Handarbeit im 12 Zylinder

V12 und manuell, diese Kombination lässt das Herz jedes Autofreundes höher schlagen. So auch bei diesem äußerst auffälligen Vertreter dieser seltenen Spezies: Sbarro Mille Miglia.

radical mag
Zuletzt aktualisiert am 26.05.2020

Ach, Franco Sbarro. Immer irgendwo zwischen Genie und Wahnsinn. Wir werden die Geschichte des Genies dann noch erzählen, noch sind wir auf der Suche nach Bildern. Doch hier geht es um die nicht immer nur glücklichen Momente im Leben eines der kreativsten Automobil-Konstrukteure überhaupt – wir fuhren den Sbarro Mille Miglia aus dem Jahr 2005.

Grundlage ist ein Ferrari 365 GT4, der Kunde ist König

Sbarro hatte sich über die Jahre einen guten Namen gemacht als Konstrukteur von Replicas. Es gab da einige sehr schöne Exemplare, eines der berühmtesten ist sicher der Lola T70, aber es gab auch anständige Auf- und Umbauten von Ford GT40, BMW 328, sogar des Bugatti Royale. Und Sbarro war auch immer offen für Kundenwünsche. Wie es sich genau verhielt beim Mille Miglia, das wissen wir leider auch nicht, aber der Besitzer eines Ferrari 365 GT4 2+2 verspürte auf jeden Fall den Wunsch, ein außergewöhnliches Fahrzeug bewegen zu wollen. Sbarro verpasste dem Ferrari eine ganz neue Karosserie, die wohl irgendwo ganz weit entfernt an den legendären 59er Testarossa erinnern soll, bastelte wohl auch sonst noch da und dort ein bisschen (der Mille Miglia verfügt über einen Ferrari-5-Liter-V12, der 365er hatte nur 4,4 Liter Hubraum) – und fertig war der Traum. Der dann 2005 auch auf dem Genfer Salon ausgestellt wurde. Die Publikumsreaktionen waren eher: zurückhaltend. Doch der Auftraggeber sei glücklich gewesen, und das ist ja alles, was zählt.

Handarbeit im 12 Zylinder
© Bild: Peter Ruch

Und wie fährt sich nun dieser Sbarro?

Wie auch immer: das Ding steht zum Verkauf, die Oldtimergalerie in Toffen versteigert den Mille Miglia im April 2017. Wir durften vorab eine Runde drehen – und waren positiv überrascht. Gut, der Sbarro ist massiv unübersichtlich, für Fahrer mit einer Größe über 1,50 Meter ist die Windschutzscheibe zu niedrig, man schaut besser darüber hinweg – auch wenn man dann voll im Wind sitzt. Aber sonst ist alles recht fröhlich, einen handgeschalteten Ferrari-V12 fährt man jetzt auch nicht jeden Tag – und man hört solches ja gern, zumal man im Mille Miglia, wie geschildert, wirklich an der frischen Luft sitzt. Die Bedienung ist so, wie sie sein sollte in einem Automobil: extrem einfach, Licht, Blinker, Hupe, das reicht vollkommen.

Der Freund und Helfer

Und er geht gut, der Sbarro, 340 PS sollen es sein, übermäßig viel Gewicht wird er auch nicht rumschleppen, und so geht es auf der Landstraße ganz flott vorwärts. Servo ist irgendwie nicht, aber daran hat man sich bald gewöhnt – und wir wollen ja nicht parkieren, sondern fahren. Ob der Tacho ganz korrekt ist, dafür würden wir die Hand jetzt nicht ins Feuer legen, uns kamen die 80 km/h jedoch reichlich flotter vor. Aber wenn der Freund und Helfer den Mille Miglia sieht, wird er wohl die Radar-Pistole sowieso gleich fallen lassen – viel auffälliger als mit diesem gelben Teil kann man nun wirklich nicht unterwegs sein.

Handarbeit im 12 Zylinder
© Bild: Peter Ruch

Fragezeichen bei Stückzahlen und Preis

Wie viele es gab vom Mille Miglia, darüber gehen die Aussichten auseinander. Das Exemplar, das wir hier zeigen, ist das Ausstellungsstück von Genf von 2005. 2006 sind ebendort aber zwei weitere Mille Miglia zu sehen gewesen, einer in Weiß, einer in Rot. Doch wie das funktioniert, wissen wir ja spätestens seit der frühen Cobra-Geschichte. Wie viel so ein Sbarro Mille Miglia wert ist, wissen wir beim Willen auch nicht. Der Schätzpreis liegt zwischen 155.000 und 165.000 Schweizer Franken.

Vielen Dank für diesen Beitrag an die Kollegen von radical-mag.com