Ein leistbarer Ferrari, mit dem man sogar fahren kann

Wird der Ferrari Mondial unterschätzt? Er kam zu Beginn kaum in Schwung – und muss viel Spott ertragen, aber dennoch sprechen zwei Argumente besonders für ihn!

radical mag
Veröffentlicht am 23.01.2017

Kein anderer Ferrari musste so viel Spott und Häme über sich ergehen lassen wie der Mondial. James May bezeichnete ihn einst in «Top Gear» als «rubbish», kritisierte Fahrleistungen, Handling und den Innenraum, meinte, dass jeder, der einen Mondial kauft, «bitter enttäuscht» sein werde. Das hatte durchaus verständliche Gründe: als der Mondial 1980 vorgestellt wurde, schaffte sein 3-Liter-V8 nur gerade 214 PS. Der fast 1,5 Tonnen schwere Wagen sollte zwar offiziell in 7,4 Sekunden auf 100 km/h beschleunigen, doch die zeitgenössischen Messungen lagen meist bei über 9 Sekunden, manche eher in Richtung 10 Sekunden. Und auch die vom Werk genannte Höchstgeschwindigkeit von 225 km/h erreichte der Ferrari nur mit sehr, sehr viel Anlauf – oder auch gar nicht. Gut, es waren schwierige Jahre damals, die verschärften amerikanischen Abgasvorschriften zähmten alle Sportwagen, ein Porsche 911 hatte in den USA damals noch müde 172 Pferdchen, es war also nicht nur der Mondial, der sich nicht in der erhofften Weise vorwärts bewegte.

Der Ferrari Mondial wird kein Verkaufshit

Dazu kam das Design. Zwar waren die Ferrari-Jünger zufrieden, dass der Nachfolger des 308 GT4 nicht mehr von Bertone, sondern von Pininfarina gestaltet wurde. Doch der beste Entwurf in der Pininfarina-Geschichte war der Mondial tatsächlich nicht, die Proportionen stimmten irgendwie nicht, der Wagen war in seiner Konfiguration als 2+2-Sitzer mit Heckmotor nicht ganz stimmig, zu lang für seine Breite, hinten zu wuchtig, vorne zu filigran. Und so verkauften sich die Mondial der ersten Generation auch nicht besser als der Bertone-308-GT4, bis 1982 wurden 704 Exemplare gebaut. Diese ersten Modelle, heute als Mondial 8 bezeichnet, gehören wohl auch deshalb zu den günstigsten Ferrari überhaupt auf dem Klassiker-Markt, auch gute Exemplare kosten selten mehr als 50.000 Euro.

Ein leistbarer Ferrari, mit dem man sogar fahren kann
© Bild: RM Sotheby's

Mondial Quattrovalvole und Cabrio

Es wird aber gerne vergessen, dass der Mondial über die Jahre eine eigentlich sehr positive Entwicklung nahm. 1982 kam der Mondial QV, also: Quattrovalvole, mit der Vierventil-Technik stieg die Leistung auf 240 PS, die Fahrleistungen waren deutlich besser. 1983 wurde zudem das Cabriolet eingeführt, das zumindest offen auch einiges besser aussah als das Coupé. Der Mondial QV (wie wir ihn hier zeigen) wurde als Coupé zwischen 1982 und 1984 gebaut, stolze 1.145 Stück konnten verkauft werden; das Cabriolet kam zwischen 1983 und 1985 auf 629 Stück.

Mondial 3.2

Weiter ging es mit dem Mondial 3.2, also mehr Hubraum und wieder mehr Leistung, 270 PS standen ab 1985 sowohl im Coupé wie auch im Cabriolet zur Verfügung, auch das maximale Drehmoment von 304 Nm bei 5.500/min war nun ganz anständig (beim Mondial 8 waren es noch 243 Nm bei 4.600/min gewesen). Es hatte dies zur Folge, dass der Mondial die versprochenen Fahrleistungen jetzt auch erreichte, «Car and Driver» schaffte den Sprint von 0 auf 60 Meilen in 6,3 Sekunden (und war damit sogar schneller als mit dem 328 GTS, der 6,5 Sekunden brauchte). Und so langsam sprach sich auch herum, dass der Mondial im Fahrbetrieb ein ganz anständiges Auto war, leichter zu beherrschen als der 328er, mit dem langen Radstand auch bei höheren Geschwindigkeiten stabiler. Von 1985 bis 1988 wurden 987 Coupé verkauft, dazu kamen noch 810 offene Mondial.

Ein leistbarer Ferrari, mit dem man sogar fahren kann
© Bild: RM Sotheby's

Mondial t

Und dann wurde nochmals alles anders: 1988 wurde der Mondial t eingeführt. Das «t» steht aber nicht wie heute für Turbo, sondern für die neue Bauweise von Motor und Getriebe. War bei den früheren Mondial der V8 quer eingebaut gewesen, wurde er nun längs montiert, mit dem dahinter quer liegenden Getriebe – wodurch die Form eines «T» entstand. Der Hubraum stieg auf 3,4 Liter, die Leistung auf 300 PS (und wurde durch ein Sperr-Differential gezähmt); es gab erstmals in einem Ferrari serienmäßig eine Servolenkung, auch ABS war vorhanden – und eine elektronisch verstellbare Federung mit drei unterschiedlichen Modi, wie sie heute quasi überall Mode ist. Der Mondial t wurde bis 1993 gebaut, es entstanden noch einmal 858 Coupé und 1.017 Cabriolets, die vor allem in den USA sehr beliebt waren.

Ein Auto für die Straße

Wie auch immer, die Mondial erreichen bei weitem nicht die Preise, welche für die gleichzeitig produzierten 308/328/348 bezahlt werden – obwohl sie quasi in jedem zeitgenössischen Test schneller waren als ihre eigentlich sportlicheren Schwestern, sowohl in der Längs- wie auch in der Querdynamik. Dass über 6.000 Stück gebaut wurden, hat zudem den Vorteil, dass noch genügend Ersatzteile vorhanden sind, der Unterhalt eines Mondial auch heute noch nicht exorbitant teuer ist. Es ist aber nicht anzunehmen, dass die Preise für diese 2+2-Sitzer je durch die Decke gehen werden, deshalb sind gerade die späteren Modelle noch bestens geeignet dafür, auf der Straße bewegt und nicht in einer klimatisierten Garage gehortet zu werden. Aber günstiger werden sie wohl auch nicht mehr, diese Mondial.

Das hier gezeigte Modell, ein 1983 Ferrari Mondial QV, wurde im Februar 2016 von RM Sotheby’s um 36.792 Euro verkauft.

Vielen Dank für diesen Beitrag an die Kollegen von radical-mag.com