Jaguar
„Wir sind die ersten, die es mit Tesla aufnehmen können“

„Wir sind die ersten, die es mit Tesla aufnehmen können“

2018 wird Jaguar sein erstes Elektroauto, den I-Pace, auf die Straße bringen. Wolfgang Ziebart, technisches Mastermind des Stromprojekts, über die Verdienste des Konkurrenten Tesla und darüber, was der neue Jaguar besser können wird.

autorevue Magazin
Veröffentlicht am 13.04.2017

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Auf der Autoshow in Los Angeles war er letzten November die große Überraschung gewesen: der I-Pace, Jaguars erstes Elektromodell, ein radikaler Entwurf und ein enormer Schritt für die britische Marke. Während sich andere Marken seit Jahrzehnten mit alternativen Antrieben beschäftigen, will sich Jaguar Land Rover in Sachen E-Antrieb aus dem Nichts an die Spitze bringen. Mit dem I-Pace noch im Stadium eines Concept Cars wurde der Marktstart der Serie für 2018 angekündigt, gebaut wird er bei Magna in Graz. Mit 4,6 Meter Länge, 500 Kilometer Normreichweite und 400 PS – anhand dieser Daten kann man erkennen, wen Jaguar ins Visier genommen hat: Tesla und sein Model X.

„Wir sind die ersten, die es mit Tesla aufnehmen können“
© Bild: Jaguar
Die beiden E-Motoren, die an Vorder- und Hinterachse arbeiten, hat Jaguar selbst entwickelt, um sie möglichst kompakt halten zu können. Das Ergebnis: eine ansehnliche Leistung von 400 PS.

Technisches Mastermind des Elektroprojekts war der ehemalige BMW-Entwicklungschef Wolfgang Ziebart, von 2013 bis 2015 Technik-Vorstand bei Jaguar Land Rover und nun im Ruhestand begleitend mit dem Serienstart des I-Pace befasst. Wir trafen ihn auf dem Automobil-Salon in Genf, mit einer drängenden Frage: 81 Jahre lang war Strom für Jaguar als Antrieb kein Thema, warum jetzt? „Das war eine Entscheidung, die Ralf Speth (CEO von Jaguar Land Rover, Anm.) und ich getroffen haben“, sagt Ziebart. „Das Thema Elektrofahrzeuge baute Momentum auf, als sich abzuzeichnen begann, dass bis 2020 Verordnungen nach einem bedeutenden Fortschritt verlangen würden. Es waren aber nicht nur die vorhersehbaren Vorschriften, sondern auch die Kunden, die nach einem Auto wie diesem verlangen.“

„Wir sind die ersten, die es mit Tesla aufnehmen können“
© Bild: Jaguar

Ein Auto wie dieses? Ein schickes, leistungsstarkes, sportliches Elektro-SUV mit viel Platz, keine E-Version des F-Pace, sondern ein völlig eigenständiges Modell, das sich die Vorzüge der Elektrobauweise zunutze macht, Cab-forward-Design also, mit kurzen Überhängen, vier Türen, fünf Sitzen und reichlich Kofferraum.

Wolfgang Ziebart: „Das Design eines Elektroautos ist nicht kompliziert, das Konzept war von Anfang an klar, und doch haben wir natürlich einige Umwege gemacht. Es ist Finbars Verdienst (Finbar McFall, Chef des Produktmarketings, Anm.), die Batteriedimension und die Reichweite festgelegt zu haben. Normalerweise braucht man immer einen Orientierungspunkt, den gibt es in diesem Fall aber nicht, wir mussten erst ein Gefühl dafür entwickeln, was auf uns zukommt.“

„Wir sind die ersten, die es mit Tesla aufnehmen können“
© Bild: Jaguar
Der ehemalige BMW-Entwicklungschef Wolfgang Ziebart war von 2013 bis 2015 das Elektrifizierungs-Mastermind von Jaguar Land Rover. Dann ging er in den Ruhestand, begleitet den I-Pace jedoch noch bis zum Marktstart.

500 Kilometer Reichweite, gemessen nach dem Normverbrauchszyklus, soll der I-Pace bringen. Im wirklichen Leben werden es zwar wohl eher 350 oder 400 Kilometer sein, je nachdem, wie viel geheizt oder gekühlt werden wird. Trotzdem: Das ist weit mehr, als die meisten anderen Elektroautos bieten, und reicht an jene Ansage heran, mit der sich Tesla Freunde macht.

Wie erreicht Jaguar das?
Ziebart: „Zum einen durch die Batteriegröße, wir haben eine Batterie mit 90 kWh, aber es sind auch andere Funktionen wie zum Beispiel der Antrieb an der Vorderachse, der durch Rekuperation die Reichweite signifikant vergrößert. Der normale Tesla etwa kann mit dem Motor an der Hinterachse circa 70 kW rekuperieren. Wir können – nur an der Vorderachse – 150 kW rekuperieren plus noch mehr an der Hinterachse. Man kann also einiges zurückgewinnen, wenn man dynamischer fährt. Wir haben außerdem fürs Heizen und Kühlen eine Wärmepumpe an Bord und nur durch diese Wärmepumpe können wir in einem Temperaturbereich von zehn bis 15 Grad die Reichweite um ungefähr 30 Kilometer steigern.“

„Wir sind die ersten, die es mit Tesla aufnehmen können“
© Bild: Jaguar

Die beiden E-Motoren hat Jaguar wie die wichtigsten technischen Komponenten (auch die Batterie-Packs) im Haus entwickelt. Die Motoren sind besonders kompakt, 23 mal 50 Zentimeter, und wiegen nur je 38 Kilo. Die 90-kWh-Lithium-Ionen-Batterie besteht aus 36 Zellen, die nach ihrer Energiedichte und ihrem Wärmeverhalten gewählt wurden (von LG), sie arbeiten mit niedrigerer Temperatur und können länger hohe Leistung
abgeben als zylindrische Zellen. Und wo steht Jaguar mit dieser Technologie im Wettbewerb derzeit? Ziebart: „Wir sind die Ersten, die es mit Tesla aufnehmen können. Die Nächsten, die kommen werden, sind nach unserer Sicht Audi, die sind ungefähr ein halbes oder ein Jahr hinter uns, und dann Mercedes. Bei BMW wissen wir von nichts, das relevant wäre.“

Der I-Pace wird in Österreich in der zweiten Jahreshälfte 2018 auf den Markt kommen. Preis gibt es noch keinen, Jaguar gibt jedoch an, dass der I-Pace etwa zehn bis 15 Prozent über einem leistungsmäßig vergleichbaren F-Pace-Modell liegen wird.

„Wir sind die ersten, die es mit Tesla aufnehmen können“
© Bild: Jaguar
Die Batterien im Unterboden und die E-Motoren an den Achsen lassen großzügig Raum für fünf Passagiere und Gepäck.

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