Autorevue Magazin-Archiv: Ausgabe 03/1974

Ausgabe der Autorevue vom März 1974 mit Cover, Editorial & Impressum

Veröffentlicht am 08.04.2013

ORF-Manipulation

Nun haben wir also eine kritische Fernsehsendung zum Thema Motor: „Stop.“

Ein hübscher Titel, fürwahr, er paßt zur heutigen Zeit und zu Tempo Null.

Auch der Motorsport kommt nicht zu kurz, man hat ihn sogar in die Signation eingebaut: Mittels einer Unfallszene. Hielte man diese Linie konsequent ein, müßten Ski-Übertragungen mit der Einblendung von Gipshaxen und „Zeit im Bild“ mit einem graphischen aufbereiteten Pistolen-Sujet begonnen werden. (Um die Sache nicht langweilig zu machen, könnte man vor Beginn der ZIB-Nachtausgabe durch das Einblenden abgeschnittener Ohren auf das Negative dieser Welt aufmerksam machen.)

Die kritische Note der Aufmachung wurde in der zweiten „Stop“-Sendung auch inhaltlich voll durchgespielt – und das war auf den ersten Blick herzerfrischend. So schaffte man es trotz des schmalen Budgets der Sendung, einen Alleinunterhalter von hohen Graden einzubauen: Autohändler Max Bulla war im Garantie-Sketch hinreißend komisch, normalerweise gibt’s nach solchen Nummern begeisterte Ovationen.

Solcherart die Stimmung bei den Zusehern anzuheizen, ist natürlich völlig legitim, nur ein schlechter Präsentator ließe sich solche Gags entgehen. Und um so besser, wenn damit echte Konsumenten-Beratung und –Wartung betrieben wird: Derart skandalöse Behandlung eines Autokäufers gehört ganz einfach an die Öffentlichkeit. Der Abschreckungseffekt für Händler mit ähnlicher Einstellung dürfte beträchtlich sein.

Es war wohl vor der Sendung den meisten Autobesitzern klar, daß es in Zusammenhang mit Garantiearbeiten zu Unzulänglichkeiten, teilweise sogar zu miesesten Tricks kommen kann. Die Aufdeckung einiger krasser Fälle enthüllte somit nichts grundsätzlich Neues, sondern bestätigte nur, daß im Autohandel zumindest ebensoviel Chupze getrieben wird wie in leider fast allen Bereichen des Geschäftslebens. Den Gestaltern der Sendung war es aber offensichtlich nicht darum zu tun, einen objektiven Beitrag zur Konsumentenaufklärung zu liefern; sie geiferten noch ein bißchen mehr, als ihnen und ihrer Glaubwürdigkeit zuträglich war. Der spektakuläre Fall des Herrn Böck mit seinem Jaguar erreichte als Gag zwar fast den Unterhaltungswert der Bulla-Show, war aber leider manipuliert. Jeder Zuseher mußte den Eindruck bekommen, einen einigermaßen aktuellen Fall vorgesetzt zu bekommen. Man verschwieg, daß es sich um eine Type handelte, die seit einem Jahr überhaupt nicht mehr produziert wird (XJ 2,8), man verschwieg auch, daß der konkrete Wagen bereits vor vier Jahren – genau am 16. April 1970 – ausgeliefert worden war. Kein Zweifel, daß sich Herr Böck ein ziemlich jämmerliches Exemplar eines Jaguar eingehandelt hatte, eine richtige Gurke. Aber wie großartig muß die Lage auf dem Garantiesektor sein, wenn man es nötig hat, einen historischen Fall einer nicht mehr produzierten Type als Beispiel für die derzeitige Situation zu manipulieren? Warum rundete man nicht wenigstens das Bild nach allen Seiten ab, wie es die journalistische Pflicht gewesen wäre? Etwa durch die Meldung, daß an jenem Auto selbst noch bei Kilometerstand 53.600 eine größere Arbeit in Kulanz durchgeführt wurde (was zwar das schlechte Gewissen von British Leyland zeigt, immerhin aber beweist, daß die Garantie auch sehr großzügig ausgelegt werden kann). In diesem Beitrag ging es ja um Garantie und nicht um englische Gurken, warum erwähnte man dann nicht, daß die beanstandete Lenkung auch noch außerhalb der Garantie – bei Km-Stand 15.600 – in Kulanz ausgetauscht wurde?

Eine noch ärgere Manipulation entwertete den Beitrag über das an manche Gebieten zu dichte Tankstellennetz. Das Interview mit Mobil-Direktor Riedl wurde so präsentiert, daß der Zuseher den Eindruck haben musste, es handle sich um eine aktuelle Aufnahme, um eine Befragung zu einer aktuellen Situation. In Wahrheit wurde jenes Interview am 6. März 1973 – also vor fast einem Jahr – aufgenommen. Für eine völlig andere Sendung („Horizonte“, dort wurde es damals nicht gebraucht), zu einem anderen Thema und unter völlig anderen Voraussetzungen (damals war von einer Erdölkrise noch keine Rede; inzwischen wurde auch der Beschluß gefaßt, jährlich etwa 5 Prozent der Tankstellen aufzulassen).

Wir sind gerne mit dabei, wenn es darum geht, Mißstände in der Autobranche aufzudecken und dem Konsumenten zu dienen. Wenn Herr Schiejok und seine Mitarbeiter diese lobenswerte Aufgabe aber nicht mit ehrlichen Mitteln zuwege bringen, sollten sie es lieber bleiben lassen.

 

Ihr

Herbert Völker

 

 

 

INHALTSVERZEICHNIS

 

Test

Herbert Völker, Bernd Schilling: Matra Simca Bagheera (Seite 20)

Peugeot 504-Dauertest 25.000-km-Bilanz (Seite 18)

Neue Modelle

Franz Stehno: Ford Capri II (Seite 16)

Information

Neue Modelle, Technik, Zubehör, Wirtschaft, Verkehr (Seite 8)

Technische News beim Elan-Winterlehrgang (Seite 54)

Reportagen

Herwig Seeböck, Bernd Schilling: Schule für’s Motorradfahren (Seite 24)

Alle Straßenmotorräder am Österreichischen Markt (Seite 26)

Franz: Stehno: Marktübersicht Armband-Chronographen: Was sie können und kosten (Seite 50)

Sport

Rob la Salle, DPPI, Benoit, Kräling: Großer Preis von Argentinien (Seite 30)

Martin Pfundner, DPPI, Benoit, Kräling: Großer Preis Brasilien (Seite 36)

Ferdi Kräling: AUTOREVUE-Mittelbild Emerson Fittipaldi in Interlagos (Seite 34/35)

Niki Lauda erzählt (Seite 40)

Franz Stehno, Bernd Schilling: Wir stellen einen Rallye-Amateur vor: Peter Neuberger (Seite 46)

Internationaler Motorsport (Seite 56)

Nationaler Motorsport (Seite 60)

AUTOREVUE-Kalender (Seite 63)

Sportresultate (Seite 63)

Leserdienst

Leserbriefe (Seite 2)

Test privat (Seite 4)

Buchbesprechungen (Seite 5)

Gebrauchtwagenbörse (Seite 65)

Motorradpreise (Seite 66)

Neuwagenpreise (Seite 67)

Autosteuer, Versicherung (Seite 68)