Weshalb sich MV Agusta und AMG wohl nie finden

Die Geschichte von MV Agusta ist geprägt wunderbaren Motorrädern, von großen Erfolgen und oftmaligen Führungswechseln.

radical mag
Veröffentlicht am 11.05.2016

Es war einmal ein italienischer Graf namens Giovanni Agusta. Der baute im Norden von Mailand, nahe der Grenze zur Schweiz, ab 1923 erfolgreich Flugzeuge. Als er 1927 starb, übernahmen seine Frau und seine Söhne das Ruder, führten das Unternehmen erfolgreich durch den Krieg – und begannen 1945 mit der Produktion von Motorrädern. In erster Linie, um Arbeitsplätze zu sichern; die neue Firma hieß MV Agusta. Über die Jahre wurde das Geschäft einigermaßen erfolgreich, und in den 50er Jahren begannen die Italiener, sich dem Rennsport zuzuwenden. Auch dies machten sie ganz anständig, 1956 wurde ein gewisser John Surtees Weltmeister in der 500-Kubik-Klasse – und wiederholte dies 1958, 1959 und 1960 (und danach wurde er auch noch Formel-1-Weltmeister, auf Ferrari). Auf Surtees folgte Gary Hocking, der 1961 Weltmeister wurde, dann Mike Hailwood (1962, 1963, 1964, 1965) und schließlich noch Giacomo Agostini, der es zwischen 1966 und 1972 auf unglaubliche sieben aufeinanderfolgende Titel schaffte. Man darf also wohl behaupten: MV Agusta ist eine gute, geschichtsträchtige Adresse.

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© Bild: RM Sotheby's

Ein Hin und Her bei MV Augusta

Gut, in den 80er Jahre überkam MV Agusta – wie so manchen anderen italienischer Hersteller auch – eine kleine Misere, die zum Konkurs führte. In den 90er kam dann die Castiglioni-Gruppe, es kam ab 1997 auch die legendäre F4, es kam 2008 Harley-Davidson als neuer Besitzer, dann 2010 wieder Castiglioni – und 2014 dann Mercedes. Also, eigentlich ist es ja Mercedes-AMG und es sind offiziell nur 25 Prozent Anteil, Giovanni Castiglioni blieb Hauptaktionär und großer Zampano in Varese. Es heißt nun aber schon länger, dass weder die Deutschen noch die Italiener besonders glücklich sind über die Zusammenarbeit, es heißt auch, dass AMG Castiglioni auskaufen wollte und dass Castiglioni AMG im Gegenzug gerne wieder weghaben möchte. Es heißt auch, dass die Deutschen sehr unglücklich sind mit – eigentlich allem, Führung, Produkten, Fertigung, Vertrieb. Das Problem ist: MV Agusta geht es deshalb auch nicht besser. Und AMG wird wohl in Zukunft die Finger von italienischen Motorrad-Herstellern lassen, nachdem man ja schon mit Ducati nicht gerade gute Erfahrungen gemacht hatte.

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© Bild: RM Sotheby's

1977 MV Augusta 750 S America wird versteigert

Nun denn, wir schauen deshalb ein bisschen auf diese MV Agusta 750 S America. Und wenn wir sie so sehen, Reihen-Vierzylinder, Dell’Orto-Vergaser, dieses simple und deshalb so herrliche Design, dann überfällt uns Wehmut. 1977 war MV Agusta zwar längst nicht mehr auf den glorreichen Höhen einstigen Schaffens – und doch macht auch genau solch eine Maschine klar, weshalb sich MV Agusta und Mercedes-AMG wohl nie finden können. Und vielleicht ist es auch gut so, wenn nicht noch eine weitere italienische Legende ihre Seele an einen effizienzgetriebenen deutschen Giganten verscherbelt. Diese Maschine wird am 14. Mai 2016 in Monte Carlo versteigert. Erwartet werden 60.000 bis 80.000 Euro.

Vielen Dank für diesen Beitrag an die Kollegen von radical-mag.com