Die wohl absurdeste Entscheidung in der Rennsport-Geschichte
Die 24 Stunden von Le Mans 1966 standen im Zeichen des Ford GT und einer Entscheidung, die es so wohl noch nie gab und für Unverständnis sorgte.
Zuerst den 1. Teil, dann den 2. Teil, den 3. Teil, den 4. Teil der Ford GT40-Geschichte lesen. Hier jetzt der 5. Teil:
Das Aufgebot von Ford für das 24-Stunden-Rennen von Le Mans, das am 18./19. Juni 1966 stattfand, war schon ziemlich groß. Allein acht Teams traten mit den 7-Liter-Maschinen an.
Das Starterfeld 1966
- #1 Ken Miles/Dennis Hulme, Ford Mk. II, Shelby American Inc.
- #2 Chris Amon/Bruce McLaren, Ford Mk. II, Shelby American Inc.
- #3 Dan Guerney/Jerry Grant, Ford Mk. II, Shelby American Inc.
- #4 Paul Hawkins/Mark Donohue, Ford Mk. II, Holman & Moody
- #5 Ronnie Bucknum/Richard Hutcherson, Ford Mk. II, Holman & Moody
- #6 Lucien Bianchi/Mario Andretti, Ford Mk. II, Holman & Moody
- #7 Graham Hill/Brian Muir, Ford Mk. II, Alan Mann Racing Ltd.
- #8 John Whitmore/Frank Gardner, Ford Mk. II, Alan Mann Racing Ltd.
Und dazu kamen noch ein halbes Dutzend Ford GT40 mit den kleineren Motoren:
- #12 Jochen Rindt/Innes Ireland, Ford GT40, Comstock Racing Team
- #14 Peter Sutcliff/Dieter Spoerry, Ford GT40, Scuderia Filipinetti
- #15 Guy Ligier/Bob Grossman, Ford GT40, Ford France
- #59 Skip Scott/Peter Revson, Ford GT40, Essex Wire Corp.
- #60 Jacky Ickx/Jochen Neerpasch, Ford Gt40, Essex Wire Corp.
- #63 Richard Holquist, Ford GT40, Scuderia Baer
Schon im Training setzten die Ford-Piloten ein sehr deutliches Zeichen:
- Guerny/Grant, 3:30,6
- Miles/Hulme, 3:31,7
- Whitmore/Gardner, 3:32,2
- McLaren/Amon, 3:32,6
Ferrari sägt den besten Fahrer ab
Erst dann folgte der erste Ferrari, Rodriguez/Ginter, im 330 P3 Spyder. Das wahre Desaster hatte sich bei Ferrari aber hinter der Bühne abgespielt: John Surtees war nicht dabei. Der wohl schnellste Fahrer jener Jahre, jener Mann, der fast die ganze Entwicklungsarbeit mit dem 330 P3 abgespult hatte. Der Teamchef von Ferrari, Eugenio Dragoni, hatte ihn abgesägt. Wie sehr Enzo Ferrari dahinter stand, das weiß niemand. Man darf aber davon ausgehen, dass er alles wusste. Denn der Ersatzfahrer für Surtees war Ludovico Scarfioto. Ein Neffe von Gianni Agnelli.
Bei Ford bahnt sich großer Ärger an
Doch auch bei Ford war nicht alles eitel Sonnenschein. Dick Thompson, der eigentlich mit Graham Hill fahren sollte, schoss im Training den GT40 von Richard Holquist ab – und zwar derart massiv, dass der von der Scuderia Baer gemeldete Wagen nicht mehr am Rennen teilnehmen konnte. Darauf verlangte der Veranstalter, dass Ford den Wagen von Thompson/Hill auch nicht starten lasse. Worauf Teamchef Beebe drohte, dass gar kein Ford starten werde. Man einigte sich schließlich darauf, dass Thompson durch den Australier Brian Muir ersetzt wurde.
Henry Ford II trifft Pompidou
Um genau 16 Uhr senkte Henry Ford II die Startflagge. Ja, er persönlich. Er war schon die ganze Woche davor in Frankreich gewesen, hatte den damaligen Präsidenten Pompidou getroffen, den französischen Finanzminister, versprochen, 100 Millionen in den Ausbau der Aktivitäten von Ford in Europa zu pumpen. Frankreich hoffte auf ein Ford-Werk, und Frankreich wusste, wie man amerikanische Diktatoren behandelt.
Vorne ging es richtig zur Sache
Das Rennen selber war ziemlich langweilig. Vorne fuhr Guerney zuerst Rekordrunden, die Ford dominierten. In der Nacht konnte dann zwar kurz Richie Ginter auf Ferrari die Führung übernehmen, doch kurz darauf fiel er mit Getriebeschaden aus. Auch die vielen Ford dezimierten sich fröhlich, vier Stunden vor Rennende waren nur noch drei GT40/Mk. II unterwegs, und der Wagen von Bucknum/Hutcherson lief mehr schlecht als recht. Bloß ganz vorne, da ging die Post ab, Ken Miles, der schon nach der ersten Runde an die Boxen hatte fahren müssen, weil er sich die Tür so heftig auf den Helm geschlagen hatte beim Einsteigen, dass die Tür nicht mehr schloss, war der schnellste Mann auf der Piste.
Was für ein großer Unfug
Und dann traf Henry Ford II die wohl unverständlichste Entscheidung der Rennsport-Geschichte. Es gelüstete ihm nach dem totalen Triumph, einem «toten Rennen», sprich, die beiden führenden Ford sollten miteinander über die Ziellinie fahren (und auch der dritte GT40 musste noch aufs Zielfoto gebracht werden). Also wurde Ken Miles befohlen, langsamer zu fahren, Bruce McLaren aufholen zu lassen. Dumm, wirklich dumm war nur, dass sich Ford nicht auskannte bei den Regeln. Und der Veranstalter machte Ford sehr deutlich, dass alleine die zurückgelegte Distanz zählen würde. Henry Ford II, «the Deuce», hielt es aber nicht für nötig, Miles darüber zu informieren. Und so fuhren die Startnummern 2, 1 und 5 schön nebeneinander über die Ziellinie. Vorne Bruce McLaren, 13,7 Meter dahinter Ken Miles.
Tragischer Unfall von Ken Miles
Ken Miles, dieser so großartige Rennfahrer und Mensch, der für den Erfolg von Ford von so entscheidender Bedeutung gewesen war, starb zwei Monate später bei Testfahrten in einem Ford-J-Car-Prototypen. Die genauen Umstände wurden nie geklärt.
Weitere Erfolge von Ford in Le Mans
- Ford gewann in Le Mans auch 1967. Dan Guerney/AJ Foyt.
- Ford gewann in Le Mans auch 1968, Pedro Rodriguez/Lucien Bianchi.
- Ford gewann in Le Mans auch 1969, Jacky Ickx/Jackie Oliver.
Vielen Dank für diesen Beitrag an die Kollegen von radical-mag.com