Der Ferrari 288 GTO und die Gruppe B

Der Ferrari 288 GTO war das erste Modell in einer schönen Reihe von Supersportwagen aus Maranello. Und die Dinger sind so richtig teuer geworden!

radical mag
Veröffentlicht am 12.06.2017

Es hätte ja ganz anders kommen sollen: Ferrari wollte ein Gruppe-B-Auto bauen. Wie man in Maranello allerdings überhaupt auf die Idee kommen konnte, ein Rallye-Auto konstruieren zu wollen, das wissen wohl nur noch die Götter – eine großartige Tradition bestand ja nicht wirklich, außer, man will (Straßen-)Rennen wie die «Tour de France» auch zur Gattung der Rallyes zählen. Zu Beginn gedachten die Italiener den 308 GTB umzubasteln, doch das erlaubte das Reglement nicht, also baute Ferrari gleich ein quasi komplett neues Auto. Das allerdings nie auf Schotter oder abseits des Asphalts rannte, obwohl es eigentlich ja rechtzeitig fertig gewesen wäre, um die Gruppe B noch aufzumischen.

Der Ferrari 288 GTO und die Gruppe B
1984 Ferrari 288 GTO | Chassis no. ZFFPA16B000055237 | Verkauft 2016 für 2.585.000 US-Dollar © Bild: RM Sotheby’s

Ferrari 288 GTO und die Gruppe B

Da kann man auch in der einschlägigen Literatur noch so manchen Unsinn lesen, Fakten sind: der Ferrari 288 GTO wurde im März 1984 auf dem Genfer Salon vorgestellt, spätestens Mitte 1985 waren die für die Homologation erforderlichen 200 Stück gebaut (insgesamt wurden es 272) – und die Gruppe B wurde nach dem Tod von Henri Toivonen und Sergio Cresto bei der Tour de Corse in einem Lancia Delta S4 im Mai 1986 zwar in Frage gestellt, doch erst Ende Saison aus dem Renn-Programm genommen. Hätte Ferrari wirklich in der Rallye-WM antreten wollen, dann hätte sie den 288 GTO spätestens Anfang 1986 bereit gehabt – man darf sich durchaus fragen, ob die Italiener nicht von Anfang an wussten, dass sie ganz einfach das schnellste Serienfahrzeug jener Jahre auf die Straße stellen würden.

Der Ferrari 288 GTO und die Gruppe B
1985 Ferrari 288 GTO | Chassis no. ZFFPA16B000058335 | Schätzpreis 2,4 – 2,8 Mio. US-Dollar © Bild: RM Sotheby’s

Zusammensetzung

Die optischen Ähnlichkeiten mit dem 308 GTB kommen also nicht von ungefähr – und doch ist der 288 GTO ein ganz anderes Automobil. Der Radstand musste um 110 Millimeter gestreckt werden, die Spur ist auch deutlich breiter. Es wurden ganz neue Werkstoffe verwendet, das Dach und die Heckpartie bestehen aus einem sehr leichten Kevlar/Nomex-Verbundstoff, die Fronthaube aus Fiberglas und Nomex, der Rest der Karosse, die auf einem Stahlrohrrahmen steht und von Pininfarina den neuen Gegebenheiten angepasst wurde, aus GFK. Das erklärt das verhältnismäßig geringe Gewicht von 1.160 Kilo.

Der Ferrari 288 GTO und die Gruppe B
1985 Ferrari 288 GTO | Chassis no. ZFFPA16B000052475 | Verkauft 2015 für 1.904.000 Euro © Bild: RM Sotheby’s

Die Fahrleistungen aus heutiger Sicht

Die Verlängerung des Radstandes war nötig geworden, weil das manuelle 5-Gang-Getriebe hinter dem längs eingebauten Motor angeordnet wurde (beim 308 liegt es bekanntlich «unter» dem quer verbauten Motor). Die Maschine selber war eine neue Entwicklung, erstmals wurden bei einem Ferrari-Straßen-Fahrzeug Turbos eingesetzt, gleich zwei mächtige Trumms des japanischen Herstellers IHI zusammen mit einem Behr-Ladeluftkühler. So kam der 2,8-Liter-V8 mit seinen vier Ventilen pro Zylinder und den zwei obenliegenden Nockenwellen pro Zylinderreihe auf ein maximales Drehmoment von 496 Nm bei 3.800/min und eine Leistung von 400 PS bei 7.000/min; der rote Bereich begann bei 7.800/min. Es heißt, dass die 400 PS sehr pessimistisch gerechnet waren. Trotzdem waren die Fahrleistungen nicht unbedingt das, was heute noch beeindrucken könnte, die 4,9 Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 km/h schafft unterdessen ja auch ein scharfer VW Golf. Immerhin war der 288 GTO das wahrscheinlich erste Serien-Auto, das die Marke von 300 km/h Höchstgeschwindigkeit tatsächlich knackte.

Der Ferrari 288 GTO und die Gruppe B
1985 Ferrari 288 GTO | Chassis no. 56337 | Verkauft 2009 für 385.000 Euro © Bild: RM Sotheby’s

Extra für Niki Lauda

272 Stück des nur in Rosso Corsa ausgelieferten 288 GTO wurden gebaut, eines davon nachträglich für Niki Lauda. Es heißt, dass rund 70 Stück davon ausgebrannt sind, weil die Benzinleitungen nicht druckfest genug waren; sie wurden aber anscheinend alle wieder aufgebaut. Der GTO, wie er ganz offiziell heißt, war der erste Straßen-Ferrari mit dem «cavalino rampante» auf den Kotflügeln; davor war das Emblem den Rennwagen vorbehalten gewesen. Heute werden sagenhafte Zahlen für den Ferrari 288 GTO aufgerufen, der als Neuwagen 265.000 DM gekostet hatte: der höchste Preis liegt bei 2,75 Millionen Dollar.

Der Ferrari 288 GTO und die Gruppe B
1985 Ferrari 288 GTO by Scaglietti | Chassis no. 54777 | Verkauft 2013 für 963.200 Euro © Bild: RM Sotheby’s

Und dann Evoluzione

Selbstverständlich geht die Geschichte des 288 GTO noch weiter. Es folgten drei, andere Quellen sprechen von fünf «Evoluzione», die rein optisch den F40 schon vorausnahmen. Der Motor kam im Evo auf bis zu 650 PS, die Höchstgeschwindigkeit lag bei über 360 km/h, das Gewicht deutlich unter 1.000 Kilo. Aber das ist eine andere Geschichte…

Der Ferrari 288 GTO und die Gruppe B
1985 Ferrari 288 GTO | Chassis no. 55181 | Verkauft 2015 für 2.420.000 US-Dollar © Bild: RM Sotheby’s

Was kostet so ein Ferrari 288 GTO?

Alle hier gezeigten Ferrari 288 GTO wurden von RM Sotheby’s versteigert bzw. angeboten, die vollständige Liste:

  • 1984 Ferrari 288 GTO | Chassis ZFFPA16B000055237 | Verkauft 2016 für 2.585.000 US-Dollar
  • 1985 Ferrari 288 GTO | Chassis ZFFPA16B000058335 | Schätzpreis 2,4 – 2,8 Mio. US-Dollar
  • 1985 Ferrari 288 GTO | Chassis ZFFPA16B000052475 | Verkauft 2015 für 1.904.000 Euro
  • 1985 Ferrari 288 GTO | Chassis 56337 | Verkauft 2009 für 385.000 Euro
  • 1985 Ferrari 288 GTO | Chassis 54777 | Verkauft 2013 für 963.200 Euro
  • 1985 Ferrari 288 GTO | Chassis 55181 | Verkauft 2015 für 2.420.000 US-Dollar

Vielen Dank für diesen Beitrag an die Kollegen von radical-mag.com