Fiat 128: Träger von Sympathie und Rost

Es darf getrost von einer großartigen Konstruktion gesprochen werden, wenn die Rede vom Fiat 128 ist. Und wegweisend war er obendrein auch noch.

radical mag
Zuletzt aktualisiert am 29.03.2021

Er wird einfach zu wenig gewürdigt, der Fiat 128, der eigentlich eine Revolution war, damals, 1969. Und der sehr berühmte Väter hatte, Dante Giacosa, der schon den Topolino, den 500er und den 124er konstruiert hat. Und Aurelio Lampredi, dessen Zwölfzylinder Ferrari schnell und berühmt gemacht hatten. Für den Fiat 128 entwickelte Lampredi einen vorne quer eingebauten 1,1-Liter-Vierzylinder mit einer oberliegenden Nockenwelle, der auf 55 PS bei 6.000/min kam, also sehr drehfreudig war. Und das maximale Drehmoment von 80 Nm trotzdem schon bei 3.000/min erreichte, was damals eine sensationelle Leistungskurve ergab. Noch ein wichtiger Punkt: er war einfach zu reparieren. Als wohl erster Hersteller überhaupt machte sich Fiat in jenen Jahren Gedanken über Kosten und Reparaturfreundlichkeit – und das nicht etwa deshalb, weil der 128 häufiger in der Garage stand als andere Fahrzeuge. Das Gegenteil war der Fall, bloß die Geschichte mit dem Rost, die war keine Schöne.

Der Fiat 128 war aus mehreren Gründen ein wegweisendes Auto

Außerdem hatte der kleine Fiat Einzelradaufhängung rundum – dies zu einer Zeit, als sich seine Konkurrenten teilweise noch mit Pendelachsen herummühten. Die Fahrleistungen waren im Vergleich zu Käfer, Kadett und Escort großartig – und das galt noch mehr für die Größe des Innenraums des 3,85 Meter langen Fiat, der nur gerade 750 Kilo wog. Die Form – klassischer geht es wohl gar nicht – die Fronthaube war fast gleich lang wie der Kofferraum-Deckel, und wären nicht die Lampen gewesen, man hätte vorne und hinten kaum voneinander unterscheiden können. Doch der 128er war ein wegweisendes Fahrzeug, erstmals gab es in der unteren Mittelklasse auch so etwas wie Knautschzonen.

Vorne? Hinten? Fiat 128!
© Bild: radical-mag
Vorne? Hinten? Fiat 128!

Die Modell-Familie wächst

Über die Jahre wurde die Modell-Familie fleißig weiter entwickelt, ab 1970 gab es einen Kombi, es gab den 128 Rally mit 1,3 Liter Hubraum und 67 PS, es kam 1972 das Sport Coupé (später Berlinetta genannt) dazu – und eigentlich ist ja auch der X1/9 ein 128er-Derivat. Zwar stellte Fiat 1978 den Nachfolger vor, doch weil die Verkaufszahlen weiterhin gut blieben, wurde der Fiat 128 bis 1983 gebaut (als Zastava gar bis 2008 – und in Ägypten sogar bis 2009).

Fiat 128 als Coupé

Nochmals zurück zum hübschen, zweitürigen Coupé, das ab 1971 angeboten wurde, mit einem 1,1-Liter Motor, der unterdessen 67 PS leistete, sowie einem 1,3-Liter, der auf 75 PS kam, aber das deutlich bessere Drehmoment bot. Der 128 S hatte Einfach-Scheinwerfer, der 128 SL sehr hübsche Doppel-Scheinwerfer, mehr Chrom und eine aufgewertete Innenausstattung. Was die erste Generation der 128 Coupé aber nicht besaß, das war eine Heckklappe. Die kam erst in der zweiten Generation, die zwischen 1975 und 1979 gebaut wurde. Ob die neuen Coupé mit der Heckklappe hübscher waren als ihre Vorgänger, darüber ließe sich bestens streiten, aber auf jeden Fall waren sie viel praktischer. Und gerade mit dem 1300er (der jetzt offiziell nur noch 73 PS hatte) war (und ist) das Fahrvergnügen ziemlich groß, die Fiat sind leicht und handlich und fröhlich. Wir hatten es mit einer Sonderserie zu tun, «Suisse Special», die aber weitgehend der vom Werk angebotenen Variante «Sport» entspricht und sich von den Serienmodellen vor allem durch die breiteren Reifen unterscheidet, 165er anstatt 145er sind aufgezogen.

Fiat 128 Sport Coupé
© Bild: Peter Ruch
Fiat 128 Sport Coupé

Schneller als man denkt

Es waren halt schon noch gute Zeiten, damals. Fiat gab die Höchstgeschwindigkeit für sein kleines Coupé mit 159 km/h an, das reißt heute keinen mehr vom Sitz. Doch der Wagen wiegt halt nur 825 Kilo, und die lassen sich um einiges flotter bewegen als heutige Kleinwagen, die 300, 400 Kilo schwerer sind. Das 128 Coupé misst 3,83 Meter in der Länge und nur 1,56 Meter in der Breite, in den Kurven neigt er sich bedrohlich zur Seite, hinten hat er nur Trommelbremsen, das Getriebe muss mit vier Vorwärtsgängen auskommen, doch das reicht völlig. Schön ist auch: man hat dauernd das Gefühl, so richtig schnell unterwegs zu sein, die Reifen quietschen in der Kurve, die Vorderräder schieben flott weg, die Arbeit am Lenkrad und am langen Schalthebel erscheint rangmäßig, doch wenn man dann auf den Tacho schaut, dann ist man immer noch innerhalb der engen Grenzen, die unsere Freunde und Helferlein noch zu akzeptieren gewillt sind.

Träger von Sympathie und Rost

Sie haben bereits einen netten Liebhaber-Wert erreicht, die 128 Coupé, auch jene der zweiten Generation. Erstklassige Exemplare kosten beispielsweise in der Schweiz über 15.000 Franken, für ein gutes Stück sind immer noch 10.000 Franken zu entrichten. Rost ist natürlich das größte Problem, doch unser Fahrzeug, mit dem wir eine kleine Ausfahrt machten und das uns von der Oldtimer Galerie in Toffen zur Verfügung gestellt wurde, zeigte in diesem Bereich keinerlei Schwächen; auch das Interieur ist quasi wie neu. In schwindelerregende Sphären werden die Preise nie steigen, doch so ein kleiner Fiat, der unterdessen auch Veteranen-Status hat, ist so etwas wie das perfekte Einstiegsmodell in die Welt der Oldies. Die Italiener sind relativ günstig im Unterhalt, es gibt noch jede Menge Ersatzteile, und auch die Arbeit am Auto selbst verlangt keinen Hochschul-Abschluss als Ingenieur. Dazu kommt die Freude am Fahren: Natürlich macht ein alter Aston oder ein Ferrari mehr her und ist auch schneller, doch dieses 128 Coupé ist ein absoluter Sympathieträger, der nicht nur Frauenherzen höher schlagen lässt.

Vielen Dank für diesen Beitrag an die Kollegen von radical-mag.com