Supertest 2016: Aston Martin Vantage V12S

Vom Aston Martin Vantage V12S handelt der 8. Teil des Supertests 2016. Und darüber wird dann auch gestritten.

radical mag
Veröffentlicht am 31.12.2016

Peter Ruch von radical-mag war einer unserer Gäste beim Supertest 2016, wir wollen euch seine sehr lesenswerten Berichte nicht vorenthalten.

Aus gegebenem Anlass sprechen wir mit Fabian Mechtel. Denn Mechthild meint, der Aston Martin Vantage V12S sei ein gutes Automobil. Da ist «radical» anderer Meinung. Also, das fast gesamte Gespräch hier nochmal zum Nachlesen:

«radical»: Der jüngste Vantage ist ja nun auch der jüngste nicht mehr. Eigentlich hat sich an diesem Fahrzeug seit dem DB7, der 1993 vorgestellt wurde, optisch gar nichts mehr verändert. Das ist jetzt 23 Jahre her. Gut, der Land Rover Defender wurde noch älter – und auch der 911er ist noch beständiger, aber der war von Anfang an zeitloser. Was soll daran jetzt gut sein?

Mechtel: Das stimmt so jetzt nicht. Der V8 Vantage ist seit 2005 auf dem Markt. Es sind also 11 Jahre. Und sehen wir es so: die Mischung aus jung und erfahren findest sonst nur andernorts.

«radical»: Du sagst: in Grau, wie wir ihn am #supertest 2016 hatten, sei er großartig. Das ist doch eine komplette Un-Farbe, das sieht doch aus, als ob ein besoffener Profi-Fußballer ein bisschen mit der Spraydose gearbeitet hat nach einem verlorenen Spiel. Und figurbetonend ist das alles ja auch nicht – oder warum genau trägt der Elefant grau?

Mechtel: Es ist die wunderbarste Farbe für unsere Zeit. Weil man dich nicht sieht. Kein schau-mich-an-orange der Lambos, kein Rot, kein versifftes Weiß, stattdessen: diskret. Das Glühen kommt eh von innen, deshalb geht das total in Ordnung.

«radical»: Ich gebe zu: V12. Hohe Schule. Aber halt auch: uralt, ist quasi unverändert seit 1999. Irgendwann hat man das doch dann mal gesehen und gehört, oder? Aber dann kommen wir zum schlimmsten Punkt. Dieses üble automatisierte 7-Gang-Getriebe von Oerlikon Graziano ist eine Frechheit. Da ist man so ein bisschen flott unterwegs, genießt den Klang des V12 und die 573 Pferdchen – und dann kommt kein sauberer Übergang, sondern: ein Aussetzer. Da könnte man locker eine Tee-Zeremonie abwickeln, bis der Engländer die nächste Welle einwerfen will, oder sich die Haare schneiden lassen. Oder eine Fußpilzbehandlung durchführen.

Mechtel: Ja und? Dann hackt es eben beim Schalten, sei es drum. Es muss schließlich ausgekuppelt werden, der Gang aus dem Kraftschluss genommen, die Schaltmuffe auf den Neuen geschoben, Ein- und Ausgangswelle synchronisiert werden und dann noch eingekuppelt. Den Motor musst parallel auch bei Laune halte, Zündung ausblenden, Kraftstoffzufuhr zurücknehmen und alles dann wieder zur rechten Zeit richtig parametrisieren. Das braucht ein bisschen Zeit, von Hand geht es auch nicht schneller.

«radical»: Und innen, also ich weiß nicht. Die Abdeckung über den Armaturen sieht aus, als ob jemand eine Kalbsleber drübergeworfen hätte. Der Screen steht schräg in der Landschaft, da muss man sich bücken, damit man etwas sieht. Die Mischung der Materialien ist so wild wie in einem Lexus, ein bisserl Klavierlack da, eine Naht dort, etwas Leder hier – ein typisch englisches Gebastel. Und Platz hat es in dem Ding auch: Null.

Mechtel: Ich habe Platz genug, die beste Beifahrerin auch, es hat einen gescheiten Kofferraum. Und für was sollte es sonst noch Raum brauchen? Und das Schöne an der englischen Manufaktur ist doch, dass wenn dir die Kalbsleber nicht gefällt, es auch Rind, Schwein, Schlange oder Leguan sein kann. Nagellack der Freundin und alles was du dir vorstellen kannst.

«radical»: Und für Euch Jungspunde besonders tragisch: das Ding hat nicht einmal einen USB-Anschluss.

Mechtel: USB? Kabel sind doch sowas von 2002. Seit dem neuen iOS-Update geht CarPlay doch auch per Bluetooth. Und ja, auch ein Aston Martin V12 Vantage S kann das. Bei Bedarf erkläre ich dir das dann gerne auch noch mal. Nicht, dass dich noch im Menü verirrst und dann wieder schimpfst.

«radical»: Kommen wir zu den Fakten – obwohl der Aston über das drittbeste Leistungsgewicht verfügt, kam er auf dem Salzburgring nur auf den sechsten Rang. Wie kann man sich das erklären? Wendlinger sagt zum Aston: «Du musst dieses Auto ständig balancieren, es wird bei hoher Geschwindigkeit leicht – es wandert.» Wie kann man sich das erklären? Hat sicher etwas mit der Vorderachse zu tun, oder?

Mechtel: Der Wendlinger Karl fährt ja auch mit einem alten Mercedes-Cabriolet die zweitschnellste Zeit und ist im F-Type fixer als im nagelneuen Nissan GT-R. Ich weiß nicht genau, was sie ihm morgens zum Frühstück gegeben haben, aber irgendwas muss schlecht gewesen sein. Ansonsten: ja, er ist lebending. Kurzer Radstand, fette Leistung, mechanische Sperre und sonst kein Firlefanz – aber genau das wollen wir doch, oder? Keine seelenlose Zeitenfeile, sondern ein echtes Eisen, dass du noch richtig reiten musst.

«radical»: Hast Du noch was zu sagen zu dieser Gurke, die in der Schweiz ab satten 190.900 Franken zu haben ist? Wird das noch was mit Aston Martin? Oder sind die alten Bond-Filme das Beste an dieser Marke?

Mechtel: Pfff. Kenne die alten Filme nicht, schaue generell wenig TV. Der Aston ist einfach gut, Punkt. Du spürst es beim Anschauen, beim Anlassen, beim Anfassen, beim Angasen. Ein Auto zum Fahren, zum Genießen. Sonst kann er nichts. Muss er auch nicht. Und genau deshalb mag ich ihn so. Wobei ich natürlich schon anmerken muss: wer kann, der sollte dringend das Handschaltgetriebe nehmen. Denn mit dem manuellen Siebengänger steigt der V12 VS von der ersten Sportwagenliga direkt in den Olymp auf. Dann gibt es wirklich ganz ganz wenig, was 2016 neu zu kaufen und geiler ist.

«radical»: Herr Mechtel, wir danken Ihnen für dieses Gespräch. Und wir freuen uns auf den baldigen Bericht zum Handschalter.

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Vielen Dank für diesen Beitrag an die Kollegen von radical-mag.com