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Code 21

Code 21

Die Formel-1-Saison 2021: Ein Jahr des Aufbruchs, in dem vielleicht eine große Ära endet und eine andere beginnt.

autorevue Magazin
Veröffentlicht am 14.04.2021

Ein Beitrag aus der autorevue April 2021. Die aktuellen Abo-Angebote gibt es hier.

Das Jahr, in dem Aston Martin und Alpine in die Formel 1 kommen und noch einmal ein Schumacher gegen Alonso und Räikkönen fährt. Willkommen in der jetzt schon geschichtsträchtigen Formel-1-Saison 2021.

Die wichtigsten Fragen zur Formel-1-Saison 2021

Was ist der Code 21?

Formel-1-Freaks verwenden für diese Saison gerne den Begriff „Code 21“. Denn die Bezeichnung „Code Multi 21“ ist seit März 2013 ein Mythos.

Damals hatte Sebastian Vettel seinen Teamrivalen Mark Webber überholt – entgegen einer Anweisung des Red-Bull-Teams. Das hatte die Order „21“ ausgerufen. Die Vorgabe bedeutete: „Die Nummer 2 soll vor der Nummer 1 ins Ziel kommen.“ Vettel, sieges­gierig, war es egal. Er siegte und wurde wieder Weltmeister. Der sichtlich brüskierte und entnervte Webber gewann nie mehr ein Formel-1-Rennen.

Wie erzählt man die Formel 1 2021 in sechs Sätzen?

Die längste Saison aller Zeiten (23 Rennen). Die erste mit Mick Schumacher. Die vielleicht letzte von Lewis Hamilton. Die erste der Moderne mit den klassischen Sportwagenmarken Aston Martin und Alpine. Die erste nach dem Comeback von Fernando Alonso. Die letzte vor der Regelreform Anfang 2022.

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Aston Martin. Milliardär Lawrence Stroll hat aus einem Rennstall, der in 30 Jahren fünfmal seine Identität geändert hat, Aston Martin geformt. Das Ziel: heuer Platz 3, in naher Zukunft schon der WM-Titel. Neben Sebastian Vettel fährt auch Strolls Sohn Lance. © Bild: Getty Images

Was ist das Außergewöhnliche an dieser Saison?

Wegen Corona wurde die nächste große Neuformatierung der Formel 1 von 2021 auf 2022 verschoben. Das führt zu einem Kuriosum: Da die Autos (mit Ausnahme des Unter­bodens) von den Regeln her kaum anders sind als 2020, sehen wir auf der Piste eher Evolution als Revolution. Da das Jahr 2022 aber (ähnlich wie 2009 und 2014) ein Jahr der neuen Chancen ist, werden sehr viele Teams ihren Fokus (bald oder zum Teil schon jetzt) ganz auf das Auto für die nächste Saison richten.

Was ist das Wichtigste, was neben der Strecke passiert?

Die Team-Bosse müssen heuer voll bei der Sache sein. Es gilt zum einen, in Verhandlungen die Weichen für das Motorenreglement ab 2025 zu stellen. Zum anderen sind viele Fahrerfragen für 2022 unklar – und das bleiben sie, solange sich Lewis Hamilton nicht noch einmal langfristig an die Formel 1 bindet, also an Mercedes. Wird LH44 heuer Weltmeister, dann ist er mit acht Titeln und wohl mehr als 100 Siegen (aktuell: 95) auf lange Sicht uneinholbar. In dem Fall hört er vielleicht auf. Passiert das, ist die Frage, ob sich Toto Wolff mit Williams-Leihgabe George Russell seinen eigenen Superstar aufbaut – oder ob er Max Verstappen in einem spektakulären Deal zu Mercedes holen kann. Der Niederländer hat zwar noch einen Vertrag bei Red Bull Racing, könnte aber – so vermutet man – aufgrund der Tatsache, dass die Austro-Engländer sich ab 2022 selber um ihren Motor kümmern müssen, theoretisch wohl aus dem Vertrag raus.

Dominiert Mercedes auch heuer, mag die Versuchung dazu groß sein. Es kann aber auch sein, dass Red Bull heuer so gut aufgestellt ist, dass Verstappen selbst um den WM-Titel fighten kann. Und dass Max noch lange im Mateschitz-Team bleibt.

Was auch mit dem Motorenreglement ab 2025 zu tun haben wird. Wird es so gestaltet, dass ein Red-Bull-Eigenbau-Motor langfristig eine echte Chance hat oder zumindest so, dass ein potenzieller neuer Red-Bull-Partner (Stichwort: Porsche/VW-Gruppe) in die Formel 1 einsteigt? Wichtige Entscheidungen, die heuer abseits der Rennstrecken getroffen werden.

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Red Bull im Vorwärtsgang. „Seit sieben Jahren waren wir nicht mehr so gut vorbereitet“, glaubt Helmut Marko. Von 2020 auf 2021 haben sich die Autos nur in Details verändert. Daher soll das Team, zuletzt meist erst ab Saisonmitte stark, von Beginn an siegfähig sein. © Bild: Getty Images

Wieso ist es so gut wie sicher, dass Lewis Hamilton nie mehr für ein anderes Team fährt?

Dass Mercedes – wie von Toto Wolff als Erstes in der autorevue angekündigt – noch eine weitere Saison in Schwarz statt in Silber fährt, ist ein klares Statement, Hamiltons Kampf gegen Rassismus und für mehr Diversität in der Formel 1 zu unterstützen. Eine Kampagne, die weit mehr ist als ein Farbsignal. So sucht Mercedes Mitarbeiter mittlerweile auch abseits der Eliteunis ganz bewusst, um auch weniger privilegierten Jugendlichen eine Karrierechance zu bieten. Hamilton fühlt sich von Wolff und Co in seinem Anliegen ernst genommen – das bedeutet ihm viel mehr als Geld. Hamilton wird wohl als Botschafter auch nach der aktiven Zeit im Konzern bleiben.

Warum ist Toto Wolff ein Liebling der Frauen?

Nein, damit ist nicht der Kult auf Twitter gemeint, den viele von Frauen geführte Fan-Gruppen um den Österreicher betreiben. Es geht um Nachhaltigkeit. Mercedes fördert Diversität. Eine Recherche des Fernsehsender ESPN ergab, dass immerhin 117 von 1000 Beschäftigten bei Mercedes F1 Frauen sind, überproportional viele davon (31 Prozent) in führenden Rollen. Im Rennteam sind von 65 Mitgliedern vier Frauen, im Race-Support-Team in der Fabrik beträgt der Frauenanteil 20 Prozent. „Das ist ausbaufähig, wir wollen mehr Frauen zur Formel 1 bringen, auch in den technischen Abteilungen“, sagt Wolff. Andere Teams waren kaum bereit, so genaue Zahlen zu nennen: Bei Haas sind neun Prozent Frauen, bei McLaren sind fünf der 66 Mitarbeiter an der Strecke weiblich, bei Alfa fünf von 51. Alle anderen Teams gaben keine konkreten Auskünfte. Hamilton ist auch in dieser Thematik happy bei Mercedes: „Bei meinem Sieg in Spielberg 2020 kam erstmals eine Ingenieurin mit mir auf das Podest. Das sind die Momente, die wirklich wichtig sind.“

Weshalb kann Max Verstappen heuer eher Weltmeister werden als in den Jahren davor?

Salopp formuliert: Weil Red Bull Racing immer schwer in die Gänge kommt, wenn eine neue Saison beginnt – es heuer aber kaum Änderungen an den Autos gibt und man mehr als sonst am Auto vom Ende der Vorsaison aufbauen kann. Und in dieser verabschiedete sich Verstappen mit einem überlegenen Sieg in die Winterpause, die er mit seiner neuen Freundin Kelly Piquet sehr „öffentlich“ zelebrierte. Meist gemeinsam mit Kellys kleiner Tochter, deren Vater Verstappens Ex-Red-Bull-Kollege Daniil Kwjat ist. Aber wahrscheinlich ist, dass Max zu Saisonbeginn von den Society-Kolumnen als WM-Mitfavorit zurück auf die Sportseiten wechselt. Helmut Marko weiß: „Seit sieben Jahren hatten wir zu Saisonbeginn kein so gutes Paket mehr.“ Was auch an der neuen Nummer 2 im Team liegt: Sergio Pérez, der als reifenschonend und konstant gilt und dafür bekannt ist, jede Chance im Rennen zu nutzen.

Was fällt am Grid 2021 auf?

Zwei neue Teamnamen und damit neue Farben. Aus Renault ist Alpine geworden, aus Jordan – Midland – Spyker – Force India – Racing Point nun Aston Martin. Wenn man zudem sieht, dass AMG am Mercedes jetzt wesentlich präsenter ist, erkennt man den Trend bei Konzernen, zunehmend mit exklusiven Sportwagen-Brands in die Formel 1 zu gehen.

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Alte Meister. Mit Aston Martin und Alpine kommen 2021 klingende Traditionsmarken in die Formel 1. Beide setzen auf ehemalige Mehrfach-Weltmeister. Sebastian Vettel (33) und Fernando Alonso (39) wollen ihren Karrieren noch einmal einen Boost geben. © Bild: Getty Images

Wird Sebastian Vettel bei Aston Martin wieder der alte Siegertyp?

Auffallend: Die klassischen Marken Alfa, Alpine und Aston Martin setzen alle auf Weltmeister: Räikkönen, Alonso, Vettel. Sebastian, mit 33 Jahren der mit Abstand Jüngste dieses Trios, soll bei Aston Martin neu erblühen. Die Chancen stehen gut. Er ist wieder in einem Rennstall mit Wohlfühlfaktor und der Aston Martin sollte mit einem weniger unruhigen Heck seinem Fahrstil mehr entgegenkommen. Für das Team ist er jedenfalls eine Veränderung: Pérez und Stroll brachten sich relativ wenig in die technische Entwicklung und in das große Ganze ein – das ist beim Renn-„Professor“ aus Heppenheim naturgemäß anders. Erst recht 2021, da er es unbedingt noch einmal allen beweisen will.

Kann es Fernando Alonso noch?

Die Frage soll keine Majestätsbeleidigung sein – aber der zweifache Weltmeister (2005, 2006) war lange weg von der Formel 1, er hat zwei komplette Saisonen pausiert. Naturgemäß bespricht er lieber die Vorteile der Auszeit als die Nachteile: „Ich habe sehr viel gemacht in dieser Zeit, sehr viele verschiedene Projekte – und dementsprechend viel habe ich gelernt.“ Was für eine gute Zeit spricht, ist, dass er im Renault-Team verehrt wird. Ein schwerer Radunfall (Kieferbruch, er muss nach der Saison ein weiteres Mal operiert werden) und das Alter (bald 40) sorgen aber für Unsicherheiten: „Wir alle werden brauchen, um in die Saison zu kommen.“ Beim Test war er aber schon sehr konstant schnell. Das Duell gegen Esteban Ocon, der um seine Zukunft in der Formel 1 fährt, wird heiß. Aber die wunderschöne blaue Alpine mit dem charismatischen Alonso im Kampf um den Sieg – das ist der Traum jedes Formel-1-Fans. Realistisch ist das aber eher erst 2022.

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© Bild: autorevue

Was kann Mick Schumacher?

Die Tests in Bahrain waren noch keine zwei Stunden alt, da brachte die Bild-Zeitung den ganzen Wahnsinn um Mick Schumacher auf den Punkt. Auf der bild.de-Startseite stand: „Mick schon schneller als Mercedes.“ Zu einem Zeitpunkt, zu dem Mercedes-Pilot Valtteri Bottas wegen Getriebeproblemen noch gar keine ernsthafte Runde gedreht hatte. Dabei dürfte Mick heuer bei Haas in einem der beiden schlechtesten Autos der Formel 1 sitzen.

Warum der Meister der Formel 3 und der Formel 2 von Ferrari nicht in die hochkarätige Talenteschmiede von Alfa/Sauber, sondern ins russisch finan­zierte US-Team geschickt wurde, versteht kaum jemand. Es ist, als ob der Spross einer Stahldynastie erst mal zur Arbeit am Hochofen genötigt wird, um Demut zu lernen. Dabei ist Mick alles andere als abgehoben. Er ist ruhig, zurückhaltend – und zur Verzweiflung der Journalisten verbal meist nichts­sagend wie einst sein Vater. Das ändert nichts daran, dass Mick sich den Platz in der Formel 1 mehr als verdient hat. Seine Nummer ist die 47. Eine Nummer, die einen emotionalen Hintergrund hat: Es ist die Summe der Geburtstagsdaten seiner Familie.

Ist ein Japaner noch besser als Mick?

AlphaTauri gelang 2020 mit dem Heimsieg des Wahl-Mailänders Pierre Gasly in Monza die Sensation des Jahres. Heuer kommt es im Team von Franz Tost zum Talente-Showdown: auf der einen Seite Gasly, der den Rennstall mangels interner Aufstiegsmöglichkeiten wohl bald verlassen wird – auf der anderen Yuki Tsunoda, das Supertalent aus Japan, in der Formel 2 zum Teil sensationell. Entdecker Helmut Marko hält große Stücke auf den Honda-Piloten, einige Experten finden „dass die Leistungen Tsunodas in der Serie beeindruckender waren als die von Meister Mick Schumacher“.

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Das Formel-1-Team von Servus TV: Gröbl, Hülkenberg, Eng, Schlager, Klien. © Bild: Servus TV

Sagt Österreich servus zur Formel 1?

Ein Transfer hat für die Formel-1-Fans in Österreich besondere Auswirkungen: Erstmals hat der ORF nicht mehr die Hauptrechte an den Übertragungen. Die hat der Red-Bull-Sender Servus TV erworben. Allerdings werden die Rechte geteilt und es wird abwechselnd mit dem ORF (wie gewohnt: Hausleitner/Wurz) übertragen. Kommentiert werden die Rennen in Servus TV von Andreas Gröbl, der als großer Formel-1-Experte und jahrzehntelanger Fan gilt. Als Co-Kommentator fungiert Nico Hülkenberg, der bis zuletzt auf das Cockpit bei Red Bull Racing gehofft hatte, aber den Entscheid gegen Sergio Pérez verlor. Moderatorin ist die aus der MotoGP populäre Andrea Schlager (sie ist einen Kilometer vom Österreichring entfernt aufgewachsen). Christian Klien und Philipp Eng komplettieren das von Tanja Bauer geführte Team. Gut: Der Konkurrenzkampf führt dazu, dass beide Sender Formel-1-Shows ins Programm nehmen werden – auch an den Renntagen, wo sie nicht selbst live übertragen. Geschichten dafür wird es 2021 zur Genüge geben.

Die Termine der F1-Saison 2021

  • 28.03.2021 Bahrain – live Servus TV
  • 18.04.2021 Italien – live ORF
  • 02.05.2021 Portugal – live Servus TV
  • 09.05.2021 Spanien – live ORF
  • 23.05.2021 Monaco – live Servus TV
  • 06.06.2021 Aserbaidschan – live ORF
  • 13.06.2021 Kanada – live Servus TV
  • 27.06.2021 Frankreich – live Servus TV
  • 04.07.2021 Österreich – live ORF und Servus TV
  • 18.07.2021 Großbritannien – live ORF
  • 01.08.2021 Ungarn – live Servus TV
  • 29.08.2021 Belgien – live ORF
  • 05.09.2021 Niederlande – live Servus TV
  • 12.09.2021 Italien – live ORF
  • 26.09.2021 Russland – live ORF
  • 03.10.2021 Singapur – live Servus TV
  • 10.10.2021 Japan – live ORF
  • 24.10.2021 USA – live ORF
  • 31.10.2021 Mexiko – live Servus TV
  • 07.11.2021 Brasilien – live ORF
  • 21.11.2021 Australien – live Servus TV
  • 05.12.2021 Saudi-Arabien – live Servus TV
  • 12.12.2021 Abu Dhabi – live ORF

Die F1-Teams 2021

# FahrerTeam
44 Lewis HamiltonMercedes
77 Valtteri BottasMercedes
11 Sergio PérezRed Bull Racing
33 Max VerstappenRed Bull Racing
3 Daniel RicciardoMcLaren
4 Lando NorrisMcLaren
5 Sebastian VettelAston Martin
18 Lance StrollAston Martin
14 Fernando AlonsoAlpine
31 Esteban OconAlpine
16 Charles LeclercFerrari
55 Carlos SainzFerrari
10 Pierre GaslyAlphaTauri
22 Yuki TsunodaAlphaTauri
7 Kimi RäikkönenAlfa Romeo
99 Antonio GiovinazziAlfa Romeo
9 Nikita MazepinHaas
47 Mick SchumacherHaas
6 Nicolas LatifiWilliams
63 George RussellWilliams

So viele Team-Weltmeisterschaften gewannen Teamchefs in Serie

  1. Toto Wolff (Mercedes) 7 (2014–2020)
  2. Jean Todt (Ferrari) 6 (1999–2004)
  3. Ron Dennis (McLaren) 4 (1988–1991) und Christian Horner (Red Bull Racing) 4 (2010–2013)
  4. 5. Frank Williams (Williams) 3 (1992–1994)

GP-Siege der F1-Piloten Jahrgang 2021

50 Prozent der Fahrer haben bereits gewonnen

  1. Lewis Hamilton 95
  2. Sebastian Vettel 53
  3. Fernando Alonso 32
  4. Kimi Räikkönen 21
  5. Max Verstappen 10
  6. Valtteri Bottas 9
  7. Daniel Ricciardo 7
  8. Charles Leclerc 2
  9. Pierre Gasly und Sergio Pérez 1