Autorevue Magazin-Archiv: Ausgabe 06/1972

Ausgabe der Autorevue vom Juni 1972 mit Cover, Editorial & Impressum

Veröffentlicht am 08.04.2013

Totenvogel

Irgendwann werden die Autos sterben, und wir können sagen, wir wären dabei gewesen, als ihre Agonie begann.

Dieser Satz ist wunderschön, er ist nicht von mir.

Vielleicht werden wir wirklich dabei sein, und Jürgen Dahl wird dann nicht nur sagen, daß er dabei gewesen ist, sondern daß er auch geschrieben hat, er werde dabei sein. (Jürgen Dahl: „Der Anfang vom Ende der Autos“, Langwiesche-Brandt).

Ohne Hohn, ohne Ironie: Ratlos sind wir auch.

Dahl: „Ein Nahrungsmittel, welches jährlich (in Deutschland) 20.000 tödliche und 500.000 nicht tödliche Vergiftungsfälle verursacht, würde, und wenn es noch so schmackhaft wäre, mit Sicherheit für unbrauchbar gelten.“ Gewiß, wir wissen, wie’s gemeint ist, wir wissen keine Antwort.

Dahl: „Die noch immer in Kraft befindliche Regel, wonach nächtliches Teppichklopfen unerwünscht ist und notfalls durch Herbeiziehung eines Polizisten unterbunden werden kann, wird verhöhnt von dem Umstand, daß jeder Autobesitzer das Recht hat, mitten in der Nacht durch Anlassen seines Motors im stillen Wohngebiet ein paar Dutzend Menschen aus dem Schlaf zu reißen …“ Gewiß. Ein paar von uns bemühen sich, nachts ohne Gas zu starten, mit niedrigen Touren wegzufahren, bei manchen Autos geht das ziemlich leise, aber im Grunde, natürlich, da müssen wir Herrn Dahl recht geben.

So verliere ich mit fortlaufender Lektüre meinen Spott, suche begierig die Alternativen. Stärkung des öffentlichen Verkehrs, bei sofortiger Füsilierung des Individualverkehrs. Jürgen Dahl glaubt selbst nicht ganz daran, stellt die Alternative in den luftleeren Raum, zeigt andere Möglichkeiten: Indem man „den Individualverkehr an sich selbst ersticken läßt, indem man aufhört, immer neue Straßen zu bauen, als sei die Entstehung von Autos ein Naturvorgang, dessen Gesetzlichkeit man sich anzupassen hat.“

Und dann: „Noch ist nicht im geringsten abzusehen, was an die Stelle der Autos treten wird, noch ist nicht einmal sicher, ob wir an ihren oder sie an sich selbst ersticken werden.“

Brillante Formulierungen eines deutschen Autors, der schreiben kann, der denken kann. Der des öfteren seine kritische Stimme erhoben hat, mit „zupackendem und nuancenreichem Stil“ (Nachwort). Gegen Napalm und Dichterbriefe, gegen Sprengstoff, Medizin, Rasenmäher, Absaugpumpen und Demoskopie. Erstaunlich, daß ein professioneller Warner dieses Formats erst unlängst auf das Auto kam. Wer heutzutage was hält auf sich, als Soziologe oder Umweltschützer, Futurologe, Sterndeuter, Showmaster oder schierer Philosoph, der schaufelt wortreich mit an unserem gemeinsamen Grab, zimmert den Sarg, das Blech, in dem wir alle liegen werden. Hintendrein wirft er ein Schäuferl warnender Worte, und obendrauf steckt er den Phrasenkranz aus dunkelroten Rosen. Statt der Alternative noch rasch ein Vergissmeinnicht.

Trost zum Abschluß, Schiller statt Dahl: Das Opfer liegt – die Raben steigen nieder.

 

Herbert Völker

 

 

INHALTSVERZEICHNIS

 

Leserdienst

Automobilbörse (Seite 52)

Kfz-Steuer, Versicherungsprämien (Seite 52)

Zulassungsstatistik (Seite 52)

Motorradpreise (Seite 53)

Neuwagenpreise (Seite 55)

Tests

J. Czernin, B. Schilling: Lotus Europa TC (Seite 20)

J. Czernin, B. Schilling: Morris Marina (Seite 24)

Informationen

Neuheiten (Seite 1)

Technik (Seite 1

Zubehör (Seite 3)

Wirtschaft (Seite 3)

Verkehr (Seite 3)

Neue Modelle

P. Karner: Alfa Romeo 116 Alfetta (Seite 6)

Mercedes 280 (Seite 9)

P. Karner: Fiat 132 (Seite 10)

Reportagen

P. Karner: Ein Trend: Mittelmotor (Seite 14)

Sport

H. Prüller: Grand Prix Spanien (Seite 30)

Annemarie Pröll in Jarama (Seite 32)

Niki Lauda erzählt (Seite 33)

H. Zwickl: Grad Prix Monaco (Seite 34)

H. Völker: Marokko-Rallye (Seite 38)

MARTHA-Journalistenrallye (Seite 41)

Internationaler Motorsport (Seite 42)

Öasc-Elan-Rallye (Seite 44)

Nationaler Motorsport (Seite 46)

Sportresultate (Seite 50)

Sportkalender (Seite 50)

Motorrad

E. Glavitza: Cross-Kritik (Seite 45)