausgebaut werden.

Neue Mercedes A-Klasse vierte Generation W177 2018
© Bild: Mercedes-Benz
Wer die Topversion will wird freilich tief in die Tasche greifen müssen.

Halogen gibt es gratis

Bei aller Freude über die neuen Technologien und MBUX darf nicht vergessen werden, dass für alle ein Aufpreis fällig wird. Ein Beispiel sind die Scheinwerfer. Serienmäßig verbaut Mercedes Halogenlampen. LED kostet extra. Oder auch der Tank: Serienmäßig gibt es lediglich einen 43-Liter-Tank. Die 51-Liter-Version kostet Aufpreis.

Die A-Klasse verjüngte bisher das Mercedes-Publikum. Das gehört mit durchschnittlich rund 55 Jahren traditionell zu den ältesten Neuwagenkunden (Audi liegt bei dieser Studie aus dem Jahr 2014 mit 52 Jahren auf Platz zwei, BMW mit 49 Jahren knapp über dem Durchschnitt des Gesamtmarktes). Die Kundschaft der A-Klasse ist allerdings 13 Jahre jünger als der Durchschnitt. Und das soll auch so bleiben. Und das wird auch so bleiben.

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