Die Minicars von Bond
Es ist wohl das schrägste Ding auf drei Rädern und natürlich kommt es aus England und noch natürlicher trägt es den Namen Bond, aber ganz ohne James.
Vielen Dank für diesen Beitrag an die Kollegen von radical-mag.com
Bevor wir hier auf die Marke Bond eingehen wollen, wollen wir an dieser Stelle in der Klischeekiste wühlen und ein paar Zeilen über englische Besonderheiten berichten. Ja, die Engländer. Die Engländer sind einfach anders. Sie bau(t)en nicht nur die skurrilsten Autos ever, sie kauften sie auch. Nur in England hatten Kleinstwagen bis tief in die 80er Jahre die Chance, auf vernünftige Verkaufszahlen zu kommen. Und nur Engländer konnten auf die Idee kommen, ein vierplätziges Dreirad-Auto auf den Markt zu bringen.
Bond ohne James, dafür mit 3 Rädern
Doch der Reihe nach und zurück zu Bond. Es gab da einen Mann namens Lawrence Bond. Weder verwandt noch verschwägert mit: James Bond. «Laurie», wie ihn seine Freunde nannten, war ein studierter Flugzeug-Ingenieur und hatte auch seine eigene Firma, Bond Aircraft and Engineering Co., die in Lingridge, Lancashire, beheimatet war. Nach dem 2. Weltkrieg war anscheinend nicht mehr viel los im Flugzeug-Business, also dachte Bond, wie so viele andere auch in jenen Jahren, intensiv über den Bau eines kostengünstigen Automobils nach. Ein Dreirad sollte es sein, denn Dreiräder wurden damals in England besteuert wie Motorräder, sprich: viel tiefer. Allerdings: das galt nur, wenn sie keinen Rückwärtsgang besaßen.
1947 begann Bond mit der Konstruktion
Er hatte einige Probleme zu bewältigen. Zum Beispiel der Antrieb: «normale» Dreiräder hatten das einzelne Rad meistens hinten, Bond wollte es aber vorne, für ein besseres Fahrverhalten. Doch hätte er den Motor hinter das Rad montiert, hätten die Passagiere kaum mehr Beinfreiheit gehabt, hätte er ihn über das Rad gebaut, dann wäre das Fahrzeug vom Design her sehr unförmig geworden. Also entwarf er einen Hilfsrahmen, der mit dem ähnlich wie bei Motorrädern ausgeführten Lenkerkopf des Vorderrades verbunden war und es ermöglichte, den Motor vor dem Vorderrad zu montieren. Dieser machte nun alle Bewegungen des Rades mit – und übermittelte seine Kraft über eine Motorrad-Kette.
Im Frühling 1948 wurden erste Probefahrten unternommen
Und das Wägelchen mit seiner selbstragenden Alublech-Karosse und der gebogenen, rahmenlosen Plexiglas-Scheibe sah für die damalige Zeit sehr futuristisch aus. Als Antrieb diente ein Einzylinder mit 122 Kubik, den Villiers lieferte und 6 PS stark war. Ende 1948 fand Bond mit Sharp Commercials einen Partner, der das Fahrzeug baute, Anfang 1949 wurde die Karosse noch etwas bauchiger gestaltet, ein Faltverdeck hinzugefügt sowie seitliche Steckscheiben – die Produktion konnte beginnen. Und Bond war – gut. Mit einfachsten Mitteln hatte «Laurie» ein absolut brauchbares Fahrzeug geschaffen, das über einen Griff unter dem Armaturenbrett gestartet wurde (ein Stahlseil wirkte dann auf den Kickstarter) und dessen Bremsen über Zugseile aktiviert wurden. 10 Stück pro Woche wollte Bond bauen, doch die Produktion musste rasch erhöht werden.
Es folgte dann noch ein Transporter
Damals, nach dem Krieg, war das Benzin noch rationiert. Für die Klasse von Fahrzeugen mit bis zu 9 PS gab es sechs Gallonen, etwa 27 Liter. Weil der Bond erfreulich sparsam war, kamen die Besitzer mit dieser Ration rund 800 Kilometer weit – auch das war ein guter Grund für den Kauf dieses Kleinstwagens. Und Lawrence Bond ruhte nicht, es gab ein Modell namens Minivan, ein Transporter mit verlängerter Heckpartie. Auf dieser Basis wurde 1953 der Family Safety Saloon vorgestellt, mit zwei Sitzen für Kinder, die allerdings rückwärts schauen mussten; hinten hatte dieses Modell ein Hardtop, die vorderen Passagiere saßen unter einem Stoffdach.
Kurz darauf wurde der Bond Mark C aufgelegt
Ein ziemlich eigenartiges Gefährt, denn das Design wurde deutlich verändert, komische, weil völlig unnötige Kotflügel wurden angepappt, das «de Luxe»-Modell hatte sogar Stoßstangen vorne und hinten. Doch auch die Lenkung wurde erneuert: beim Mark C wurde die Drehung des Steuerkopfes mit Hilfe eines Zahnkranzes und einer Schnecke am Lenksäulenende bewerkstelligt – deshalb stand die Lenksäule dann schräg mitten im Cockpit, der Pilot saß hinter ein schief stehenden Lenkrad. Aber davon ließen sich anscheinend die wenigsten der potenziellen Kunden abschrecken, 1955 lag die Produktion bei 100 Stück pro Woche. Denn abgesehen von den üblichen Absonderlichkeiten, durch die sich fast alle Microcars auszeichnen, hatte der Bond unterdessen auch vorne eine Trommelbremse, die hinteren Räder wurden über Gummibänder gefedert.
Die Revolution folgte 1957
Der Mark D ab 1956 war dem Mark C noch sehr ähnlich; dieser D wurde über ein paar Jahre angeboten, als Einstiegsmodell. Doch 1957 gab es eine Revolution: der Mark E erhielt eine Ponton-Karosserie. Das Cabrio hatte zwei Türen sowie und vor allem einen Stahl-Kastenrahmen zur Verstärkung des Alu-Aufbaus. Vorne wurde der E so breit wie ein «richtiges» Auto, es sollte wohl Vierrädrigkeit vorgetäuscht werden. Der Motor blieb der alte, doch es gab jetzt ein Viergang-Getriebe, auf Wunsch sogar mit Rückwärtsgang.
Die schrägste Konstruktion – jemals?
1957 kam der Mark F, den es als Cabrio, Limousine und Coupé gab, neu mit einem 250-Kubik-Motor, etwa 12 PS, weiterhin von Villiers. Dieser F gehört sicher zu den schrägsten Konstruktionen, die je auf drei Rädern standen. Zwar verkaufte er sich noch erstaunlich gut, doch der Stern von Bond war so langsam am Sinken – es gab unterdessen zu vernünftigen Preisen auch vernünftige Automobile. Und das Benzin war Ende der 50er Jahre auch nicht mehr rationiert.
Verrücktes Ding, dieser Bond Bug
Damit war es dann noch nicht fertig mit der Buchstaben-Suppe von Bond, ab 1961 gab es den Bond 250 G. 1969 kaufte Reliant die Marke, 1970 kam noch der Bond Bug, ein absolut schräger Floh, doch das ist eine andere Geschichte.