Mercedes CLA 250 4matic: Wie bitte?

Unterwegs mit der schönen Variante einer auch schon nicht hässlichen Variante des Smartphones auf Rädern mit der angeblich besten Sprachsteuerung überhaupt (und nein, ich nuschle nicht!).

autorevue Magazin
Veröffentlicht am 15.10.2019

Wer schnell unterwegs ist, kommt manchmal ins Stolpern. Das gilt auch für den Fortschritt. Der hat derzeit ein Tempo drauf, das schon nicht mehr gesund sein kann. Sagen wir so: Er setzt die Autos ganz schön unter Stress. Zum Beispiel die Mercedes mit der jüngsten Generation des selbstlernenden Multimediasystems MBUX, ganz konkret unseren CLA. Dem geht’s ein bisschen wie einem Schüler, von dem man zu viel verlangt. Verkehrszeichen muss er erkennen, Sprachen und Dialekte verstehen, die Fehler des Fahrers korrigieren – und dabei geht dann so einiges schief. (Mercedes ist übrigens kein Einzelfall. Alle Marken haben auf diesem Gebiet massive Probleme.)

Also: Die Sprachsteuerung mischt sich in Gespräche ein („Wie bitte?“), auch in solche, in denen das Wort Mercedes nicht vorkommt. Will man etwas von ihr, eh schon überdeutlich gesprochen, versteht sie es meistens ziemlich gut, manchmal aber auch nicht („Wie bitte?“). Die Verkehrszeichenerkennung hat eine Trefferquote von gefühlt unter 30 Prozent (man fährt an einem riesigen „80“-Schild vorbei, es wird ignoriert, usw.). Man will überholen: Von hinten, noch 200 Meter entfernt, kommt ein Auto, der aktive Totwinkelassistent löst mitten auf der Spurlinie eine Bremsung aus, als gälte es, in letzter Sekunde eine Frontalkollision zu ­vermeiden. Und vieles mehr. Die gute Nachricht, die aus all dem zu destillieren ist: Bis zum autonomen Fahren wird es noch dauern. Noch länger nämlich.

Mercedes CLA 250 4matic: Wie bitte?
USB, Dosenhalter, Touchpad, Handauflage. Alles serienmäßig. © Bild: Andreas Riedmann

Weil fahren wollen wir den CLA schon noch lieber selber. Seine vielen guten Eigenschaften folgen direkt aus seiner gepflegten Designsprache.

Er ist nämlich ein klein wenig niedriger (7 mm), breiter (3,4 cm) und deutlich länger (14 cm) als eine A-Klasse Limousine. Man sitzt etwas tiefer eingehöhlt im Auto. Somit ist alles um einen Deut dynamischer, sportlicher, vorwärtsstrebender, und so war es ja auch gedacht: Wem in der A-Klasse das Coupé zu jugendlich ist, die Limousine aber doch zu etabliert, der wird sich vielleicht im CLA wiederfinden. Oder er wartet ein paar Jahre und ist dann alt genug für die C-Klasse. Man sieht: Mercedes hat für jeden etwas.

Was möglich ist

Unser 250 4MATIC ist der stärkste CLA mit Ausnahme des AMG, in dem der gleiche Motor auf 306 PS aufgemuskelt wurde. Hier sind es 224 PS, ein maximales Drehmoment von 350 Nm, und man erkennt schon an den technischen Daten, was möglich ist. Knapp über sechs sowohl für null auf hundert als auch beim Normverbrauch, freilich nicht gleichzeitig.

Mercedes CLA 250 4matic: Wie bitte?
Lenkradspielereien. © Bild: Andreas Riedmann

Abgesehen vom bei Beanspruchung etwas beansprucht klingenden Motor fährt sich das sehr konzentriert und, wie man bei einem Pferd sagen würde, versammelt. ­Reagiert präzise, performt willig.

Natürlich tadellos ist das Fahrwerk. Die 17-Zöller rollen ruhig, und auch in der Sport-Stellung der Fahrprogrammauswahl poltert nichts, so groß sind die Unterschiede zu Comfort eh nicht. Gerade bei Autos wie dem CLA beherrscht Mercedes das lustbetonte, dynamisierte Fahrerlebnis mittlerweile ziemlich gleich gut wie der Fahrfreude-Langzeitmonopolist BMW.

Mercedes CLA 250 4matic: Wie bitte?
Der Touchscreen ist für die Marke Mercedes ein ziemlich neues Instrument. Lange hat man sich gewehrt. Echte Tasten gibt’s übrigens auch noch. © Bild: Andreas Riedmann

Im Innenraum gibt’s bis zur B-Säule keine Unterschiede zu den anderen A-Klasse-Varianten, danach zieht sich die Dach­linie in einem eleganten Bogen nach hinten und sorgt heckwärts für die Coupéform: Genau deswegen kauft man im Wesentlichen den CLA. Hat man große Kinder, die noch mitfahren müssen, werden diese vielleicht Protest einlegen, denn die absinkende Dachlinie und die schmalen hinteren Fenster sorgen nicht eben für ein luftiges Raumgefühl.

Bei ganz gleichem Radstand wie in der Limousine (2729 mm) trotz deutlich mehr Außenlänge gewinnen die Passagiere im Fond bezüglich Knieraum also nichts, dafür ist der Kofferraum größer. Das hat sich aber wohl zufällig so ergeben, denn Function follows Form, was hier aber ausnahmsweise zu einem guten Ende führt. In der Architektur zum Beispiel führt es nur selten zu einem solchen.

Mercedes CLA 250 4matic: Wie bitte?
Der Brave. Man erkennt, wie es zwischen B- und C-Säule eckiger hergeht, außerdem sind die Heckleuchten weniger herausfordernd. © Bild: Andreas Riedmann

Das Leben im Anderen

Mercedes A 200 Limousine. Der CLA ist beim Absatz ein Impulsgeber, und natürlich knabbert er vor allem der Limousine der A-Klasse Kunden weg. Das kann die Designer freuen, adelt es doch ihre Arbeit: Denn ausschließlich wegen des Designs kauft man den CLA. Wir fuhren direkt vor dem CLA 250 eine A-200-Limousine, und die Unterschiede waren marginal. Um beim Fahren was festzustellen, muss man sich schon auf eine Landstraße bemühen und dort ein bissel die Zügel lockern, außerdem kann es nicht schaden, die Sensibilität der Erbsenprinzessin zu haben. Bemerkenswert ist immerhin der Motor des A 200: Hat nur 1,3 Liter Hubraum, aus denen er 163 PS presst. Damit ist man immer noch deutlich unter zehn Sekunden auf hundert, in der Agilität ist das Ding also voll da. Fährt sich auch gut schnell. Wem Sound zweitrangig ist, der hat hier seinen Motor. Und steht nicht ­gerade ein CLA daneben, schaut auch die Limo überaus chic aus der Wäsche.

Ein Beitrag aus der autorevue Oktober 2019


Shortcut

Was wir mögen

Die Hardware.

Was uns stört

Die Software.

Was uns überrascht

Die überfallsartigen Brems­­ein­griffe ohne sinnvollen Anlass.

Perfekt, wenn …

… man eine noch schönere ­A-Klasse-Limousine will.

Die Konkurrenz

Mercedes A-Klasse Limousine, Mercedes C-Klasse. BMW 3er, Lexus IS, Audi A4 etc.

Daten Mercedes CLA 250

Preis  € 46.250,– (NoVA 12 %)

Basispreis € 35.060,– (CLA 180 d)

Preis Testwagen € 64.585,–

Steuer jährlich € 1.144,44

Motor, Antrieb 4-Zyl.-Turbobenziner, 1991 ccm, 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, Allradantrieb.

Leistung/Drehmoment 165 kW (224 PS)/5500/min, 350 Nm/1800/min.

Fahrleistungen 0–100 km/h 6,3 sec, Spitze 250 km/h, Normverbrauch/CO2 6,7 l/100 km/153 g/km. Testverbrauch 6,9 l/100 km.

Dimensionen 5 Sitze, L/B/H 4688/1830/1439 mm, Tank 51 l, Kofferr. 460 l. Reifen 205/55 R 17.

Gewichte Leergewicht 1550 kg,

Zuladung 535 kg, Anhängelast 750/1800 kg.

Sicherheit Euro NCAP *****/96/91/91/75 % (2019)

Ausstattung LED-Scheinwerfer, Klimaautomatik, Spurhalteassist, Rückfahrkamera, MBUX mit Sprachsteuerung, Touchpad, Tempomat, Fahrprogramm-Auswahl etc.

Extras Fahrersitz elektr. verstellbar € 475,–, Sitzheizung vo. € 396,–, Panoramaschiebedach € 1.280,–, Fahr­assis­tenzpaket (Ausweichassist, aktiver Totwinkelassist, aktiver Spurhalteassist etc.) € 2.079,– etc.

Vergleichbar

BMW 3er-Reihe

Mercedes CLA 250 4matic: Wie bitte?
© Bild: Werk

Preise ab € 39.050,–

Motoren Benzin, Diesel, Plug-in-Hybrid, 150 bis 374 PS, Heck/Allrad.

Seit Frühling 2019 auf den Straßen, Plug-in-Hybrid (rein elektrische Reichweite 60 km) und Kombi kommen gerade eben. Punktet mit dem bedienmäßig besten Infotainmentsystem am Markt. 

Lexus IS 300h

Mercedes CLA 250 4matic: Wie bitte?
© Bild: Andreas Riedmann

Preis ab € 38.790,–

Motor Hybridsystem mit 2,5-Liter-Benziner, ges. 223 PS. Heckantrieb.

Nicht mehr ganz tau­frische Sportlimousine, durch auffällig hakelige Infotainmentbedienung aber gut mit dem Mercedes vergleichbar. Exotenbonus mit Großkonzern­sicherheit.

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