Autorevue Magazin-Archiv: Ausgabe 09/1984

Ausgabe der Autorevue vom September 1984 mit Cover, Editorial & Impressum

Veröffentlicht am 08.04.2013

Lieber Leser,

Gott sei Dank hat das Zweite Vatikanische Konzil (Pastoralkonstitution vom Dezember 1965) im wesentlichen die überlieferte katholische Eigentumslehre bestätigt. Aha, werden Sie jetzt sagen, claro, damit hat sie die Lehre des Thomas von Aquin volley übernommen.

Falls Sie sich nicht nur einseitig für Thomas von Aquin interessieren, sondern auch den noch durchaus lebenden Nobelpreisträger Saul Bellow hofieren, sind Sie in dieser Autorevue bestens aufgehoben: In zwei Artikeln (Seite 2 und 34) befeuert unser Freund Philipp Waldeck das rechte Kreuzeck der abendländischen Kulturgeschichte samt deren Vertriebenen, wie Bellow.

Wir sind natürlich gerührt über das Echo, das die indirekte Autoberichterstattung Waldecks bei Ihnen schon seit Jahren findet. Wir kriegen laufend Briefe wie den des Herrn Siegmund L. aus Wien-Währing, der schreibt: „Für Sie als Journalisten muß es doch wunderbar sein, mit Menschen wie Philipp Waldeck zusammenzuarbeiten.“ Darauf läßt sich eine klare und allgemeingültige Antwort geben, eine, die auch unserem großen Freund Waldeck einfallen würde:

„Hmmmm.“

Unter allen unseren Redakteuren und Mitarbeitern ist er auf jeden Fall der aktuellste. Er überreicht uns das Neuste von Thomas von Aquin (1225 bis 1274) sieben Sekunden vor Anwerfen der Druckmaschinen. Manchmal auch später. Dadurch unterhalten wir ein äußerst lebhaftes Verhältnis zueinander.

Die Geschichte des galanten Lebens kennt das „Herrenrecht“, auf lateinisch viel deutlicher: „ius primae noctis“, das Recht der ersten Nacht. Heute kennen wir es bloß noch aus der „Hochzeit des Figaro“, es bedeutet, daß seinerzeit der „Herr“, der Graf, der König, bei den Hochzeitsnächten seiner Untergebenen den Vorkoster spielen durfte. Mangels Anwendbarkeit fordert Waldeck stattdessen das Recht der letzten Nacht. Es ist die Nacht, in der fleißige Hände Graphit in die Schlünde gieriger Maschinen schaufeln und deren Nippeln herzhaft ölen und fetten, denn alle wissen: Hier beginnt ab sechs Uhr früh die Autorevue zu toben.

Anruf Waldecks bei einem seiner liebsten Redakteure, 04,35 Uhr, schwüle Musik im Hintergrund. Text, ungefähr: „Hnbschtzzzztashchuusch.“

„Ja, Phil, natürlich.“

„Zsschttt-uh?“

„Klar, Phil, machen wir.“

Dann passiert meistens etwas Wunderbares. Das Display einer zierlichen Brother EP-44, der einzig ernstzunehmenden Schreibmaschinentype, entflammt, und wenig später schirrt sich ein Taxler in die Eisen. Er überbringt ein paar Blattln Papier, manchmal um dreieinhalb Sekunden zu früh, manchmal ein Stündlein zu spät, manchmal en Wöchlein.

Daher ziehen wir nur Vorteile aus der Zusammenarbeit mit Waldeck: Sie erhält uns klug, jung, dynamisch, wachsam und flexibel.

Ein weiteres Thema, das immer stärker an uns herangetragen wird, beschäftigt sich mit der für Österreichs Wirtschaft interessanten Frage, wieso einzelne Produkte trotz Mehrwertsteuererhöhung und Inflation so lange auf dem Preis der Friedensjahre gehalten werden konnten. Was die Autorevue betrifft: Steigende Auflage und höhere Inserateneinkünfte haben uns ein Festhalten an alten Tarifen ermöglicht, und auch der ab Oktober nicht mehr vermeidbare Aufwärtshaken wir mit zärtlichster Sanftheit geführt. Noch zusätzlich abgefedert wird dies durch ein ganz flauschiges Abo-Angebot, dem Sie sich wahrscheinlich kaum entziehen können werden. Wer die letzte Seite aufschlägt, ist gleich dabei, liest sodann womöglich von hinten nach vorn, was wir gern akzeptieren, weil der vorletzte Aufruf zum Gewinn unserer wunderschönen Citroen-11-CV-Limousine aus dem fünfziger Jahr weit hinten versteckt ist.

 

Ihr

Herbert Völker