VW Polo R WRC – Mehr Brot als Spiele
VW hat die Chance verpasst, aus dem WRC-Polo so ein richtig heißes Teil zu machen. Man hat es sich in Wolfsburg tatsächlich etwas einfach gemacht.
Unser großer Mann für kleine Autos konnte den Polo R WRC im Rahmen eines Laufs zur Rallye-WM erstmals bewegen. Wir wissen, dass sich das Urteil auf fremdem Geläuf und bei einem Test in heimischen Gefilden teils deutlich verändern kann. Gespannt nahmen wir also den Polo R WRC als Testwagen in Empfang. Und ja, wir geben dem Axel recht, VW hat die Chance verpasst, aus dem WRC-Polo so ein richtig heißes Teil zu machen. Man hat es sich in Wolfsburg tatsächlich etwas einfach gemacht.
Kritik am VW Polo R WRC
Fangen wir also statt mit den Fahreindrücken gleich mal mit der Kritik an. Beim Getriebe zum Beispiel, das zwar sehr gut abgestimmt ist, sich prima Schalten lässt aber über die langen Schaltwege des günstigsten Polo verfügt. Eine Schaltwegeverkürzung wäre da schon mal eine feine Sache gewesen. Und dann natürlich: die Traktion. Der Zweiliter im Bug fällt mit seinen 220 PS und den maximal 350 Nm über die Vorderachse her wie die Fliegen über frischen Pferdemist. Allradantrieb? Fehlanzeige. Sperrdifferenzial? Ebenso.
Auf den Lorbeeren ausruhen
Dabei hätte man in Wolfsburg wissen müssen, dass ein mechanisches Sperrdifferenzial (dass es ja im neuen Golf GTI gegen einen geringen Aufpreis gibt) den Unterschied zu den Konkurrenten (z. B. Renault Clio R. S. oder Ford Fiesta ST) hätte machen können. Nein, man wollte das offenbar nicht, lieber mit allerlei Ornamenten auf das supererfolgreiche erste Jahr in der Rallye-WM verweisen.
Es gibt leider noch mehr Kritik
Die Sitze, zwar etwas sportlich und mit Alcantara auf dotiert, aber in einem Auto mit dem Kürzel R WRC will man Schraubstöcke. Hier kann man zum Beispiel bei Porsche noch was lernen. Bereits gut abgeguckt in Zuffenhausen hat man allerdings bei den Preisen. Für das, auf 2.500 Exemplare limitierte Auto, werden mindestens 33.900 Franken fällig. Noch mehr Kritik gefällig? Sorry, das wird dann schon schwierig, denn der heiße Polo ist eigentlich ein ganz feines Auto.
Die Motorisierung
Dreh- und Angelpunkt dieses Autos ist natürlich der Motor. Der Zweiliter ist ein Gedicht, sehr elastisch im unteren Drehzahlbereich, bissig ab etwa 3500 Umdrehungen. Dazu kommt ein kehliger Sound mit dominierenden Ansauggeräuschen. Ja, der Polo geht geradeaus richtig fett, dritter oder vierter Gang einlegen, aus der 50er-Beschränkung ziehen und genießen. Klar, die 220 PS haben wenig Mühe mit dem gerade mal 1100 kg schweren Auto wenig Mühe. Aber eben, nur solange es geradeaus geht. Oder um schnelle Ecken. In engen Kurven ja da nützen auch die breiten 18-Zöller nix.
Der Verbrauch
Aber wir jammern ja schon wieder. Nichts zu Jammern gibt’s beim Verbrauch. Das der R WRC kein Sparwunder ist muss jedem klar sein, der sich so ein Teil zulegt. 7,5 Liter pro 100 Kilometer nennt das Werk als Verbrauch. Wir hatten Spaß mit dem Kleinen und drum waren es bei uns 9,0 L/100 km.
Alltagstauglich
Und auch sonst passts halt, bei VW. Verarbeitung und Materialwahl sind gut, auch wenn man beim Polo-Innenraum schon merkt, dass das Modell nicht mehr taufrisch ist. Und: es gibt so etwas wie Komfort. Was Puristen ärgern dürfte, hat uns erfreut. Denn der R verfügt über ein sehr harmonisch abgestimmtes Fahrwerk. Klar, keine Komfortsänfte aber doch so, dass sich auch der Alltag mit ihm meistern lässt. Hätte er auch noch fünf Türen, der WRC wäre ein richtig geiles, schnelles Alltagsauto.
300 Stück in der Schweiz
Allerdings wird man nicht viele auf freier Wildbahn sehen. Obwohl man der Schweiz ein riesiges Kontingent zugestanden hat. 300 der 2.500 Fahrzeuge welche produziert werden sollen in der Schweiz abgesetzt werden. Wir finden, die knapp 3.400 Franken sind gut investiertes Geld, wenn man denn so was wie den R WRC will. Klar, Mit 25.000 Franken ist ein Ford Fiesta ST (182 PS) deutlich billiger. Aber ein Mini Cooper Coupé kostet als John Cooper Works mit 210 PS bereits in der Grundausstattung 38.900 Stutz.
WRC-Krimskrams
Natürlich ist der WRC-Krimskrams wie der glänzend schwarze lackierte Dachspoiler nicht jedermanns Sache. Aber der Kleine aus Wolfsburg ist schon ein verdammt cooles Auto, bietet viel Fahrspaß und ist dennoch ein typischer VW: ein Kompromiss für die breite Masse. Aber das kann seinen Reiz haben. Wir jedenfalls mochten den Zwerg mit dem dicken Motor sehr.
Vielen Dank an die Kollegen von radical-mag.com.