Annie Edson Taylor: Die Mutter aller Stuntmänner

Eigentlich wollte Annie Edson Taylor nur ihre Pension aufbessern. Das klappte zwar nur bedingt, aber als Stuntfrau hatte sie plötzlich einen Ruf.

Veröffentlicht am 30.03.2018

Das Schicksal schlug doppelt zu. Kurz nach dem Tod ihrer Tochter starb auch ihr Mann und Annie Edson Taylor musste sich mit Gelgenheitsjobs rumschlagen. Um die Jahrhundertwende herum – das 19. Jahrhundert pendelte gerade aus, das 20. rauschte heran – hatte es eine Frau ohne Ehemann schwer. Woher sollte das Geld für den Lebensabend kommen? Annie hatte eine Idee um dieses Problem zu lösen: ein Stunt sollte sie reich und berühmt machen.

Annie Edson Taylor: Die Mutter aller Stuntmänner
© Bild: Wiki-Commons

Mit dem Fass die Niagara-Fälle runter

Sie wollte die erste Person sein, die in einem Fass die Niagara-Fälle befährt. Am 24. Oktober 1901 – der Tag ihres 63. Geburtstages – wagte sie dieses Manöver. Zu diesem Zeitpunkt waren die Niagara-Fälle ein Magnet für todesmutige Akrobaten, die über Seile kletterten oder den Fuß der Fälle in Fässern durchquerten. 1883 ertrank Matthew Webb, ein Langstreckenschwimmer, bei dem Versuch den Fluss zu durchschwimmen.

Doch Annie war fest entschlossen. Sie ließ sich etwa eine Meile vor den Fällen in einem Fass in den Fluss setzen. Der Boden des Fasses war mit einem Amboss beschwert, damit es sich nicht drehte. Das Kopfende wurde mit einer Art großem Korken verschlossen. Kissen verkleideten den Innenraum. Eine Genehmigung für den Stunt bekam Annie, weil eine Katze diesen Stunt (im gleichen Fass) überlebt hatte.

Annie Edson Taylor: Die Mutter aller Stuntmänner
© Bild: Wiki-Commons

18 Minuten trieb Annie auf die Wasserfälle zu, dann stürzte sie 53 Meter in die Tiefe. Das Fass hielt den Kräften stand und trieb die Stromschnellen weiter flussabwärts. Bis auf eine kleinere Verletzung am Hinterkopf und eines Schocks ging es Annie gut.

Keine Heldin der Nation

Leider war der Ruhm nur von kurzer Dauer. 200 Dollar bekam sie für den Stunt. Eine Summe, die sie ausgeben musste, um ihn überhaupt durchführen zu können. Leider taugte eine 63-Jährige Matrone nicht zur großen Heldin in den USA. Ihr Manager setzte sich samt Fass ab. Annie schrieb eine Biographie, ließ sich mit dem Fass fotografieren und verkaufte Andenken an Touristen. Trotzdem musste sie die letzten zehn Jahres ihres Lebens (sie starb am 29. April 1921) im Armenhaus verbringen. Doch den Akt des Mutes nimmt ihr keiner mehr.

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© Bild: Flickr-Jamasca66