Autorevue Magazin-Archiv: Ausgabe 12/1973
Ausgabe der Autorevue vom Dezember 1973 mit Cover, Editorial & Impressum
Gute Nacht!
Daß man in diesen Tagen vom Autofahrer Opfer erwartet, ist klar. Daß man diese Opfer auch fordern kann, gestützt auf Verordnungen, ist ebenso klar. Welchen Sinn eine „Bitte“ um „freiwilliges Tempolimit“ hat, habe ich in England erlebt: Wenn man sich an das „empfohlene“ Limit von 50 Stundenmeilen hielt, donnerten einem die Lastwagenzüge um die Ohren.
Okay also: Tempo 100 für die nächsten Monate – oder auch länger, falls die Krise anhält – ist vertretbar, auch die rasche Vorgangsweise zum Durchpeitschen der entsprechenden Verordnung war es.
Bestürzend jedoch waren die Kommentare, teilweise auch von offizieller Seite, die zur neuen Situation abgegeben wurden. Wenn aus dem Handelsministerium verlautet, man rechne mit einer zehprozentigen Benzinersparnis durch Tempo 100, ist das schlicht und einfach Pofel. Zehn Prozent – und allenfalls mehr – werden natürlich nur von bisher schnellen Fahrern auf „schnellen“ Streckenabschnitten eingespart werden, und das ist ein vergleichsweise winziger Prozentsatz unseres gesamten Verkehrsgeschehens. Man wird also gesamthaft vielleicht zwei oder drei Prozent sparen. Das ist zwar immerhin so beträchtlich, daß es das Opfer wert ist, aber man soll doch um Himmels willen das Volk nicht für dumm verkaufen – später einmal wird man vielleicht die freiwillige konstruktive Mitarbeit des einzelnen Autofahrers brauchen, und für diesen Fall sollte man doch die ganze Diskussion auf eine Ebene vernünftiger Argumentation stellen.
Das gleiche gilt für halboffizielle Andeutungen, die jetzige Notsituation wäre ein geeigneter Anlaß, um nach Ablauf der Verordnung am 1. Mai Österreich gleich zum permanenten Tempo 100 hinüberzuleiten. Wir haben in der letzten Nummer über den Stand der wissenschaftlichen Untersuchungen über Tempo 100 in Österreich berichtet, und wir waren angenehm überrascht von Seriosität und Umfang der diversen Forschungsprogramme, die eben erst so richtig angelaufen sind. Eine Vorwegnahme all dieser Resultate nur deshalb, weil jetzt eben die Zeit günstig erscheint, macht sämtliche Arbeiten der diversen Ministerien lächerlich. Wozu wissenschaftliche Programme mit einer Fülle von statistischen Erhebungen, die allesamt eine Menge Benzin kosten, wenn zum gleichen Zeitpunkt einsame Politikerentscheidungen schon als quasi unabwendbar hingestellt werden?
Der Jahreszeit entsprechend, wird jetzt nicht viel über Motorsport gesprochen. Das Thema wird aber demnächst aktuell werden, und es wäre fast erstaunlich, würde man nicht mancherorts versuchen, dem gesamten Motorsport gleich die Gurgel abzudrehen. Zwar nur für eine Minderheit, aber immerhin für eine sehr beträchtliche, ist der Motorsport ganz schlicht eine Erscheinungsform des modernen Lebens – im Rahmen jener Bedeutung, die Sport, Freizeit und Hobby heute für uns alle haben. Und Gottseidank darf sich in diesem Land jeder sein Hobby noch selbst aussuchen – einstweilen zumindest. In der Krise, in der wir unsere Freizeit und unseren Luxus einschränken müssen, wird man dies natürlich auch vom Motorsportler erwarten dürfen und müssen. Wir werden uns gern vom Staat reglementieren lassen, solange es nötig ist, aber wir werden auch ein faires Verhalten gegenüber dieser starken Minderheit erwarten, die an einem Wochenende gewiß weniger Benzin verbraucht als die Fußballanhänger, die zu ihren Stadien auch in Zukunft nicht zu Fuß gehen werden. Es wird alles seine Ordnung haben und man wird mit Verständnis der Motorsporttreibenden rechnen können, solange alle Maßnahmen in vernünftiger Einschätzung der tatsächlichen Situation erfolgen. Was wir nur fürchten – und wogegen wir ankämpfen werden – sind die emotionellen Urteile, „weil die Situation gerade passend ist“. Der Unsinn in Wort und Schrift hat klamaukhaften Hochbetrieb. Jeder, der glaubt, dem Auto ins Radl beißen zu müssen, hat jetzt seinen großen Auftritt, sozusagen im Staberl’schen Geiste:
„Hundert auf der Autobahn: das erfordert so gut wie keine Anstrengung und nur einen geringen Grad an Konzentration. Wenn ich nur 100 fahre und nicht überhole, muß ich mir nicht einmal die Mühe nehmen, in den Rückspiegel zu schauen. Ich kann dann auch an ganz etwas anderes als ans Autofahren denken. Gern bekenne ich an dieser Stelle, daß so manche Geschichte, die ich hier für Sie geschrieben habe, eigentlich auf der Autobahn zwischen Sankt Pölten und Wien entstanden ist…“ Staberl sieht prächtigen, ruhigen Zeiten entgegen. Wie wär’s mit einem kleinen Schnarcherl auf der Autobahn? Konzentration brauch’ ma nicht, Rückspiegel sowieso nicht, ja, zum Lenken, ich bitt’ Sie, die paar Kurven zwischen St. Pölten und Wien, dafür müßte doch die Vorsehung reichen. Hoffentlich gibt’s nicht irgendwann ein Stückerl Gegenverkehr zwischen Preßbaum und St. Christophen.
Ihr
Herbert Völker
INHALTSVERZEICHNIS
Test
Franz Stehno, Bernd Schilling: VW Passat LS Automatik (Seite 16)
Herbert Völker, Bernd Schilling: Citroen DS 23 Injection (Seite 20)
Fahrberichte
Franz Stehno: Alfasud TI (Seite 14)
Information
Neue Modelle, Technik, Zubehör, Wirtschaft, Motorrad, Verkehr (Seite 6)
Georg Auer, Martin Menzel: Benzinsorgen in Österreich (Seite 13)
Zulassungsstatistik-Zwischenbilanz nach drei Quartalen: Jänner – September 1972/1973 (Seite 12)
Reportagen
Axel Höfer, Schilling, Holan, Rottensteiner: Jochen-Rindt-Show 1973 (Seite 24)
Sport
Alter Lorbeer – die AUTOREVUE blättert zurück J. M. Fangio, GP Schweiz (Seite 1)
Herbert Völker: AUTOREVUE-Mittelbild Jean-Luc Therier auf Renault-Alpine (Seite 32/33)
DPPI, Rottensteiner, Fausel, Zwickl, Benoit: Heinz Prüllers Grand-Prix-Bilanz (Seite 34)
Niki Lauda – Formel inside (Seite 38)
Helmut Zwickl: CanAm-Bilanz (Seite 40)
Helmut Zwickl: Race of Champions (Seite 42)
Herbert Völker: Press-on-regardless-Rallye in den USA (Seite 44)
Axel Höfer, Oskar W. Weissengruber: Rallyecross-EM-Finale in Lydden Hill (Seite 47)
Internationaler Motorsport (Seite 50)
Nationaler Motorsport (Seite 53)
Sportresultate (Seite 58)
Leserdienst
Leserbriefe (Seite 2)
Neue Bücher (Seite 3)
Gebrauchtwagenbörse (Seite 61)
Motorradpreise (Seite 62)
Neuwagenpreise (Seite 63)
Autosteuer, Versicherung (Seite 64)