Offene Beziehung - Schriftsteller Thomas Glavinic und der Rolls-Royce Phantom. Man hat rasch zueinander gefunden. Gewissermaßen.
Thomas Glavinic kriegt unaufgefordert einen Rolls-Royce vor die Tür gestellt. Protokoll einer viertägigen Grenzwert-Erfahrung.
Thomas Glavinic, Schreibkraft - Der gebürtige Grazer zählt neben Daniel Kehlmann zur ersten Garde der heimischen Jung-Schriftsteller. Gleich sein Debüt-Roman „Carl Haffners Liebe zum Unentschieden“ (1998) wurde mehrfach ausgezeichnet. Die Bestseller-Listen enterte der 36-Jährige 2004 mit der Satire „Wie man leben soll“. Der köstlich selbstironische Roman „Das bin doch ich“, eine feine Abrechnung mit dem österreichischen Literaturbetrieb, kam 2007 gar auf die Nominierungs-Shortlist des Deutschen Buchpreises. Thomas Glavinic lebt und arbeitet in Wien.
Freundchen, sage ich mir. Das ist nur ein Auto. Immerhin war ich einmal Taxifahrer, und wer das aushält, wird ja wohl auch an diesem Koloss nicht scheitern.
Unschärfe - Subtil entspannende Gefühle im Zeichen von Becks und diversen Sozialkomplexen. Thomas Glavinic hat es gut im Rolls. Er steht dazu.
Was war das? 2,5 Tonnen Rolls-Royce Phantom mit 460 PS sowie 720 Nm maximalem Drehmoment aus einem 6,3-Liter-V12 zum Preis von 472.686 Euro wäre die kürzeste Antwort. Die längere könnte auch noch den Beschleunigungswert von 0 auf 100 km/h einschließen. 5,9 Sekunden.
Was ist da passiert?
Ein Wahnsinniger stellt Thomas Glavinic unaufgefordert einen Rolls-Royce Phantom vor die Tür. Vier Tage später gibt er ihn zurück. Protokoll einer Persönlichkeitsbildung.
Autorevue Magazin
Veröffentlicht am 01.12.2009
Freitag
Erwache mit Kopfschmerzen. Kam gegen 4 Uhr früh ins Bett. Meine Freundin und ich hatten Streit, es ging um die Erziehung unserer Tochter und die Frage, ob eine Zweijährige bereits einen eigenen CD-Player braucht. Danach Versöhnung mit einer halben Flasche Jameson, meine Streits mit Becks sind nie von Dauer. Eigentlich heißt sie Rebecca, sie ist Engländerin. Wenn sie sich im Café vorstellt, setzt es verhaltenes Gelächter, und auch ich habe mich an diese spekulative Kurzform ihres Namens nur langsam gewöhnen können.