
Vorstellung: Audi A8 2010
Zukunft heute: Was früher ein Schlagloch war, wird jetzt dank Massagesitz künstlich in den Rücken gehämmert. Denn das Luftfederfahrwerk lässt ja nichts mehr durch.
Der Audi A8 hat auch in der dritten Modellgeneration den Charme des Herausforderers erhalten, wirkt gar nicht saturiert oder angeberisch, sondern gefällt durch eine aufgeklärte Haltung, was modernes, unverschnörkeltes Design, wohnliche, aber plüschferne Raumverhältnisse und fortgeschrittene, aber brauchbare Technik betrifft. Die Space-Frame-Karosserie wiegt nur mehr 231 kg, soll aber noch steifer und sicherer geworden sein.
Vorläufig werden ab Ende März drei Motorisierungen angeboten, jeweils kombiniert mit 8-Gang-Tiptronic. Die beiden Diesel (3,0 und 4,2 TDI) bringen 250 und 350 PS, der 4,2-Liter Benzindirekteinspritzer leistet 372 PS um 102.800 Euro und ist damit um nur 300 Euro teurer als der Top-Diesel. Das Einsteigermodell kostet 81.150 Euro. Im Herbst wird eine 204-PS-Sparversion des 3,0 TDI präsentiert, die mit einem sensationellen Verbrauchsmittel von 6,0 Liter auf 100 km die gesamte Hybrid-Konkurrenz unterläuft. Geplant sind alle Langversionen, ein 3-Liter-V6-TFSI mit 290 PS (Herbst) und ein absolutes Topmodell namens A8 lang 6,3 FSI W12 quattro mit 500 PS, freilich ein Minderheitenmodell bei einem erwarteten Modellmix von 30 zu 70 Prozent (Benziner zu Diesel) und einem Langversion-Anteil von fünf Prozent (für Österreich).
Neue Schlagworte bei Audi: Manufakturcharakter, Signaturmarke. Klar und unverwechselbar ist der A8 im Selbstbild, Leidenschaft für Präzision sei ein inneres Antriebsmerkmal, sagen die Marketingleute. Tatsächlich ist es auf Anhieb kaum möglich, irgendwelche Schwächen auszunehmen, wenn man von knarzenden (Fachausdruck bei Audi: „knurpsenden“) Bremsen oder nicht sofort einrastenden Türen absieht. Lieber erfreut man sich am Hirschlederbezug des Yachthebel-Gangshifters, an der Panorama-Linienführung der Wrap-around-Inlays oder an der cockpitartigen Nachtoptik, die vom Fußraum bis ans Innendach reicht. Der erste Blick fällt aber unwillkürlich auf die neue Analoguhr, das stille Zentrum des Innenraumes. Danach beginnt man, spielerische Krakel ins Draw-Pad zu schreiben, die das Erfassungssystem des Navi sofort als Buchstaben erkennt – wenn es sein muss, auch als kyrillische, koreanische oder chinesische.
Außen ist es weniger leicht, optischen Halt zu finden, denn das Gleitende ist designimmanent, vor allem die coupéhaft abfließende Dachlinie bestimmt den Schwung, der schon vom unverwechselbaren LED-Design der Scheinwerferbögen eingeleitet wird. Angeblich, so klagt ein deutscher BMW-Verkaufsleiter off records, sei das ein signifikanter Grund für Markenwechsel – allein schon wegen der unverwechselbaren Nachtoptik. Die aber durchaus sachlich begründet ist – Audi verwendet als erster Großserienhersteller reine LED-Technik für Hauptscheinwerfer. Das heißt, es gibt keinerlei bewegliche Teile mehr, die stufenlose Regelung (Gegenverkehrsanpassung) zwischen Haupt- und Abblendlicht geschieht rein elektronisch. Per optionalem Google-Navi kann der Wagen auch schon vorausschauend agieren, Kurven ausleuchten, ehe noch eingeschlagen wurde, und das geballte Sicherheitssystem aktivieren. Man weiß ja nie, und Audi hat auch ein schönes Schlagwort gefunden: Audi pre sense. Dazu sind Front und Heck (optional) mit Radarsensoren ausgestattet. Eine Videokamera erfasst die Straße, liefert pro Sekunde 25 Bilder in einer bisher im Automobilbau unerreichten Auflösung. Zusätzlich übermittelt die ESP-Steuerungseinheit weitere Informationen. Aus diesen Quellen kann Audi pre sense ein nahezu realistisches Bild der Umgebung erstellen. Uns alarmieren gegebenenfalls präventive Insassenschutzsysteme. Dazu zählen Gurtstraffung der vorderen Sicherheitsgurte, Schließung von Schiebedach und Fenstern. Auch der optionale Nachtsichtassistent wurde verbessert, er scannt mit einer Wärmebildkamera Fußgänger in einer Entfernung von ca. 15 bis zu 90 Metern. Droht man ihn zu überfahren, gibt es ein rotes Signal und Alarmtöne. Lane Assist, Side Assist – die Zahl der Fahrerassistenzsysteme steigt beängstigend an, aber es besteht kein Kaufzwang.
Spätestens jetzt ist es übrigens Zeit, die Rückkehr des martialischen Kühlergrills einzuläuten. Das konnten
die Pontiacs, Chevrolets und Buicks der fünfziger Jahre auch nicht besser.
