Autorevue Magazin-Archiv: Ausgabe 06/1991

Ausgabe der Autorevue vom Juni 1991 mit Cover, Editorial & Impressum

Veröffentlicht am 08.04.2013

Liebe Leserin, lieber Leser,

unsere ausführliche Beschäftigung mit einem Elektroauto (Golf Jetta City Sommer) hat zwei lesenswerte Artikel ergeben, ab Seite 20. Das ist schon einmal kein schlechtes Ergebnis für alternative Mobile, denn es besagt: Überwindung der ersten Krise, hervorgerufen durch allzu frühe Fadheit.

Was sich beim Test des neumodernen Jetta als positiv herausstellte, betrifft vor allem dessen Artigkeit: Die guten Manieren des Funktionierens, wie wir’s vom Establishment der Mobile gewohnt sind. Ein großer Schritt, keine Frage.

Natürlich wurde auch Altbekanntes erneut deutlich, und dazu hätte es gar keines Tests bedurft: Alle E-Auto-Projekte liegen hart an der Grenze zur Augenauswischerei. Diese lieben unauffälligen Autos könnten zum Goodwill-Alibi der Autoindustrie, sodann gar zum Aufrüstungs-Slogan unserer Kraftwerkbauer missbraucht werden, ohne daß die Menschheit auch nur einen Zentimeter guten Terrains gewinnt.

Die E-Autos sind nur ein müder Abklatsch unserer Verbrennungstechnologie, sie bergen kein Patentrezept, sie können nicht das Ziel sein, weil wir uns noch immer im gleichen Kreislauf bewegen: Zuviele Menschen brauchen zuviel Energie, die wir erst einmal von unserem Planteten erbeuten müssen.

Unter der Einschränkung, die Augenauswischerei-Gefahr im Auge zu behalten, unterstreichen wir, die Journalisten der Autorevue, aber dennoch das Positive der neuen E-Auto-Bemühungen. Es gibt drei Perspektiven:

  • Graduelle Gewinne:
    • Besserer Wirkungsgrad der Energie;
    • Umweltbelastung lässt sich an der Energiequelle einkreisen und damit vielleicht exakter steuern;
    • Ein der Maschine innewohnendes Beschränkungsprinzip, das auf ihren Lenker übergreifen mag.
  • Ein vorläufiges ziel, immerhin:
    • Den Steckdosen-Strom dieser Autos teilweise mit Solarstrom zu ersetzen, also ein kommunizierendes System zwischen erbeuteter und geschenkter Energie zu schaffen.
  • Ein signalhafter Ruck:
    • Die Autoindustrie, die keine Verbrennungsmotor-Alternative der letzten achtzig Jahre mit echter wirtschaftlicher Kraft verfolg hat, lockert ihre Muskeln und scheint bereit zu sein, vorerst wenigstens zum Thema „Energie-Wirkungsgrad von Nicht-Verbrennungsmaschinen“ auch ernsthafte Investitionen zu betreiben.

Das ist ein ganz entscheidender Punkt: Alle Versuche in die Richtung neuer (auch wirklich neuer) Lösungen bedürfen der Finanzgewalt der Industrie. Wenn dort die Ziele differenzierter, phantasievoller und mutiger gesetzt werden, kann das ganze Werkl in Schwung kommen. Das neue, stark verbesserte Elektroauto ist eine winzige, dennoch wertvolle Andeutung in diese Richtung.

Daß unser Test-Elektroauto von VW stammt, ist einerseits Zufall, weil uns der Name der Marke egal war. Anderseits kein Zufall, weil VW eben auf diesem Gebiet besonders stark präsent ist und insgesamt sehr offen für Perspektiven zu sein scheint.

Wir laden alle Firmen ein, uns ihre Signale zu boomen und zoomen, wir werden ihre feinsten Phantasien weiterspinnen und ihre Namen loben, bis daß der Klee grün bleibt.

 

Herzlichst, Ihr

Herbert Völker