Feldkirch - Stopover mit Suchtfaktor

Feldkirch – Stopover mit Suchtfaktor

Informationen mit Reiseempfehlungen und Adressen zur philosophischen Museumsreise aus der autorevue 2/2022.

autorevue Magazin
Zuletzt aktualisiert am 23.08.2023

In der Geschichte „Wie Hemdkragen unterm Bügeleisen“ philosophieren – im Dreiländereck von Österreich, Deutschland und der Schweiz – Allegra Mezzoforte und Rob Stahler über Form, Funktion und Emotionen ihrer Causa prima: Autos. Auf der Strecke gen Westen gibt es viel Neues; kaum was bleibt links liegen. In voller Länge zu lesen in der autorevue 2/2022. Was hier folgt sind weiterführende Informationen mit Reiseempfehlungen und Adressen.

Zugegeben, wir waren schon öfter da. Kunst und Kultur rufen, wir folgen. Das Theater am Saumarkt zum Beispiel. Peter Bilger, der Leiter des Etablissements, ergänzt seinen Brotberuf als Richter mit der Pro Bono Leitung der Spielstätte. Wir behaupten: Einer Einladung wäre selbst Bertolt Brecht gerne gefolgt. Aktuell folgen deutschsprachige Philosophen, Musiker, Kabarettisten, Schauspieler und Autoren Herrn Bilgers Ruf ins Ländle.

In Feldkirch präsentiert sich Vieles gut durchgemischt: alt, jung, neu, alt.

Am Fuße des mächtigen Burgberges lehnt die Jahnturnhalle. Erbaut in den Jahren 1903/04 vom Architekten Ernst Dittrich, den man sich übrigens merken sollte, weil seine Handschrift zu einem architektonischen Spaziergang durch die Stadt, hinauf in die Hügel und bis an die Stadtgrenze aufruft. In der Jahnhalle selbst verzichtet man heute auf die körperliche Ertüchtigung. Belebt wird die Halle seit 2020 mit dem, was Vorarlberg ausmacht: Architektur, Textilien und kulinarischer Genuss. Ein Tipp, den wir gerne an all jene weitergeben, die an Midcentury-Möbeln, Harris Tweed Jackets und Barbour-Jacken aus zweiter Hand und gutgereiftem Käse aus dem Bregenzer Wald interessiert sind.

Was Feldkirch sonst noch so ausmacht? Weltliteratur in Gassen, Passagen und am Bahnhof, verwunschene Hinterhöfe, architektonische Rätsel und ganz simpel, eine satte Lebenslust, die ansteckend wirkt.

Also bleibt man länger: Man bettet sich – nicht auf Rosen – aber sehr gut im Hotel Gutwinski in der Rosengasse. Argumente, die für die Herberge sprechen: die beste Matratze im Ländle und ein herrlicher Gastgarten im Sommer. Sherlock Holmes wäre hier nicht fehl am Tisch. Dessen Schöpfer, Sir Arthur Conan Doyle, drückte 1875/76 die Schulbank in der katholischen Kaderschmiede Stella Matutina. Seine literarischen Anfänge publizierte er selbst; als 16-jähriger gab er die Schülerzeitung „The Feldkirchian Gazette“ heraus. Um das Jesuitenkolleg ranken sich viele Geschichten. Die Kaderschmiede für all jene Burschen aus gutem Hause, für die ihre Familien eine Karriere in Politik oder Kirche vorgesehen hatten, setzte vor allem auf körperliche Ertüchtigung. Im 19. Jahrhundert sollen Schüler aus England Fußball nach Feldkirch und damit auch nach Österreich gebracht haben. Allerdings spielte man damals noch auf Stelzen, was zahlreiche Unfälle zur Folge hatte. Die Patres verboten die martialische Variante des Ballspiels. Die Schüler riefen zum Streik. Die Schulleitung musste beigeben, erlaubte die sanftere Variante des Fußballs: ohne Stelzen und mit erlaubtem Handspiel.

In den Arkaden der Neustadt im Café Hecht könnte auch James Joyce an Finnegans Wake gearbeitet haben. Die Unterführung gleich vis-à-vis erinnert mit einem Zitat aus Joyce großen Werk an den Aufenthalt des irischen Schriftstellers. Heute halten sich in dem 72 Jahre alten Lokal – übrigens das älteste in Feldkirch – gerne viele Stammgäste auf. Eine Webseite gibt nicht, dafür liegt das Café auch zu zentral in der Neustadt. Wir kommen wegen der Atmosphäre, dem Flammkuchen und dem exzellenten Espresso. Und Achtung! Nicht mit dem Restaurant Hecht (im selben Haus) verwechseln. Wer hier nach Atmosphäre sucht, wird enttäuscht werden.

Bodensee, Boliden und alte Bücher

Von Feldkirch aus ist es an den Bodensee nicht weit. Und wer schon mal hier ist, sollte den See nicht nur umfahren, sondern auch befahren. Die Fähre von Friedrichshafen führt direkt nach Romanshorn, wo sich die Autobau Erlebniswelt befindet. Erst im vergangenen Oktober wurde zu Ehren des Schweizer Rennfahrers eine Dauer-Ausstellung, der „Clay Regazzoni Honor Room“ mit Rennwagen und anderen Devotionalien aus Regazzonis Rennsportkarriere eröffnet. Der Tessiner feierte 1970 sein Debüt in der Königsklasse und wurde am Saisonende, mit nur sieben Grand-Prix Starts, Dritter in der Weltmeisterschaftswertung, hinter Jochen Rindt und Jacky Ickx. Im Jahr 1974 verpasste er nur knapp den Weltmeistertitel, den ihm Emerson Fittipaldi im McLaren nur knapp wegschnappte. Nur zwei Jahre später – nun im Schatten von Niki Lauda stehend – verabschiedete sich der sympathische Rennfahrer von Ferrari.

„Hier sind die Menschen gut, gesittet und freundlich“, Charaktereigenschaften, die bereits Hermann Hesse unseren westlichen Nachbarn zuschrieb. Vom Schicksal begünstigt und geografisch so positioniert, dass Berge an Seen reichen. Gesegnet mit einer Vielsprachigkeit, die sie immer über ihre geographische Kleinheit hinauswachsen lässt.

St. Gallen kann aus jeder Epoche zumindest mit einer in Stein gemeißelten architektonischen Schönheit aufwartet. Dabei suchte der abtrünnige irische Mönch Gallus im Jahr 612 einfach einen abgeschiedenen Flecken Erde zum Gebet. Doch die Geschichte ist nicht immer vorhersehbar, und bereits im 9. Jahrhundert war das Kloster St. Gallen ein Brennpunkt des Abendlandes, wo sich die religiöse, geistige und wirtschaftliche Elite die Klinke in die Hand gab. Heute latschen Besucher in Filzpantoffeln durch die spätbarocke Stiftsbibliothek und staunen, weil das Wissen hier noch greifbar ist. Auch Umberto Eco ließ sich in den ehrwürdigen Hallen zu seinem Bestseller „Der Name der Rose“ inspirieren.

Aber St. Gallen kann auch Gegenwart. Mitten in der Stadt, zwischen Synagoge und Bürogebäuden, ist moderne Kunst zu Hause – und zwar in Form eines roten, alles verschlingenden Teppichs – selbst ein Porsche musste daran glauben. Wer auch nur ein bisschen etwas für Kunst übrig hat, sollte sich das Kunstmuseum St. Gallen nicht entgehen lassen. Denn irgendwie haben die Schweizer eine Gabe, Museen, Galerien und Ausstellungen nicht öde und langweilig erscheinen zu lassen.

Auch östlich von St. Gallen, in Rorschach am Bodensee, trifft man auf Kunst. Die Sammlung Würth zeigt klassische Moderne und Gegenwartskunst. Der Eintritt ist frei.

Wer Hunger hat, dem sei Zum Goldenen Schäfli empfohlen.

Sehr atmosphärisch werden auf alten hölzernen Tischen, im einstigen Zunfthaus der Fleischer, Leberli und Rösti serviert. Man sitzt etwas schief, was nicht am Wein liegt. Als Entrée empfehlen wir Schaumwein aus St. Gallen vom Weingut Monika und Matthias Tobler. Danach vielleicht ein Weißwein aus Graubünden von Daniel und Martha Ganteinbein.

Wer gerne zentral logiert, sein Automobil in der Tiefgarage parkt und zu vernünftigen Preisen nächtigt, sollte sich im Best Western Walhalla einmieten. Die immer sind groß, schön und im Bad wartet eine Quietschente zum Mitnehmen auf Sie.

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