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48 Volt: Sparen, aber kräftig

48 Volt: Sparen, aber kräftig

Mit einem zusätzlichen 48-Volt-Netz an Bord lässt sich der ­Funktionsumfang einer Start-Stopp-Automatik fast bis zum Vollhybrid erweitern.

autorevue Magazin
Veröffentlicht am 23.10.2016

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Die Idee von einem Bordnetz mit höherer Spannung ist nicht neu. Schon in den 1990er Jahren versuchten einige Autohersteller sich auf einen Standard für ein 42-Volt-Netz zu einigen. Höhere Spannung heißt mehr Leistungsübertragung, weniger Verluste. Man dachte aber eher an Komforteinrichtungen als ans Spritsparen. Durch den Fortschritt in der Elektronik sollten aber weiterhin 12 Volt genügen.

Jetzt folgt ein neuer konkreter Vorstoß mit 48 Volt. Noch heuer, aber vor allem im kommenden Jahr werden einige Hersteller ihre Interpretation von 48 Volt im Auto bringen. Mit 48 Volt kann man schon wesentliche Funktionen eines Hybridantriebs abdecken, entsprechend kostengünstig, ohne gleich in den aufwendigen Hochvoltbereich zu gehen. Der Kern der Sache aber ist: Man kann generell viel leistungsstärkere elektrische Bauteile integrieren, wie das etwa Audi mit dem elektrischen Turbolader macht. Hauptzielrichtung aber ist ein leistungsfähiger Starter-Generator, mit dem man auch Fahrzeuge der unteren Gewichts- und Preisklassen zukunftsfit machen kann, ohne Nachladen an der Steckdose, aber auch ohne den enormen Aufwand, den Toyota bei seinem Vollhybrid-System betreibet. Vorab sei klargestellt: Die 12-Volt-Architektur bleibt parallel dazu bestehen, der Energieaustausch zwischen beiden Spannungkreisen erfolgt allenfalls via Trafo und Wechselrichter. Viele bestehende Einrichtungen, allen voran das LED-Licht, müssten sonst völlig neu ausgelegt werden.

Die 48-Volt-Batterie wird in Lithium-Ionen-Technik ausgeführt und hat einen Energieinhalt von etwa 1,5 kWh.
© Bild: Mercedes-Benz
Die 48-Volt-Batterie wird in Lithium-Ionen-Technik ausgeführt und hat einen Energieinhalt von etwa 1,5 kWh.

Die Autohersteller reißen sich nicht um die neue Technik, sie stellt nicht unbedingt einen Hebel zur Imagebildung dar, aber doch einen zusätzlichen Aufwand. 48 Volt sind jedoch eine Möglichkeit für Zulieferunternehmen, den Autoherstellern günstige Pakete in die Hand zu geben, um künftige Abgas- und Verbrauchsnormen leichter zu schaffen. Elektronik-, Getriebe- und Kupplungsspezialisten (Bosch, Continental-Schaeffler, ZF, LUK etc.) haben längst fertige Pakete im Portfolio.

Grundsätzlich sind mehrere Bau- und Funktionsmuster zu unterscheiden: Der Starter-Generator kann auf einer Achse mit dem Getriebe sitzen oder achsparallel wie ein herkömmlicher Starter oder eine Lichtmaschine. Sitzt er achsparallel, erfolgt die Übertragung im einfachsten Fall über den bestehenden Riementrieb, man kann das Drehmoment aber auch per Riemen direkt von der Getriebeachse abzapfen. Diese Konstellation lässt sich in bestehende Motor-Getriebekonzepte, etwa Frontmotor quer, relativ leicht integrieren. Die koaxiale Anordnung ist die technisch elegantere, erfordert in der Regel aber einen größeren Eingriff in die Antriebsarchitektur.

Über die Funktion im Detail sagt das noch nicht viel aus. Die einfachste Form des 48-Volt-Starter-Generators unterscheidet sich nur wenig von heutigen Start-Stopp-Systemen, allerdings mit dem wesentlichen Vorteil, dass das Starten des Motors dynamischer und komfortabler abläuft.

Startergeneratoren (oben axial zum Motor angeordnet, unten parallel mit Riemenantrieb) können eine Leistung bis etwa 15 kW aufweisen, so dass sie je nach Ausführung in ihrem Funktionsumfang fast an einen Vollhybrid heranreichen.
© Bild: Mercedes-Benz
Startergeneratoren (oben axial zum Motor angeordnet, unten parallel mit Riemenantrieb) können eine Leistung bis etwa 15 kW aufweisen, so dass sie je nach Ausführung in ihrem Funktionsumfang fast an einen Vollhybrid heranreichen.

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© Bild: Mercedes-Benz

Eine Kernfrage ist, ob der Verbrennungsmotor im elektrischen Betrieb vom Antriebsstrang getrennt werden kann. Dann sind nämlich fast sämtliche Funktionen eines Vollhybrids auch auf 48-Volt-Ebene darstellbar, es kann kurzzeitig rein elektrisch gefahren werden, auch das Rekuperieren funktioniert dann besser, wenn nämlich der Motor nicht mitbremst.

Ein gravierender Unterschied zu Hochvolt-Systemen aber bleibt: Die umgesetzten Leistungen sind natürlich bei 48 Volt gegenüber der fast zehnfachen Spannung von Hochvolt-Hybriden immer noch begrenzt. So wird die Spitzenleistung des Elektromotors kaum 15 kW übersteigen, weil sonst die Kabel zu dick wären oder verglühen würden.

So macht in dieser Leistungsklasse zwar rein elektrisches Fahren keinen Sinn, aber Kriechen beim Parken und aktives Segeln mit Elektromotorunterstützung. Das heißt auch, in diesem Leistungsrahmen reicht eine Batterie in der Größenordnung von 1,5 kWh aus. Mit einem 48-Volt-Netz wäre also neben der Möglichkeit, bis zwanzig Prozent Sprit zu sparen, noch ein spürbarer Komfortgewinn verbunden, weil die Übergänge zwischen laufendem und stillstehendem Verbrennungsmotor kaum mehr spürbar sind.

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