Dieser Volvo war seiner Zeit voraus – um Jahrzehnte!

In den 1970er Jahren blickt Volvo mit dem VESC in die Zukunft und präsentiert Sicherheitstechniken die heute zum Standardrepertoire zählen.

radical mag
Zuletzt aktualisiert am 26.03.2021

Öffentlich vorgestellt wurde der Volvo VESC – der Name steht für Volvo Experimental Safety Car – erstmals auf dem Genfer Automobilsalon 1972 – und damit auch die Ergebnisse eines 1969 gestarteten Safety-Car-Programms. Dieses umfasste eine Flotte von insgesamt zehn Versuchsfahrzeugen, die als «rollende Sicherheits-Laboratorien» bezeichnet und überwiegend für Crashtests eingesetzt wurden. Keiner der Prototypen war für eine Serienproduktion vorgesehen – und doch zeigte das Concept-Car VESC zahlreiche zukunftsweisende Sicherheitstechniken, die wenig später zur Selbstverständlichkeit in neuen Volvo-Serienmodellen werden sollten.

Volvo-VESC-Experimental-Safety-Car (3)

Das Volvo VESC Concept ebnet den Weg für Sicherheitsstandards von heute

Die Prototypen des Volvo VESC Projekts bahnten verblüffend vielen Innovationen den Weg. Teilweise waren die neuartigen Sicherheitssysteme ihrer Zeit allerdings so weit voraus, dass es noch einige Jahre dauerte, bis sie in Serie gingen. Erste Designelemente und neuartige Sicherheitstechniken wie zum Beispiel die Teleskop-Lenksäule fanden sich 1974 in den Modellen Volvo 240/260 wider. Die innovativen Sicherheitsstandards im Volvo 240 wurde sogar durch die US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA bestätigt. Im Jahr 1976 wählten die Amerikaner diesen Volvo zur Referenzbaureihe für ihre gesamte Sicherheitsforschung. Auch ein Grund dafür, dass die Baureihe Volvo 240/260 mit rund 2,9 Millionen verkauften Einheiten die bis heute erfolgreichste des schwedischen Herstellers ist.

Vorreiter bei Abgasreduktion

Schnellen Einzug in die Serienproduktion fand der unter Nachhaltigkeitsaspekten weiterentwickelte Vierzylinder-Motor der Baureihe B20. Mit Benzineinspritzung erfüllte das Aggregat schon 1972 die erst zwei Jahre später in Kraft tretenden strengen US-Emissionsvorschriften. Mehr noch, als Volvo Mitte der 1970er Jahre renommierte Auszeichnungen für die Vorreiterrolle in puncto Nachhaltigkeit erhielt, hatte das Concept-Car VESC dafür die Grundlage gelegt. Etwa durch den Test eines EGR-Abgasrückführungssystem mit Abgas-Katalysator im VESC – denn so konnte nur vier Jahre später der Serienstart des Volvo 240 als weltweit erster Pkw mit geregeltem Drei-Wege-Katalysator und Lambdasonde erfolgen. Auch die orange leuchtende Außenlackierung ging schnell in Serie.

Volvo-VESC (3)

Signalfarbe für bessere Erkennbarkeit

Der Volvo 240 war ab 1974 in vergleichbarer Signalfarbe bestellbar, die damals von Verkehrssicherheitsexperten empfohlen wurde, erhöhte sie doch die Fahrzeugerkennbarkeit deutlich. Weitere Sicherheitsfeatures, die Volvo im Prototyp VESC bereits parat hatte: semi-passive vordere Sicherheitsgurte, die sich beim Motorstart automatisch anlegten bzw. automatisch aufrollten, wenn der Fahrer den Motor abstellte und das Fahrzeug verließ; Fahrer- und Beifahrerairbags sowie in die Hutablage integrierte Airbags für die Fondpassagiere; Frontsitze mit Kopfstützen, die im Falle einer Kollision automatisch aufgestellt werden; Kopfstützen für die Fondpassagiere; vorgespannte Lenksäule mit Lenkrad, die bei einem Frontalaufprall um 150 mm nach vorn springt – weg vom Fahrer; Scheinwerfer mit Waschanlage und Wischern; Heckscheiben-Wischer und Waschanlage; eine außergewöhnlich steife Karosserie: Front und Heck verfügen über Knautschzonen mit optimaler Absorptionsfähigkeit von Aufprallenergie.

Bei Aufprall wird der Motor unter den Passagierraum geschoben

Der Passagierraum ist außerdem geschützt durch ein ausgefeiltes Netzwerk stabiler Träger, innovativen Seitenaufprallschutz und einen massiven Überrollkäfig; bei einem Sturz aus 2,40 Meter Höhe auf das Dach wurde dieses maximal um 75 Millimeter eingedrückt; bei einem Frontalaufprall schiebt sich der Motor unter den Passagierraum; die teleskopisch montierten und 18 Zentimeter dicken Stoßfänger schützen die Karosserie bis zu einer Kollisionsgeschwindigkeit von 16 km/h vor bleibenden Verformungen und Schäden; ABS-Bremsanlage (ABS-Feldversuche über fünf Millionen Kilometer in serienmäßigen Volvo 144 und 244 ab 1973 bzw. 1974); automatische Niveauregulierung hinten; automatische Unterbrechung der Kraftstoffzufuhr bei einem schweren Unfall; Warnleuchten in den Türen; akustisches Rückfahrwarnsignal; Rückfahrkamera.

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Seiner Zeit um Jahrzehnte voraus

Geht man die gesamte Liste im Detail durch, bleibt einem beinahe der Mund offen stehen. Denn viele dieser «Asbests» fanden erst in den vergangenen Jahren den Weg in Sonderausstattungslisten und serienmäßigen Sicherheitsfeatures der Hersteller. Der VESC war seiner Zeit weit, weit voraus – und wohl deshalb nicht besonders hübsch…

Vielen Dank für diesen Beitrag an die Kollegen von radical-mag.com